Datenanalyse aus der Studie »Respiratory Health in Northern Europe«

Frische Luft hat positive Wirkung auf die Schwangerschaft

  • Werdende Mütter, die sich regelmäßig in der Natur aufhalten, fördern womöglich einen unproblematischen Schwangerschaftsverlauf.

  • Werdende Mütter, die sich viel in der Natur aufhalten, fördern womöglich einen unproblematischen Schwangerschaftsverlauf und die Lungengesundheit ihres Nachkommens. So wiesen die Kinder von Schwangeren mit naturnahem Wohnort ein höheres Geburtsgewicht auf.

    Ein niedriges Geburtsgewicht und Frühgeburten können das Risiko für eine eingeschränkte Lungenfunktion des Kindes erhöhen. Ob die Lungengesundheit des Kindes durch höhere Exposition der Mutter in der Natur oder durch Luftverschmutzung beeinflusst werden, haben norwegische Wissenschaftler:innen erforscht und ihre Ergebnisse anlässlich des Kongresses der European Respiratory Society (ERS) in Mailand vorgestellt.

    Dazu analysierten sie die Daten aus der Studie »Respiratory Health in Northern Europe« (RHINE) von 5.434 Kindern und ihren Müttern (n = 2.742). Die Exposition gegenüber der Natur (Normalized Difference Vegetation Index, NDVI), Feinstaub (PM2,5 und PM10), Stickstoffdioxid (NO2), Ozon (O3) und Ruß (BC) wurde für die Mütter auf der Grundlage der Wohnadresse bei jeder Schwangerschaft geschätzt.

    Nach ihren Berechnungen beeinflusste ein naturnahes Wohnen das Geburtsgewicht (BW) positiv. Ein IQR-Anstieg (interquartile range, IQR) von NDVI (300 m) war mit einem Anstieg des BW um 29 g (95-%-Konfidenz­intervall (95-%-CI): 13-44) und einer um 14 % erhöhten Wahrscheinlichkeit eines hohen BW (>4.000 g) assoziiert (Odds Ratio (OR)=1,14, 95-%-CI: 1,02-1,26).

    Demensprechend sank die Wahrscheinlichkeit eines niedrigen BW (<2.500 g) um 23 % (OR=0,77, 95-%-CI: 0,64-0,94). Die Zusammenhänge mit dem BW waren konsistent, auch wenn die Daten nach Luftschadstoffen bereinigt oder verschiedene NDVI-Puffer (100 m und 500 m) verwendet wurden.

    Es zeigten sich allerdings keine Zusammenhänge zwischen langfristigen Aufenthalten in der Natur und der Häufigkeit von Frühgeburten (PTB). Eine Exposition in der Schwangerschaft gegenüber Luftverschmutzung zeigte nach ihren Berechnungen auch keine Effekte PTB und zusätzlich BW.

    Die Studienautor:innen schlussfolgern daraus, dass werdende Mütter mit häufigen Aufenthalten in der Natur oder mit naturnahem Wohnort das Geburtsgewicht ihres Kindes positiv beeinflussen können, was sich möglicherweise günstig auf dessen Lungengesundheit auswirken kann.

    Zum Stellenwert dieser Arbeit wurden bereits kritische Stimmen laut: »Es ist durchaus möglich, dass die Belastung durch Luftverschmutzung und das Leben in einer grüneren Gegend direkte oder indirekte Ursachen für ein niedrigeres beziehungsweise höheres Geburtsgewicht sind, aber es ist unmöglich, dies anhand der Ergebnisse der aktuellen Arbeit abzuleiten«, gab Rosie Cornish, Expertin für bevölkerungsbasierte Gesundheitswissenschaften an der Medical School in Bristol (England), zu bedenken.

    Zudem war nach Auffassung von Meenakshi Choudhary, leitender Berater für Reproduktionsmedizin in New­Castle (England), die ermittelte mediane Gewichtszunahme eher gering (29 g). Daher sei es laut Choudhary wichtig, diese Ergebnisse mit Bedacht zu bewerten. Trotzdem stünde es außer Frage, dass politische Entscheidungsträger und Regierungen weltweit zum Handeln aufgefordert seien, um die Luftverschmutzung und ihre gesundheitlichen Folgen zu reduzieren.

    Quelle: Svanes, C., Johannessen, A., Bertelsen, R. J., Dharmage, S., Benediktsdottir, B., Bråbäck, L., Gislason, T., Holm, M., Jõgi, O., Lodge, C. J., Malinovschi, A., Martinez-Moratalla, J., Oudin, A., Sánchez-Ramos, J. L., Timm, S., Janson, C., Real, F. G., Schlünssen, V., & RHINESSA International Collaboration (2022). Cohort profile: the multigeneration Respiratory Health in Northern Europe, Spain and Australia (RHINESSA) cohort. BMJ open, 12(6), e059434. https://doi.org/10.1136/bmjopen-2021-059434 · aerzteblatt.de, 13.9.23 · DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 19.09.2023