Baden-Württemberg

Bereitschaft zum Schwangerschaftsabbruch als Einstellungskriterium?

  • Einige Grünen-PolitikerInnen in Baden-Württemberg fordern, an Uni-Kliniken nur MedizinerInnen einzustellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen würden.

  • Die Bereitschaft, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, könnte eine Ein­stellungsvoraussetzung für ÄrztInnen an Universitätskliniken werden. Diese Idee hatte die baden-württembergische Grünen-Politikerin Bärbl Mielich ins Spiel gebracht und dafür vor allem vom Koalitionspartner CDU heftige Kritik geerntet. Nun ruderte sie zurück.

    Es ginge ausdrücklich nicht darum, Druck auf einzelne ÄrztInnen auszuüben, sondern viel­mehr darum, diese schon während der Ausbildung für das schwierige Spannungsfeld des Themas zu sensibilisieren. Hier spielten Universitätskliniken eine zentrale Rolle. Auslöser für Mielichs ursprüngliche Äußerung war die Tatsache, dass es in Deutschland immer weniger MedizinerInnen gibt, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. So ist die Zahl der ÄrztInnen, die Abbrüche vornehmen, zwischen 2003 und 2018 laut Statistischem Bundesamt um rund 40 % gesunken, die Zahl der Abtreibungen im gleichen Zeit­raum aber nur um 21 %.

    Von einem „groben Foul“ sprach danach die CDU-Landtagsabgeordnete Marion Gentges. „Ich kann niemanden verpflichten etwas zu tun, was er ethisch gar nicht vertritt, und da­von auch noch seine berufliche Karriere abhängig machen“, so Gentges. „Skandalös!“ kom­mentierte auch der ehemalige Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter und heutige Vizevorsit­zen­de der Unionsfraktion im Bundestag, Herrmann Gröhe, auf dem Kurznachrichten­dienst Twitter.

    Die Grünen auf Bundesebene reagierten indes positiv. Die grüne Sprecherin für Gesund­heitsförderung, Kirsten Kappert-Gonther, sagte demnach, wenn Unikliniken bevorzugt ÄrztInnen einstellten, „die in der Lage sind, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, kann das ein Beitrag für eine bessere Versorgungslage sein“. Es sei eine „verhältnismäßig milde Maßnahme“, aus der sich keine grundsätzliche Verpflichtung für alle Mediziner ergebe.

    Für die Lan­des­ärz­te­kam­mer Baden-Württemberg kein gangbarer Weg. Die Ursachen für die zunehmende Versorgungslücke seien vielfältig. So seien etwa die sogenannten „Le­bensschützerInnen“ zunehmend ein Problem, sagte Kammer­präsident Wolfgang Miller dem Deutschen Ärzteblatt.

    Ein besserer Schutz vor diesem Druck könne ein Ansatz sein, um den Sicherstellungs­auf­trag zu unterstützen, schlägt Markus Haist, Vorstandsmitglied der Lan­des­ärz­te­kam­mer Baden-Württemberg, in einem Artikel vor. Das Land selbst könne zwar keine Schutzzonen einrichten, verweise aber auf die Möglichkeit einer Ermessensent­schei­dung der Kommunen. „Erste Städte − darunter Pforzheim − konnten diesbezüglich eine versammlungsrechtliche Verfügung erwirken“, so Haist. Auch die Rahmenbedingungen für ambulante Operationen in der Frauenheilkunde seien ein Ansatzpunkt. „Das regional vor vielen Jahren ausgehandelte Honorar für die Eingriffe wurde seit Jahren nicht mehr angepasst“.

    Ob und welche dieser Anregungen umgesetzt werden können, soll sich in einem für nach der Sommerpause anberaumten Gespräch zwischen Sozial- und Wissenschaftsministe­ri­um, der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, der Lan­des­ärz­te­kam­mer, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Universitätskliniken zeigen.

    Quelle: aerzteblatt.de, 13.7.2020 DHZ

    Rubrik: Regionales

    Erscheinungsdatum: 14.07.2020