Qualitative Studie aus Australien

Was hilft Frauen, das Nähen von Geburtsverletzungen als positiv zu erleben?

  • Können Frauen bei der Naht ihrer Geburtsverletzungen ihrem Kind nahe sein und erleben sie die Geburtshelfer:innen als zugewandt, prägt sich das Erleben als positiv ein.

  • Die Versorgung einer Geburtsverletzung kann sehr unterschiedlich durchgeführt werden. Neben verschiedenen praktischen Nahttechniken können die Bedürfnisse von Frauen nach der Geburt berücksichtigt oder übergangen werden. Was aber benötigen Frauen nach der Geburt für eine gute Erfahrung bei der Versorgung ihrer Geburtsverletzung wirklich?

    In Australien wurden zu diesem Themenkomplex 15 Frauen anhand semi-strukturierter Interviews nach der Geburt befragt. Die Daten wurden im Rahmen einer qualitativen Studie ausgewertet, um daraus Empfehlungen für die Praxis abzuleiten. Eingeschlossen wurden Frauen, deren Geburtsverletzung post partum genäht wurde. Die Geburten lagen zwei Monate bis neun Jahre zurück.

    Frauen erlebten hilfreiche oder schädliche Interventionen bei der Naht ihrer Geburtsverletzung. Die Erfahrung nach hilfreichen Interventionen umfasste das Gefühl, in ihren Bedürfnissen gehört worden zu sein und diese berücksichtigt zu wissen. Hierbei teilte Jen, dass eine Eins-zu-eins-Betreuung für sie wichtig war: »Ich denke, dass es gut war, über die komplette Zeit von einer Person betreut worden zu sein. Es war dieselbe Hebamme, die mich während der Geburt begleitet und die Geburtsverletzung genäht hat. Ich habe niemand sonst gesehen, es war unser kleines Team – mein Ehemann, meine Mutter und die Hebamme – ich denke, dass das gut war, weil die Hebamme mir und ich der Hebamme vertraut habe.«

    Die Art und Weise der Kommunikation spielte für Macy eine wichtige Rolle. Sie teilte, dass der Blickkontakt, ein Gespräch mit angenehmer Stimme sowie die Wahl einfach verständlicher Worte wichtig für sie war. Auch der Umgang mit dem Neugeborenen spielte in das Empfinden der Frauen mit hinein. So erlebte Angela: »Für mich war es sehr wichtig, dass mein Baby die ganze Zeit über bei mir war. Wenn ich zurückblicke hätte es mich verstört, wenn jemand anders das Baby gehalten hätte.«

    Auch Louise teilte diese Erfahrung: »Ich wollte nicht ohne ihn sein. Ich wollte ihn direkt auf meiner Haut fühlen. Es war angenehm und die Naht der Geburtsverletzung ging schnell ... Ich hätte mich komisch gefühlt, wäre er nicht bei mir gewesen.«

    Unter schädlichen Interventionen wurden Erfahrungen zusammengefasst, welche die Naht der Geburtsverletzung für die Frauen zusätzlich erschwerten. Hierbei spielten das Gefühl einer fehlenden Kontrolle, einer reduzierten Autonomie sowie zwischenmenschlichen Enttäuschungen eine Rolle.

    Angela erlebte eine Enttäuschung, da sie ihren betreuenden Arzt seit ihrer Kindheit kannte, ihn jedoch während der Naht ihrer Geburtsverletzung als unhöflich und abweisend erlebte. Sie beschrieb, dass das vorher existierende Vertrauensverhältnis dadurch gestört wurde. Schmerzen und Schmerzmanagement waren zentrale Themen in Bezug auf negative Erfahrungen in Zusammenhang zur Versorgung der Geburtsverletzung, wenn diese nicht berücksichtigt wurden. Freya sagte: »Jede Person erlebt Schmerzen individuell und anders. So sollte auch das Schmerzmanagement auf die individuellen Bedürfnisse jeder Frau angepasst werden.«

    Um Erfahrungen während der Naht der Geburtsverletzung zu verbessern, empfiehlt Macy: »Wir würden gut daran tun, würden wir einer Frau zunächst genau sagen, was passiert… es wäre dann wichtig, dass sie genug Zeit hat darüber nachzudenken und zuzustimmen. Ich halte das für wichtig, weil es nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und alles einen großen Einfluss darauf haben wird, wie es in jedem Aspekt ihres Lebens weiter geht. Auch im Bereich ihrer Sexualität.«

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass der Nahtprozess durch den sorgfältigen Einsatz der Sprache, Freundlichkeit und Gesten begleitet werden sollte, um Sicherheit zu vermitteln. Aus ihrer Sicht haben positive zwischenmenschliche Gesten während der Naht das Potenzial für kurz- und langfristig positive Auswirkungen auf das physische und psychische Empfinden von Frauen.

    Quelle: Hammond A et al.: Improving women’s experiences of perineal suturing: A pragmatic qualitative analysis of what is helpful and harmful. Women and Birth 2022. DOI: https://doi.org/10.1016/j.wombi.2022.02.008 ∙ DHZ

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 15.03.2022