Expert:innen Review aus den USA

Gymnastik- oder Erdnussbälle während der Geburt?

  • Der Peanut-Ball ermöglicht Gebärenden auch nach PDA eine entspannte Lage mit leicht geöffneten und angewinkelten Beinen, was die Geburtsdauer verkürzen könnte.

  • Die Evidenzlage ist eindeutig: Gebären wird durch Bewegung und aufrechte Gebärhaltungen positiv beeinflusst. In der Praxis werden zur Umsetzung verschiedene Hilfsmittel verwendet, beispielsweise große Gymnastikbälle oder Erdnussbälle.

    Gebärende können auf großen Gymnastikbällen während der Wehen und der Wehenpausen sitzen, ihr Becken kreisen oder Kippbewegungen des Beckens durchführen. Dies fördert und unterstützt die Dynamik des Gebärens. Gebärende können sich mit ihren Händen dabei auf ihren Beinen abstützen oder an einem Tuch oder Seil festhalten, wodurch ein aktiver Umgang mit dem Wehenschmerz gefunden werden kann.

     

    Form einer Erdnuss

     

    Erdnussbälle haben die Form einer Erdnuss und können in Seitenlage verwendet werden, indem sie zwischen den Beinen der Gebärenden liegen. Diese liegen dadurch nicht direkt aufeinander, sondern ermöglichen eine entspannte Lage mit Abstand. Eine Kniebeuge wird in Seitenlage imitiert, wodurch auch in dieser Lage, beispielsweise nach PDA, eine Positionsänderung des kindlichen Köpfchens gefördert werden kann.

    Welche Auswirkungen zeigen der Einsatz eines Gymnastikballs auf das Schmerzempfinden von Gebärenden und der Einsatz des Erdnussballs auf die Geburtsdauer? Diesen Fragen wurde in Form eines Expert:innen Reviews durch Jessica Grenvik und Kolleg:innen in den USA nachgegangen.  Sie verweisen im vorliegenden Review auf eigene Forschungsergebnisse und weitere relevante Forschung im Themenbereich.

     

    Einfluss auf Wehenschmerzen

     

    Ergebnisse einer Meta-Analyse (7 RCT, n=533 Frauen) geben bei einer Verwendung des Gymnastikballs während der Geburt Hinweise auf einen positiven Einfluss auf die Empfindung von Wehenschmerzen. So konnten letztere auf einer visuellen Analogskala mit Werten zwischen 1 und 10 um durchschnittlich um 1,7 Punkte gesenkt wurden, wenn Gebärende ihre Wehen auf dem Ball veratmeten (Grenvik et al., 2022).

    Dabei zeigte der Einsatz des Balls keinen wesentlichen Einfluss auf den Geburtsmodus oder das Auftreten geburtshilflicher Komplikationen.

    In Bezug auf Fragestellungen zum Erdnussball verweisen Grenvik und Team (2023) auf eine systematische Übersichtsarbeit (4 RCT, n=648 Frauen) mit Daten zur Geburtsdauer (Grenvik et al., 2019). Darin wurde die Geburtsdauer für erstgebärende Frauen mit PDA mit beziehungsweise ohne Verwendung eines Erdnussballs untersucht. Weder für die Dauer der Eröffnungsphase noch der gesamten Geburtsdauer zeigten sich signifikante Unterschiede. Eine aktuellere Meta-Analyse (4 RCT, n=818 Frauen) aus dem Jahr 2022 hingegen konnte eine signifikante Verkürzung der Eröffnungsperiode bei denjenigen Frauen aufzeigen, die einen Erdnussball als Lagerungshilfe bei PDA verwendeten (Delgado et al., 2022).

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass der Einsatz sowohl des Gymnastikballs als auch des Erdnuss-Balls als sicher einzuschätzen sei. Die Evidenzlage zum Einfluss auf die Wehenschmerzen bei einer Verwendung des Gymnastikballs während der Geburt beurteilen sie positiv.  Die Evidenzlage zum Einfluss des Erdnussballs auf die Dauer der Geburt bei PDA scheint aus ihrer Sicht derzeit unzureichend, jedoch vielversprechend.

    Sie empfehlen weitere Forschung zum Einsatz des Gymnastik- und des Erdnussballs während der Geburt, weil deren Einsatz sicher, kostengünstig und effektiv zu sein scheint.

    Quelle: Delgado, A., Katz, L., Melo, R. S., Amorim, M., & Lemos, A. (2022). Effectiveness of the peanut ball use for women with epidural analgesia in labour: a systematic review and meta-analysis. Journal of obstetrics and gynaecology : the journal of the Institute of Obstetrics and Gynaecology, 42(5), 726–733. https://doi.org/10.1080/01443615.2021.1997959 ∙ Grenvik, J. M., Coleman, L. A. & Berghella, V. (2023). Birthing balls to decrease labor pain and peanut balls to decrease length of labor: what is the evidence? Am J Obstet Gynecol. https://doi.org/10.1016/j.ajog.2023.02.014 ∙ Grenvik, J. M., Rosenthal, E., Saccone, G., Della Corte, L., Quist-Nelson, J., Gerkin, R. D., Gimovsky, A. C., Kwan, M., Mercier, R., & Berghella, V. (2019). Peanut ball for decreasing length of labor: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. European journal of obstetrics, gynecology, and reproductive biology, 242, 159–165. https://doi.org/10.1016/j.ejogrb.2019.09.018 ∙ Grenvik, J. M., Rosenthal, E., Wey, S., Saccone, G., De Vivo, V., De Prisco Lcp, A., Delgado García, B. E., & Berghella, V. (2022). Birthing ball for reducing labor pain: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. The journal of maternal-fetal & neonatal medicine: the official journal of the European Association of Perinatal Medicine, the Federation of Asia and Oceania Perinatal Societies, the International Society of Perinatal Obstetricians, 35(25), 5184–5193. https://doi.org/10.1080/14767058.2021.1875439 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 10.05.2023