Schweizerisch-kanadische Forschung

Ursache für postoperative Adhäsionen gefunden

  • Adhäsionen, die sich nach Operationen im Peritoneum bilden können, sind die Folge einer Überaktivierung von Makrophagen, die zum evolutionär älteren angeborenen Immunsystem gehören.

  • Etwa zwei Drittel aller PatientInnen entwickeln nach einer gastrointestinalen Operation Adhäsionen, welche Darmobstruktionen oder eine Infertilität verursachen können. Die Ursache für die Vernarbungen waren bisher unbekannt, und eine Möglichkeit, die Komplikation zu vermeiden, gibt es bisher nicht. Bisher ging die Forschung davon aus, dass die normale Wundheilung der Auslöser der Adhäsionen ist. Nach einer Verletzung bedecken zunächst Thrombozyten die Wundfläche, es folgt ein Verschluss mit einem Blutgerinnsel und im späteren Verlauf kommt es dann zur Bildung einer Narbe.

    Ein Team um Paul Kubes von der Universität von Calgary in Kanada fand jetzt heraus, dass in der Bauchhöhle (und vermutlich auch in anderen Körperhöhlen) ein anderer Akteur im Mittelpunkt steht. Es sind die Makrophagen. Diese Zellen gehören zum angebo­renen Immunsystem. Ihre Aufgabe ist die Beseitigung von Zelltrümmern, aber auch von Krankheits­erregern, die die Makrophagen aufnehmen und dann im Zellinneren verdauen.

    Makrophagen gehen auch in den Körperhöhlen auf Patrouille. Sie beseitigen dort jedoch nicht nur vermeintliche Angreifer. Sie sind auch in der Lage, Defekte zu versiegeln. Bei einer Verletzung verklumpen sie auf der Läsion und dichten sie dabei ab. Diese Reparatur setzt wie bei der Blutgerinnung sehr schnell ein. Die Forschenden beobachteten, dass sich innerhalb weniger Minuten ein Aggregat aus Makrophagen auf der verletzten Stelle bildet.  Bei größeren Verletzungen formen die Makrophagen dann »Superaggregate« die nicht nur den Defekt abdecken, sondern auch mit der gegenüberlie­genden Wand des Bauchfells verwachsen. Dies ist dann die Grundlage der Adhäsionen, die nach Opera­tionen in der Bauchhöhle zu den lästigen Verwachsungen führen.

    Die Entdeckung könnte zu einer Neuorientierung der präventiven Maßnahmen führen. Bisher wurde, mit wenig Erfolg, versucht, die Bildung der Adhäsionen mit Mitteln zu verhindern, die bei der Blutgerinnung und der Fibrinolyse ansetzen. Das schweizerisch-kanadische Team schlägt jetzt vor, gezielt Rezeptoren auf den Makrophagen zu blockieren. Bei Mäusen konnte die Bildung der Makrophagenaggregate durch Polyinosinsäure, Poly-(I), verhindert werden. Bei den Tieren kam es danach zu weniger Verwachsungen. Die ForscherInnen haben Poly-(I) bereits zum Patent angemeldet.

    Quelle: Kubes P et al.: Primordial GATA6 macrophages function as extravascular platelets in sterile injury. Science 2021. Doi: 10.1126/science.abe0595 aerzteblatt, 22.4.2021DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 23.04.2021