Perinatale Transmission von Sars-CoV-2

Fallstudie: Spätfolgen beim Kind beobachtet

  • Es ist nicht auszuschließen, dass eine mögliche Transmission von Sars-CoV-2 in der Schwangerschaft Spätfolgen beim Kind hinterlässt.

  • Eine Infektion mit Sars-CoV-2 verursacht die Covid-19-Erkrankung. Neben dem Übertragungsweg der Tröpfcheninfektion werden zunehmend auch perinatale Transmissionswege diskutiert. Es ist dabei nach wie vor unklar, ob oder in welcher Form eine mütterliche Sars-CoV-2-Infektion mögliche Spätfolgen beim Kind verursachen kann. In einer Fallstudie werden nun Spätfolgen bei einem Neugeborenen nach der Geburt einer nachweislich infizierten Mutter mit Sars-CoV-2 beschrieben. Das Neugeborene zeigte neurologische Auffälligkeiten in ähnlichem Ausprägungsgrad, wie diese bei Erwachsenen beobachtet wurden.

    Fallstudie: Eine 23-jährige Erstgebärende wird im März 2020 in Schwangerschaftswoche 35+2 mit Fieber, starkem Husten und starkem Abhusten von Schleim aufgenommen. Sie zeigt die Krankheitssymptomatik seit zwei Tagen nach einem bislang physiologischen Schwangerschaftsverlauf. Eine Covid-19-Erkrankung wird nachgewiesen. Drei Tage nach Aufnahme zeigen sich schwerwiegende Auffälligkeiten im CTG, welche die Indikation zu einer Sectio Caesarea geben. Vor der Entwicklung des Kindes wird klares Fruchtwasser beim Kaiserschnitt entnommen, das anschießend positiv auf Sars-CoV-2 getestet wird. Die Plazenta zeigt Auffälligkeiten im intervillösen Raum auf. Die Frau wird sechs Tage nach der Geburt in gutem Allgemeinzustand entlassen.

    Der neugeborene Junge wird mit einem Apgar-Score von 4-2-7 nach einer, fünf und zehn Minuten post partum bei einem Geburtsgewicht von 2.540 g geboren. Er wird beatmet und intubiert. Anschließend wird er vollständig isoliert in einem Unterdruckraum auf der Neugeborenen-Intensivstation weiter betreut. Er zeigt normale pH-Werte und normale Laktatwerte in der Blutgasanalyse bei unauffälligen Vitalparamtern auf, so dass er nach sechs Stunden extubiert wird. Er wird vollständig über Formula-Milch ernährt. Am dritten Lebenstag entwickelt er plötzlich einen Hypertonus, zeigt sich gereizt und mit schlechtem Trinkverhalten. Seine Cerebralflüssigkeit wird negativ auf Sars-CoV-2, Bakterien, Pilze und Herpes-Simplex-Viren getestet. Ein cerebraler Ultraschall sowie ein EEG zeigen unauffällige Befunde. Die beobachteten Auffälligkeiten verbessern sich langsam über einen Verlauf von weiteren drei Tagen, jedoch bestehen der Hypertonus und das schlechte Trinkverhalten weiterhin. Ein MRT am elften Lebenstag zeigt Auffälligkeiten verschiedener Gehirnstrukturen, die sich im Verlauf der kommenden zwei Lebensmonate verbessern. Ebenso verbessern sich die neurologischen Auffälligkeiten, der Hypertonus wird geringer. Nach 18 Tagen wird das Kind entlassen, ohne eine Behandlung mit antiviralen Medikamenten erhalten zu haben.

    Die AutorInnen diskutieren, dass eine transplazentare Transmission von Sars-CoV-2 einer schwangeren infizierten Frau möglich ist und das Kind anschließend Symptome aufzeigen kann, die einem schweren möglichen Verlauf von Covid-19 bei Erwachsenen ähnlich sind. Sie schlussfolgern, dass eine transplazentare Transmission von Sars-CoV-2 in den letzten Schwangerschaftswochen möglich zu sein scheint und es nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine mögliche Transmission mit Konsequenzen für das Kind auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist.

    Quelle: Vivanti AJ, Vauloup-Fellous C, Prevot S, Zupan V, Suffee C, Do Cao J., Benachi A, De Luca D: Transplacental transmission of SARS-CoV-2 infection. Nature Communications 2020. 11, 3572. doi: https://doi.org/10.1038/s41467-020-17436-6DHZ

    Rubrik: Covid-19

    Erscheinungsdatum: 21.07.2020