Bundeskabinett

Aktionsplan »Queer leben« beschlossen

  • Das Bundeskabinett beschloss einen bundesweiten Aktionsplan, um die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu stärken.

  • Noch immer werden nicht-heterosexuelle Menschen in Deutschland im Internet, aber auch im ganz realen Alltag angepöbelt, beleidigt oder im schlimmsten Fall körperlich angegriffen. Drei bis vier Übergriffe dieser Art am Tag gebe es laut offizieller Statistik, sagt der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise solche, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

    Der neue Aktionsplan sieht Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern vor. Eines der Kernfelder ist die rechtliche Anerkennung queerer Menschen. Um diese zu stärken, soll im Grundgesetz neu verankert werden, dass Menschen nicht aufgrund ihrer »sexuellen Identität« diskriminiert werden dürfen. Artikel 3 der Verfassung will die Regierung entsprechend anpassen. Kein einfaches Unterfangen, denn: Für die Änderung bedarf es einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Im Bundestag sind Lehmanns Einschätzung zufolge die Regierungsfraktionen von SPD, FDP und Grünen sowie der Großteil der Linksfraktion dafür. Auch einige Abgeordnete der Union würden das Vorhaben unterstützen. Derzeit liefen aber noch Gespräche.

    Das bestehende Abstammungsrecht bildet die heute gelebten Familienkonstellationen aus Sicht der Bundesregierung nicht ab. Eine wichtige angestrebte Änderung betrifft verheiratete lesbische Paare, die gemeinsam ein Kind bekommen. Bislang ist es so geregelt, dass lediglich die Frau, die das Kind geboren hat, als gesetzliche Mutter anerkannt wird. Die »nicht gebärende Mutter«, wie es im Aktionsplan heißt, könne nur über eine Stiefkindadoption zur rechtlichen Mutter werden. Diese Regel soll abgeschafft werden, so dass beide Mütter bei der Geburt eines Kindes automatisch zu rechtlichen Müttern werden.

    Die Ampel plant bereits seit längerem die Abschaffung des derzeit noch bestehenden Transsexuellengesetzes.  Das neue Selbstbestimmungsgesetz will erreichen, dass jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern kann. Auch dieses Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten.

    Eines der Kernanliegen ist es, Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*) besser vor Gewalt zu schützen. Dafür sollen »geschlechtsspezifische« sowie »gegen die sexuelle Orientierung gerichtete« Tatmotive künftig eine größere Rolle bei der Bemessung von Strafen für Täter spielen.

    Quelle: dpa, 18.11.2022 ∙ DHZ

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 22.11.2022