Ökosystem Krankenhaus

Krankenhaushygienische Probleme werden in den vergangenen fünf Jahren verstärkt wahrgenommen. Die Angst wird zunehmend größer, sich bei einem Klinikaufenthalt zu infizieren, weil möglicherweise Hygienestandards nicht eingehalten werden oder weil sich Keime in Nischen der Gesundheitseinrichtungen ausbreiten, trotz aller Attacken gegen sie. Besonders unter Beobachtung standen „Hygieneskandale“ wie auf den Frühgeborenenstationen in Mainz oder Bremen.

Sie wurden tagelang öffentlich diskutiert. Tatsächlich hat  sich die Situation zugespitzt. Die Bundesregierung rief 2008 die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) und eine Antibiotika-Resistenz Surveillance (ARS) in Leben. 2011 wurde das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verschärft. Die Bundesländer etablierten oder überarbeiteten 2012 ihre Landeshygieneverordnungen und die Meldepflicht, die Zusammenführung der Meldedaten wurde verbessert. Im selben Jahr wurde erstmals der Begriff der Basishygiene bei der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (KRINKO) eingeführt und definiert. Die Empfehlungen der KRINKO wurden gesetzlich verbindlich. Kliniken und ambulante medizinische Einrichtungen sind seitdem verpflichtet, diese Empfehlungen umzusetzen. Die dort geforderten hygienischen Vorgaben gelten nun als Mindeststandard.

Neue Daten zeigen, dass in der Geburtshilfe etwa 25 bis 30 Prozent der Frauen gemäß der Richtlinien der KRINKO wegen eines Risikofaktors auf den Methicillin Resistenten Staphylococcus Aureus (MRSA) gescreent werden müssen. Als wir uns vor sieben Jahren dem Thema „Hygiene und Infektionen“ schwerpunktmäßig in der DHZ gewidmet haben, wurde das Screening auf MRSA in einem Nicht-Risiko-Bereich wie die Geburtshilfe noch nicht für nötig befunden. Inzwischen haben sich aus Sorge vor dem Keim einige Klinken entschieden, generell alle PatientInnen bei der Aufnahme auf MRSA zu untersuchen. Und es wird wohl nicht das einzige Screening bleiben, denn inzwischen gewinnen noch andere multiresistente Keime an Bedeutung.

Manche fragen sich inzwischen, ob der „tägliche Kampf gegen die Keime“, wie es die Deutsche Krankenhausgesellschaft formulierte, der einzig richtige Weg ist. Ob wir die Art, wie wir in Gesundheitseinrichtungen mit Keimen zusammenleben, überdenken und verändern müssen? In Chicago untersucht seit 2012 das Hospital Microbiom Project den Transfer von Keimen zwischen den Menschen und dem Klinikgebäude. Der daran beteiligte Mikrobiologe Jack Gilbert betont: „Die Bemühungen gegen potenziell krankmachende Bakterien richten sich auch gegen harmlose. Und das reduziert den Wettkampf. Pathogene Keime können sich schneller ausbreiten.“  In dieser Ausgabe beschreibt Dr. Helmut Jäger Ansätze des Projektes positiv: „Vielleicht könnte die Förderung sauberer, aber lebend-mikrobieller Ökosysteme gesundheitsschützend gegen Krankheitskeime wirken und dadurch dazu beitragen, die Zahl der Krankenhausinfektionen zu senken. Wir wissen es noch nicht.“

Rubrik: DHZ 05/2015

Ich bin Abo-Plus-Leserin und lese das ePaper kostenfrei.

Ich bin Abonnentin der DHZ und erhalte die ePaper-Ausgabe zu einem vergünstigten Preis.

Upgrade Abo+

Jetzt das Print-Abo in ein Abo+ umwandeln und alle Vorteile der ePaper-Ausgabe und des Online-Archivs nutzen.