»Hybrid Closed Loop«-System

Den Blutzucker für Schwangere besser einstellen

  • Ein »Hybrid Closed Loop«-System, das die Dosierung der Insulinpumpe mit einem Algorithmus an die kontinuierlichen Messungen des Blutzuckers anpasst, hat in einer randomisierten Studie die Stoffwechselkontrolle von Schwangeren mit einem Typ-1-Diabetes verbessert.

  • Lange Zeit wurde Frauen mit einem Typ-1-Diabetes von einer Schwangerschaft abgeraten, da das Risiko von Fehlbildungen erhöht ist. Die hohen Blutzuckerwerte haben zudem eine vermehrte Insulinausschüttung beim Feten zur Folge, der das intrauterine Wachstum fördert: die Makrosomien führen zu vermehrten Geburts­komplikationen. Die Mutter ist während der Schwangerschaft durch Hypoglykämien gefährdet. Hinzu kommt, dass die Glukosezielwerte bei Schwangeren mit 63 bis 140 mg/dl niedriger sind als bei Nichtschwangeren (70 bis 180 mg/dl), was die Vermeidung von Hypoglykämien erschwert.

    Inzwischen haben die meisten Frauen mit Typ-1-Diabetes Geräte zur kontinuierlichen Blutzuckermessung und Insulinpumpen. Mit neuen Insulinanaloga können sie schnell auf Blutzuckeranstiege reagieren. Der nächste Schritt war die Entwicklung von »Hybrid Closed Loop«-Systemen, die die aktuellen Messwerte mit einem Algorithmus auswerten und selbständig die notwendige Dosis für die Insulinpumpe festlegen. Einige Geräte wurden inzwischen an die Zielwerte von Schwangeren angepasst.

    Die britische AiDAPT-Studie hat untersucht, ob die Verwendung eines »Hybrid Closed Loop«-Systems die Blutzuckereinstellung in der Schwangerschaft verbessern kann. An neun Kliniken wurden 124 Schwangere im Durchschnitt in der 11. SSW auf ein »Hybrid Closed Loop«-System oder auf eine Standardversorgung randomisiert.

    Der primäre Endpunkt der Studie war der Anteil der Zeit, in der sich die Blutzuckerwerte im Zielbereich von 63 bis 140 mg/dl befanden. Die Frauen bestimmten den Blutzucker ab der 16. Schwangerschaftswoche alle 10 bis 12 Minuten mit einem automatischen Messgerät.

    Wie das Team um Helen Murphy von der Norwich Medical School berichtet, wurden die Zielwerte in der Gruppe mit »Hybrid Closed Loop«-System in 68,2 % der Zeit erreicht gegenüber 55,6 % in der Gruppe mit Standardversorgung. Die mittlere adjustierte Differenz von 10,5 %-Punkten war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 7,0 bis 14,0 %-Punkten statistisch signifikant.

    Das »Hybrid Closed Loop«-System verkürzte die Hyperglykämiephasen um 10,2 %-Punkte (6,6 bis 13,8 %-Punkte), und auch nachts lagen die Werte länger im Zielbereich (Differenz 12,3 %-Punkte; 8,3 bis 16,2 %-Punkte). Der HbA1c-Wert, der vor Beginn der Studie bei 7,7 % gelegen hatte, verbesserte sich um 0,31 %-Punkte (0,12 bis 0,50 %-Punkte). Die Zahl der schweren Hypoglykämieepisoden war mit 6 versus 5 Fälle nur unwesentlich erhöht. In der »Hybrid Closed Loop«-Gruppe gab es 12 technische Probleme, von denen 7 das »Hybrid Closed Loop«-System betrafen.

    Die bessere Blutzuckereinstellung hatte zur Folge, dass die Schwangeren 3 kg weniger an Gewicht zunahmen (11,1 kg versus 14,1 kg) und das Kind bei der Geburt 0,2 kg weniger wog (3,3 kg versus 3,5 kg): 4 statt 9 Kinder waren mit einem Geburtsgewicht von über 4 kg makrosom.

    In der »Hybrid Closed Loop«-Gruppe kam es zu einer Schulterdystokie, die ein zusätzliches Manöver zum Lösen der Schultern erforderlich machte. In der Gruppe mit Standardversorgung erlitten 4 Kinder eine hypoxische ischämische Enzephalopathie (einschließlich eines Todesfalls). Die Teilnehmerzahl der Studie war allerdings zu gering, um die Vorteile für das Kind eindeutig belegen zu können.

    Quelle: Garg, S.K & Polsky, S. (2023). Technology Use and Glycemic Outcomes during Pregnancy with Type 1 Diabetes. The New England Journal of Medicine. doi: 10.1056/NEJMe2310798 ∙ aerzteblatt.de, 12.10.2023 ∙ DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 18.10.2023