Covid-19-Pandemie

Weniger Frühgeburten durch Lockdown?

  • Während des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie Anfang des Jahres, sank die Rate an Frühgeburten.

  • Die Zahl der Frühgeburten ist in den letzten Jahrzehnten in vielen reicheren Ländern stetig gestiegen. Die Gründe sind unklar. Es gibt aber eine Reihe von Spekulationen. Sie betreffen den vermehrten Lebensstress, dem Schwangere heute ausgesetzt sind, vor allem wenn sie berufstätig sind. Auch die fehlende Unterstützung durch die Familie könnte von Bedeutung sein. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass erhöhte Cortisolspiegel mit einer Frühgeburt­lichkeit assoziiert sind. Schichtarbeit, wechselnde und lange Arbeitszeiten gelten ebenfalls als Stressoren. In den letzten Jahren wurde auch die Luftverschmutzung als möglicher Auslöser beschrieben. Weitere Risikofaktoren sind Infektionen.

    In allen diesen Punkten hat sich während des Lockdowns die Situation für Schwangere verbessert. Die Arbeit und der Verkehr ruhten. Die Familien verbrachten mehr Zeit mitein­ander. Die Luftqualität hat sich vielerorts gebessert. Soziale Distanzierung und Mund-Nasen-Bedeckung haben das Infektionsrisiko nicht nur für Sars-CoV-2 gesenkt.

    Eine mögliche Folge war ein Rückgang der Frühgeburten, der vor allem bei den Geburten mit sehr niedrigem Geburtsgewicht (VLBW, unter 1.500 Gramm) spürbar war. MedizinerInnen der Universitätsklinik in Limerick (Irland) berichten über einen Rückgang der VLBW-Geburten um 73 % nach dem Lockdown. In Dänemark ging die Zahl sogar um 91 % zurück.

    Eine Untersuchung aus den Niederlanden zeigt, dass die einzelnen Phasen des Lockdowns unterschiedliche Auswirkungen hatten. Den größten Rückgang (um 23 % bei allen Früh­geburten und um 52 % bei den Geburten vor der 25. Schwangerschaftswoche) gab es nach dem 9. März, als vom Händeschütteln abgeraten und zur Verwendung von Papiertaschentüchern und zum Niesen oder Husten in den Ellbogen geraten wurde. Personen mit Erkältungssymptomen oder Fieber wurde damals geraten, zuhause zu bleiben.

    Die ausgewerteten Studien sind nur deskriptiv. Sie können nicht ermitteln, welche Faktoren für den Rückgang verantwortlich waren. Die Studien zeigen jedoch, dass die Lebensumstände junger Frauen nicht auf eine Schwangerschaft ausgelegt sind, in der viele in Zukunft die Ruhe vermissen werden, die ihnen der Lockdown verschafft hat. Maßnahmen zur Prävention von Frühgeburten müssten hier ansetzen.

    Quelle: Reiss IKM et al.: Impact of COVID-19 mitigation measures on the incidence of preterm birth: a national quasi-experimental study. The Lancet 2020. Doi: https://doi.org/10.1016/S2468-2667(20)30223-1 Dunne CP et al.: Reduction in preterm births during the COVID-19 lockdown in Ireland: a natural experiment allowing analysis of data from the prior two decades. medRxiv 2020. Doi: https://doi.org/10.1101/2020.06.03.20121442 Lausten-Thomsen U et al.: Danish premature birth rates during the COVID-19 lockdown. BMJ Journals 2020. Doi: http://dx.doi.org/10.1136/archdischild-2020-319990 aerzteblatt.de, 19.10.2020 DHZ

    Rubrik: Covid-19

    Erscheinungsdatum: 21.10.2020