Physiologische CTG-Interpretation

Kann der Fetus kompensieren?

Erlebt der Fetus hypoxischen Stress unter der Geburt, zeigt sich dies unmittelbar im CTG. Doch wie lässt sich Pathologie von Physiologie unterscheiden? Verstehen Hebammen und Geburtshelfer:innen, wie sich die Sauerstoffversorgung des Feten im CTG widerspiegelt, können sie entsprechend handeln. Dr. Sophia Andres

Ungeborenes Leben ist in vollem Maße abhängig von der Sauerstoffversorgung der Mutter oder genauer der Plazenta. Somit stellen Oxygenierungs- und Perfusionsstörungen der Mutter, zum Beispiel im Rahmen einer Hypotonie, Plazentationsstörungen wie im Falle einer Wachstumsretardierung, aber auch Erkrankungen der Plazenta, so im Rahmen einer diabetischen Hypertrophie oder Plazentitis bei einem Infekt, eine besondere Hürde in der Sauerstoffbeschaffung des Feten dar.

Die Geburt aber birgt das größte Risiko für eine mangelnde Sauerstoffzufuhr für den Fetus. Anhaltende Kompression der Nabelschnur und der Plazenta sind ein natürlicher Prozess im Rahmen der Geburt. Das Kind oder die Natur hat hierfür gute Vorkehrungen getroffen, um einem schädlichen Sauerstoffmangel vorzubeugen.

 

Definitionen des Sauerstoffmangels

 

Die Hypoxämie beschreibt einen verminderten Sauerstoffanteil im arteriellen Blut. Bei einer Hypoxämie versucht der Fetus einen ausgeglichenen Energiehaushalt zu erreichen. Dies kann durch eine effizientere Sauerstoffnutzung, ein Herabsetzen der Aktivität (weniger Kindsbewegung) und ein verlangsamtes Wachstum erreicht werden. Dieser Zustand kann über Wochen beibehalten werden.

Die Hypoxie ist eine Hypoxämie, die das periphere Gewebe beeinträchtigt. Dies führt im Sinne einer Zentralisierung zu einer peripheren Vasokonstriktion. Hierdurch kommt es in der Peripherie zu einem anaeroben Stoffwechsel.

Sinkt der Sauerstoffgehalt weiter ab, führt dies zu einer Stressreaktion und dem Ausschütten von Stresshormonen, welche eine Umverteilung des zur Verfügung stehenden Blutes zu lebenswichtigen Organen hervorruft: Herz und Gehirn. Durch diese Anpassung kann eine ausreichende Sauerstoffzufuhr in diesen zentralen Organen gewährleistet werden. Der Fetus kann diesen Zustand für mehrere Stunden aufrechterhalten.

Die Asphyxie ist ein Sauerstoffmangel, der zu Endorganschäden führt. Bei einem weiteren Abfall der Sauerstoffkonzentration im Blut, kommt es zu folgenden pathophysiologischen Veränderungen:

  • Maximale Aktivierung des Sympathikus und Freisetzen von weiteren Stresshormonen.
  • Anaerobe Stoffwechsellage auch in den zentralen Organen, so dass der Fetus gezwungen wird, seine Glykogenreserven der Leber und des Herzmuskels zu verbrauchen.
  • Das Gehirn hat keine eigenen Glykogenreserven und ist somit abhängig von den Reserven der anderen Organe.
  • Nach Erschöpfung der Glykogenreserven kommt es zum Funktionsverlust zuerst im zentralen Nervensystem/Gehirn und schließlich im Herz.

 

Fetale Anpassungen an hypoxischen Stress

 

Das reife, gesunde Kind am Termin ist auf den hypoxischen Stress der Geburt sehr gut vorbereitet. Die Sauerstoffsättigung im fetalen Blut beträgt in der Schwangerschaft ungefähr 70 % und fällt während der Geburt auf bis zu 30 % ab, ohne dass es hierbei zu einem Schaden für das Ungeborene kommt. Grund hierfür ist das fetale Hämoglobin, welches in einer höheren Konzentration vorhanden ist (fHb 18–20g/l) und eine höhere Sauerstoffbindung aufweist als das adulte Hämoglobin. Dies führt zu einer besseren Sauerstoff-Abgabe im sauerstoffarmen (hypoxischen) Gewebe. Des Weiteren führt es zu einer besseren Pufferung im sauren Milieu.

Ein weiterer Optimierungsmechanismus stellt der fetale Kreislauf dar. Durch Nutzen des Ductus venosus, des Foramen ovale und des Ductus arteriosus gelangt sauerstoffreiches Blut direkt zu den essenziellen Organen (Herz und Hirn) und umgeht zunächst (unwichtigere) Organe wie Leber und Lunge.Die fetale Herzfrequenz schließlich ist dank der Sympathikus-Dominanz deutlich höher als die des Neugeborenen oder Erwachsenen. Somit wird pro Zeiteinheit mehr Blut durch den fetalen Kreislauf gepumpt.

 

CTG Muster unter physiologischen Aspekten

 

Die mediane Herzfrequenz des gesunden Fetus am Termin liegt bei 140 bpm. Im Rahmen der Wehentätigkeit kann es zu einer Kompression der Nabelschnur kommen. Die Nabelschnur ist besonders vulnerabel, wenn bereits ein vorzeitiger Blasensprung stattgefunden hat, es sich um ein Frühgeborenes handelt – weniger Fruchtwasser, weniger Warthon Sulze – oder wenn sie sich aufgrund ihrer Lage in utero beispielsweise zwischen Kopf und knöchernen Strukturen der Mutter befindet.

 

 

Tabelle: CTG-Sticker zur Dokumentation im Kreißsaal. Dieser soll mindestens einmalstündlich ausgefüllt werden und berücksichtigt die physiologischen Aspekte der CTG Interpretation.

Tabelle: © Entworfen und validiert: Chandraharan et al.

 

Die Nabelvenen werden aufgrund ihrer dünneren Gefäßwand als erstes komprimiert. Dies führt zu einem kurzfristigen Blutdruckabfall im kindlichen Kreislauf, da kein Blut mehr über die Venen in das Kind gelangt, es aber weiter über die Nabelschnurarterien abtransportiert wird. Diese kurzfristige Hypovolämie wird durch eine reflektorische Tachykardie des Kindes kompensiert. Auf dem CTG erscheint daher eine wehensynchrone »Akzeleration«. Diese vermeintlichen Akzelerationen sind häufig M-förmig mit geringer Oszillation. Sie treten häufig in der frühen Eröffnungsphase auf, in der die Wehen noch nicht so stark sind und es nur zu einer Kompression der Nabelvene kommt.

Werden die Wehen im weiteren Verlauf stärker, so werden nach der Nabelvene auch die Nabelarterien komprimiert. Dies führt nun zu einem Aufstau des Blutes im kindlichen Kreislauf. Dieser plötzliche Druckanstieg wird von Barorezeptoren [griech. báros Druck] in den Halsschlagadern wahrgenommen. Diese leiten die Information an das Stammhirn weiter, welche über den parasympathischen Nervus Vagus einen Reflexbogen zum Myokard vermitteln. So kommt es hier zu einer schlagartigen Bradykardie.

Dieser Reflexbogen ist sehr schnell und somit wehensynchron. Sobald der Druck auf die Nabelarterie nachlässt, kommt es zu einem sofortigen Wiederanstieg der fetalen Herzfrequenz. Da die Nabelvene erst etwas später wieder entlastet wird, kann es hierdurch nochmals zu einer Tachykardie kommen.

Das Bild, welches hierdurch auf dem CTG entsteht, ist eine kurze »Akzeleration«, gefolgt von einer schlagartigen Dezeleration mit schnellem Wiederanstieg und erneuter Akzeleration über den Zeitraum der Wehe. In der FIGO-Nomenklatur wird dies als »Schulterbildung« bezeichnet und ist ein gutes Zusatzkriterium. Dieses Phänomen ist unter physiologischen Aspekten letztlich nur Ausdruck einer sich langsam aufbauenden Wehe, typischerweise in der Eröffnungsperiode.

Bei zunehmender Wehentätigkeit werden Vene und Arterien gleichzeitig komprimiert, so dass es nur noch zu einer Barorezeptor-vermittelten Dezeleration kommt.

Diese Dezelerationen sind an sich kein Ausdruck einer Hypoxie, sondern ein sinnvoller Reflexmechanismus, um in einer Phase der Minderperfusion das Myokard zu schonen, indem es den Verbrauch reduziert und langsamer schlägt. Bei der Intermittierenden Auskultation würde man im Anschluss an die Wehe nur eine fetale Herzfrequenz auf Baseline-Niveau wahrnehmen und keinerlei Pathologie feststellen. Dies entspricht auch den Tatsachen.

Eine Hypoxie kann jedoch entstehen, wenn die Erholungsphasen im Verhältnis zu der Dauer der Dezelerationen zu kurz werden. Hierbei gilt in etwa das Verhältnis von eins zu eins.

In diesem Fall kommt es zu einer Anhäufung von sauren Valenzen und Kohlenstoffdioxid (CO2) im kindlichen Blut, da die Zeit diese Auszuschwemmen nicht ausreicht. Diese sauren Valenzen binden an sogenannte Chemorezeptoren.

Chemorezeptoren sitzen peripher im Aortenbogen und dem Carotissinus sowie zentral im Gehirn. Sie werden durch eine Änderung der chemischen Blutzusammensetzung (verminderter O2-Partialdruck, erhöhter CO2-Partialdruck und erhöhter Anteil an freien H2-Ionen) aktiviert und führen ebenfalls zu einer Parasympathikus-Aktivierung mit Abfall in der fetalen Herzfrequenz. Die veränderte chemische Blutzusammensetzung muss durch frisches Blut aus der Plazenta »ausgewaschen« werden, was mehr Zeit benötigt.

Kommt es also zu einer Kontraktion, so kumulieren diese sauren Valenzen im kindlichen Blut und binden konzentrationsabhängig an Chemorezeptoren mittels Diffusion. Dies benötigt einige Zeit. Im Anschluss kommt es, wie oben bereits beschrieben, zu einem Herztonabfall über den Parasympathikus (N. Vagus). Endet die Wehe, so strömt frisches Blut in den kindlichen Kreislauf. Die Konzentration der sauren Valenzen sinkt und es sind immer weniger Chemorezeptoren besetzt, so dass die Herzfrequenz langsam wieder auf die Baseline zurückkehrt. Zur schnelleren Ausschwemmung der sauren Valenzen kann es sinnvoll sein, die fetale Herzfrequenz kurzfristig zu erhöhen (»reflektorische Tachykardie«).

Chemorezeptor vermittelte Dezelerationen sind Ausdruck einer kurzfristigen Hypoxie über die Dauer der Wehe. Sobald die Baseline erreicht ist, ist auch der pH des Kindes und der Säure-Basenhaushalt wieder im Normbereich.

 

 

Abbildung 1: Plakat zur physiologischen CTG-Interpretation aus dem Kreißsaal in Ulm. Es dient als Hilfestellung im Alltag.

Abbildung: © Dr. Sophia Andres

 

 

Baseline

 

Die Baseline der fetalen Herzfrequenz entspricht dem Ruhepuls des Kindes. Sie wird maßgeblich durch Sympathikus und Parasympathikus geprägt. Da in der fetalen Entwicklung der Sympathikus zuerst ausgereift ist, ist die Baseline bei Frühgeborenen deutlich höher als bei reifen Kindern am Entbindungstermin. Sie liegt bei etwa 155 bpm in der 24. SSW und bei circa 140 bpm am ET. Mit zunehmender Ausreifung des Parasympathikus sinkt die Baseline weiter ab – etwa 120 bpm ET+14; 80bpm beim Erwachsenen.

Unter der Geburt muss daher – entsprechend der physiologischen CTG-Interpretation – immer zuerst festgestellt werden, wie die Ausgangs-Baseline dieses Kindes ist. Hierbei stellt sich zunächst die Frage, ob sie passend zum Gestationsalter ist. Ist die Baseline eines Kindes bereits vor Geburtsbeginn deutlich höher als erwartet und nicht kongruent mit vorherigen CTGs, so sollte an eine chronische Hypoxie des Kindes gedacht werden. Diese liegt bei einer Wachstumsretardierung oder einer Plazentainsuffizienz vor.

Typischerweise zeigen diese Kinder eine höhere Herzfrequenz als Ausdruck der andauernden Hypoxämie, welche durch einen höheren Puls kompensiert werden muss. Im Falle von Kontraktionen kommt es nicht zu tiefen, sondern flachen, fast schwingenden Dezelerationen. Diese spiegeln den verringerten Glykogenspeicher und die fehlende Kontraktilität des kindlichen Myokards wider.

Diese Kinder sollten nicht für eine Spontangeburt zugelassen werden, da sie den hypoxischen Stress nicht aushalten werden. Vielmehr sollte man eine elektive Sectio planen.

Sub partu ist die Baseline ebenfalls von großer Bedeutung, da sie auf Grund von zunehmendem hypoxischem Stress ansteigt. Ursache hierfür ist die zunehmende Anhäufung von sauren Valenzen beziehungsweise eines Sauerstoffmangels bei zu langen, starken Wehen mit zu kurzen Erholungsphasen. Der hierdurch entstehende hypoxische Stress führt zur Ausschüttung der Neurotransmitter Noradrenalin und Adrenalin.

Diese beiden potenten Nebennierenrinden-Hormone sorgen für eine periphere Vasokonstriktion (Noradrenalin), Steigerung der Herzfrequenz (Adrenalin) und Bereitstellung von Energieträgern durch Glykogenolyse. Durch die periphere Vasokonstriktion kommt es zu einer Umverteilung des zur Verfügung stehenden Sauerstoffs auf die zentralen Organe Herz und Hirn sowie zu einer relativen Hypoxie der anderen Organe. Aufgrund des erhöhten peripheren Widerstandes und der adrenergen Wirkung am Myokard kommt es zudem zu einer Tachykardie. Im CTG äußert sich dies durch einen Baseline-Anstieg.

Der beschriebene Mechanismus entspricht einem mehr oder weniger langsamen Prozess über Minuten bis Stunden. Es ist daher wichtig, auf einen kontinuierlichen Baseline-Anstieg von über 10 % der Ausgangs-Baseline zu achten.

Wie bereits beschrieben ist ein Hypoxie-bedingter Baseline-Anstieg immer mit Dezelerationen verbunden.

Bei einem Baseline-Anstieg ohne Dezelerationen müssen daher andere Ursachen in Betracht gezogen werden wie beginnende Chorioamnionitis, Fieber sub partu oder auch zentralwirksame Medikamente.

Oszillation und Cycling

Die wechselnden Phasen der Oszillation werden als Cycling bezeichnet und sprechen für ein funktionierendes zentrales, autonomes Nervensystem. Eine engere Bandbreite (5–10 bpm) ist typisch für die REM (rapid eye movement) Phase des Kindes, also eine flachere Schlafphase. Eine eingeengte Oszillation von <5 bpm ist in der Tiefschlafphase möglich. Jeder Fet hat eine durchschnittliche Tiefschlafphase von etwa 15 min pro Stunde – länger als eine Stunde schläft er in der Regel nicht –, so dass diese Phase als normal betrachtet werden sollte. Die obere und untere Grenze (2-fach Standardabweichung) dieser Zeitspanne beträgt 50 Minuten, weshalb die FIGO diese Zeitspanne als »normal« klassifiziert hat. In den Wachphasen liegt die Oszillation bei 10–25 bpm und es zeigen sich Akzelerationen.

Kommt es während der Geburt zu einem Verlust dieser Schlaf-Wach-Phasen beziehungsweise zu einem Verlust des Cyclings, so ist von einer Beeinträchtigung des Zentralen Nervensystems auszugehen. Dies geschieht im Rahmen einer subakuten Hypoxie (Oszillation häufig >25 bpm), einer dekompensierten, langsam entstehenden Hypoxie (Oszillation < 5bpm) oder bei nicht-hypoxischen Ursachen wie zum Beispiel bei der Einnahme bestimmter Medikamente (Opioide).

 

 

Abbildung 2: Algorithmen für verschiedene Szenarien eines fetalen Sauerstoffmangels – angewendet im Kreißsaal des Uniklinikums Ulm.

Abbildung: © Dr. Sophia Andres

 

 

Formen der Hypoxie

 

Abhängig von ihrer zeitlichen Dynamik kann eine Hypoxie, langsam, subakut oder akut auftreten.

Langsam entstehende Hypoxie

Die langsam entstehende Hypoxie ist die häufigste Form sub partu. Sie entsteht über Stunden. Ihre Entstehung gleicht den Pathomechanismen einer Erwachsenen bei einem Marathon.

Dies geschieht in folgenden Phasen:

  1. Hypoxischer Stress in Form von Wehen, welche zu Baro- und Chemorezeptor-vermittelten Dezelerationen führen.
  2. Energiesparen: Verlust von Akzelerationen.
  3. Vermehrte Reaktion auf hypoxischen Stress: Dezelerationen werden tiefer und länger, die Erholungsphase kürzer.

Bei einer stabilen Baseline und einem weiteren Cycling ist davon auszugehen, dass die zentralen Organe (Herz und Hirn) weiterhin gut oxygeniert sind. Der Fetus befindet sich somit in einer kompensierten Hypoxie. Dies ist unter Geburt als physiologisch anzusehen und benötigt keine Intervention per se.

Steigt der hypoxische Stress jedoch weiter, werden die Wehen also häufiger, länger oder stärker, so kommt es zu einer Dekompensation durch:

  1. Versuch der Umverteilung des verbleibenden Sauerstoffs auf lebenswichtige Organe über Katecholamin-Ausschüttung: Baseline-Anstieg.
  2. Weitere Umverteilung führt nun zu einer Vasokonstriktion des Gehirns mit zentraler Hypoxie: Oszillation eingeengt und Verlust des Cyclings.
  3. Beginnende Myokard-Hypoxie: Dezelerationen werden flacher.
  4. Terminales Herzversagen: instabiler Abfall der Baseline – »step ladder pattern to death«.

Bei Zeichen einer Dekompensation sollten konservative Maßnahme zur intrauterinen Oxygenierung ergriffen werden. Diese beinhalten die Reduktion von Wehen, indem Oxytocin pausiert wird, oder eine Tokolyse (Bolustokolyse oder Dauertokolyse im Ermessen des Geburtshelfers) verabreicht wird. Zudem kann in der späten Austrittsphase nur bei jeder zweiten Wehe mitgepresst werden.

Hierdurch verlängern sich die Wehen-freien Phasen und Kind und Plazenta haben Zeit, kumulierte saure Valenzen auszuwaschen und die zentralen Organe mit Sauerstoff zu versorgen.

Wird hingegen bei einer dekompensierenden langsamen Hypoxie der oxydative Stress erhöht, zum Beispiel durch Erhöhung von Oxytocin sowie aktives Anleiten zum Mitschieben, kommt es zu einer schnelleren Dekompensation mit Abflachen der Dezelerationen als Ausdruck einer beginnenden Myokardischämie und schließlich einer instabilen Baseline mit langsamen Herztonabfall bis zum Tod.

Subakute Hypoxie

Eine subakute Hypoxie entsteht über mehrere Minuten. Sie liegt vor, wenn die Zeit einer Dezeleration die Phasen der Erholung auf der Baseline deutlich überschreitet. Das Verhältnis liegt hier bei circa 30 Sekunden Baseline versus 90 Sekunden Dezeleration. Dies passiert fast immer aufgrund einer uterinen Hyperstimulation/hyperfrequenten Wehentätigkeit. Auf dem CTG ist eine Baseline dann nicht mehr zu erkennen. Auf Grund dieser relativ schnell entstehenden Hypoxie kommt es phasenweise auch zu einer zentralen Hypoxie des Gehirns mit einer Entkopplung von Sympathikus und Parasympathikus. Es entsteht daher eine Oszillation von > 25 bpm, das sogenannte Zick-Zack-Muster. Der pH-Abfall bei einer subakuten Hypoxie liegt bei 0,1 Punkten alle 20 bis 30 Minuten.

Das Management richtet sich nach dem Geburtsfortschritt und dem Höhenstand des Kopfes. Sollte eine Geburt nicht innerhalb kurzer Zeit möglich sein, so sollte auch hier der oxydative Stress reduziert werden:

  1. Oxytocin pausieren/reduzieren
  2. Rückenlage vermeiden
  3. Tokolyse, falls Hyperstimulation anhält

Akute Hypoxie

Die akute Hypoxie entsteht durch eine plötzliche vollständige Unterbindung der Blutzufuhr zum Kind. Im CTG zeigt sich eine prolongierte Dezeleration.

Ursachen hierfür können reversibel (Hypotonie der Mutter, Überstimulation mit Dauerkontraktion) oder irreversibel sein (Nabelschnurvorfall, Plazentalösung, Uterusruptur). Der pH-Abfall beträgt in der akuten Hypoxie 0,01 Punkte pro Minute. Das Management richtet sich vor allem nach der Ursache.

Ausschlaggebend für den Verdacht einer irreversiblen Ursache ist die klinische Symptomatik. Zudem können aber auch im CTG bestimmte Veränderungen vorliegen. Anzeichen für eine reversible Ursache sind ein normales CTG vor der Dezeleration, erhaltene Oszillation während der Dezeleration und Zeichen einer Erholung innerhalb der ersten 6 Minuten. In diesem Fall sollten die reversiblem Ursachenbehoben werden: Änderung der Lagerung, Gabe von Flüssigkeit/Akrinor, Tokolyse.

Anzeichen im CTG für irreversible Ursachen sind eine eingeengte oder saltatorische (Zick-Zack) Oszillation. In diesem Fall ist die sofortige Entbindung indiziert. Diese sollte 15 Minuten nach Beginn der Bradykardie erfolgt sein.

 

Zusammenfassung

 

Ziel ist es, die fetalen Pathomechanismen bei hypoxischem Stress zu erkennen. Die zentralen Organe entsprechen im CTG einer wechselnden Oszillation beziehungsweise einem Cycling – entsprechend einem gut oxygeniertem Gehirn – und einer stabilen Baseline – entsprechend einem gut oxygenierten Herz. Dezelerationen sind Ausdruck eines funktionierenden fetalen Reflexbogens und sollten sub partu als physiologisch betrachtet werden.

Rubrik: Geburt | DHZ 07/2022

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