Europäische Leitlinie zu Oxytocin zur Geburtseinleitung

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Seit 2021 nennt eine europäische Leitlinie klare Vorgaben für synthetisches Oxytocin zur Unterstützung der Wehentätigkeit während der Geburt und der Geburtseinleitung: Ein unreflektierter und übermäßiger Einsatz des künstlich hergestellten Hormons sollte vermieden werden. Wie ist diese Empfehlung in die geburtshilfliche Fachliteratur einzuordnen? Dr. phil. Beate Ramsayer
  • Die europäische Leitlinie zum Einsatz von Oxytocin zur Geburtseinleitung und Unterstützung der Geburt wurde von einem internationalen Forscher:innenteam erarbeitet und im Journal of Maternal-Fetal & Neonatal Medicine im September 2021 online veröffentlicht (Nunes et al., 2021). Inês Nunes leitet als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe im Centro Materno-Infantil do Norte in Porto/Portugal die Forschungsgruppe der europäischen Hebammen und Ärzt:innen. Die Leitlinie enthält sechs grundlegende Empfehlungen, die mehrere untergeordnete Themen umfassen und in Bezug auf Evidenzlevel und Empfehlungsstufe eingeordnet werden.

    • 1a) Bei Uterusnarbe sollte keine Wehentherapie sub partu mit Oxytocin erfolgen (moderates Evidenzlevel +++, starke Empfehlung).
    • 1b) Bei Uterusnarbe sollte keine Einleitung der Geburt mit Oxytocin erfolgen (moderates Evidenzlevel +++, starke Empfehlung). Die »Narbe im Uterus« umfasst dabei neben der Diagnose Zustand nach Sectio auch andere uterine Perforationen, Myom-Entfernungen oder Situationen, die eine Kontraindikation für eine vaginale Geburt darstellen.
    • 2a) Nach einer Amniotomie sollte der Beginn einer Wehentherapie sub partu mit Oxytocin frühestens nach eine Stunde erfolgen (geringes Evidenzlevel ++--, moderate Empfehlung).
    • 2b) Nach einer Geburtseinleitung mit Dinoproston sollte Oxytocin frühestens nach sechs Stunden begonnen werden, bei vaginaler Applikation nach 30 Minuten (geringes Evidenzlevel ++--, moderate Empfehlung).
    • 2c) Nach einer Geburtseinleitung mit Misoprostol sollte mit Oxytocin frühestens vier Stunden nach der vaginalen Gabe begonnen werden (geringes Evidenzlevel ++--, moderate Empfehlung).
    • 3a) Eine Überwachung der kindlichen Herztöne sollte per CTG erfolgen. Vor dem Beginn einer Wehentherapie sub partu mit Oxytocin sollte eine CTG-Dokumentation über mindestens 30 Minuten vorliegen, die ein normales kindliches Herztonmuster ohne Tachysystolie aufzeigt (geringes bis moderates Evidenzlevel ++-- bis +++-, starke Empfehlung).
    • 3b) Über den gesamten Zeitraum der Oxytocingabe als Wehentherapie sollte eine kontinuierliche Überwachung der kindlichen Herztöne per CTG bis zur Geburt erfolgen (geringes bis moderates Evidenzlevel ++-- bis +++-, starke Empfehlung).
    • 4a) Nach einer Amniotomie sollte im Fall einer Einleitung der Geburt mindestens eine Stunde mit dem Beginn einer Oxytocininfusion abgewartet werden, um zu überprüfen, ob sich zwischenzeitlich eine körpereigene Wehentätigkeit entwickeln konnte (sehr geringes Evidenzlevel +--, schwache Empfehlung).
    • 4b) Wird eine Geburtseinleitung mit Oxytocin bei intakter Fruchtblase erwogen, sollte vor der geplanten Oxytocingabe eine Amniotomie in Betracht gezogen werden (sehr geringes Evidenzlevel +--, schwache Empfehlung).
    • 5) Oxytocin sollte intravenös bei folgender Dosierung verwendet werden: 500 ml 0,9 % NaCl + 5IU Oxytocin. Somit enthält jeder Milliliter der Lösung 10 mIU Oxytocin. Das empfohlene Dosierungsschema sollte beachtet werden (geringes Evidenzlevel ++--, starke Empfehlung).
    • 6) Wird Oxytocin zur Geburtseinleitung oder Unterstützung der Geburt verwendet, sollten der Einsatz und die Auswirkungen auf den Geburtsverlauf regelmäßig überprüft werden (geringes Evidenzlevel ++-; starke Empfehlung).

    Für die Praxis

     

    Empfohlene Dosierung

     

    Empfohlen wird eine Dosierung von 500 ml NaCl + 5IU Oxytocin. Bei der Entscheidung, Oxytocin als Wehentherapie sub partu einzusetzen, sollte die jeweils geringst­mögliche Dosierung gewählt werden.

    Wird Oxytocin bei einer Gebärenden mit einer Uterusnarbe dennoch angewendet, sollte eine andere Dosis als bei einer Gebärenden ohne Narbe gewählt werden (siehe Tabelle). Das Ziel sollte sein, dass sich 3 bis 4 Kontraktionen in 10 Minuten entwickeln. Übersteigt die Wehenfrequenz 5 Kontraktionen in 10 Minuten, sollte die Dosis reduziert werden.

    Geht die erhöhte Wehenfrequenz mit schlechter kindlicher Herzfrequenz einher, sollte die Wehentherapie sub partu mit Oxytocin reduziert oder beendet werden. Die Wirkung einer Wehentherapie mit Oxytocin sub partu sowie die Einleitung einer Geburt mit Oxytocin sollte regelmäßig evaluiert werden.

     

     

    Worauf basiert die europäische Leitlinie?

     

    Weltweit existiert derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Empfehlungen und Dosierungsschemata zur Verwendung von Oxytocin in der Geburtshilfe (siehe auch DHZ online: > www.dhz-online.de/news/detail/artikel/intrapartale-oxytocingabe/). Die aktuelle europäische Leitlinie beruht auf einer systematischen Literaturrecherche zu diesem kontroversen Thema. In der europäischen Leitlinie wurde Bezug auf 13 zugrundeliegende Studien genommen, die zwischen 1988 und Februar 2020 publiziert wurden. Eingeschlossen wurden Studien, deren Evidenz anhand des GRADE-Schemas (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation) beurteilt wurde (Schünemann, 2013).

    Die Studien zeigen verschiedene Dosierungsschemata und Mischungsverhältnisse der Oxytocininfusion auf und unterscheiden sich zum Teil auch in ihren Empfehlungen, Indikationen und Kontraindikationen. Die Evaluation der Ergebnisse führte bei den Autor:innen der europäischen Leitlinie dazu, sich für ein »Low-dose-Vorgehen« zu entscheiden, weil dieses mit der größten Sicherheit für Mutter und Kind bei vergleichsweise hohem Nutzen einherging.

    Verschiedene Zahlen, Daten und Fakten werden in der europäischen Leitlinie als Begründung der Empfehlungen aufgeführt.

     

    Warum die Vorsicht bei Uterusnarbe?

     

    Eine Uterusruptur nach Oxytocin-Substitution sub partu tritt durchschnittlich zwei- bis dreimal häufiger bei mehrgebärenden Frauen mit einer Narbe im Uterus als bei Gebärenden ohne Narbe auf. Dabei umfasst die Bandbreite eine Häufigkeit von 2- bis 14-fach erhöhtem Risiko bei mehrgebärenden Frauen mit Uterusnarbe. Für diese Aussagen wurden Zahlen, Daten und Fakten aus drei Studien bewertet (Sentilhes et al., 2013; Cahill et al., 2007; Dekker et al.,2010).

    Interessant ist hierzu die Vergleichszahl der Wahrscheinlichkeit einer Spontanruptur: Diese liegt bei 0,15–0,6 %. Eine Spontanruptur wird als extrem seltenes geburtshilfliches Ereignis bewertet, das mit 1 : 16.840 bis 1 : 19.765 in westlichen Ländern in Betracht gezogen wird (Gibbins et al. 2015).

     

    Verzögerter Einsatz nach Prostaglandin

     

    Warum sollte nach einer Prostaglandin-Applikation verzögert mit Oxytocin begonnen werden? Man nimmt an, dass Oxytocin die durch Prostaglandine ausgelöste wehensteigernde Wirkung erhöht. Um eine Überdosierung und damit einhergehende hyperfrequente Wehentätigkeit zu vermeiden, liegen Herstellerangaben zu einem empfohlenen Zeitabstand zwischen der Gabe von Dinoproston beziehungsweise Misoprostol und Oxytocin vor, die in der europäischen Leitlinie berücksichtig werden: Nach einer intrazervikalen Applikation von 1,5 mg Dinoproston oder einer intravaginalen Applikation von 2,5–3 mg Dinoproston sollte in den darauffolgenden 6–12 Stunden kein Oxytocin ergänzend eingesetzt werden.

    Wird Dinoproston vaginal als »sustaine-released form« appliziert, kann Oxytocin nach 30–60 Minuten ergänzend eingesetzt werden. Nach der letzten Gabe von Misoprostol sollte ein Zeitabstand von 4 Stunden bis zur Gabe von Oxytocin eingehalten werden (ACOG 2009; Leduc et al. 2013).

     

    Warum Dauer-CTG bei Oxytocin sub partu?

     

    Das größte Risiko durch eine Oxytocininfusion besteht darin, dass die Gebärende eine hyperfrequente Wehentätigkeit entwickelt. Dadurch kann eine fetale Hypoxie verursacht werden, weil sich die Erholungsphasen zwischen den Wehen für das Kind so stark verkürzen, dass keine ausreichende Kompensation möglich ist: Es wird angenommen, dass 90 Sekunden nach einer Wehe notwendig sind, bis sich die Sauerstoffreserven des ungeborenen Kindes nach einer Wehe wieder ausreichend gefüllt haben (McNamara & Johnson, 1995). Eine Dauer-CTG-Überwachung wird empfohlen, weil eine hyperfrequente Wehentätigkeit mit einer Tachysystolie einhergeht. Diese wird definiert durch »mehr als fünf Kontraktionen in zwei aufeinanderfolgenden 10-Minuten Zyklen« oder »mehr als 15 Kontraktionen in 30 Minuten« (Ayres-de-Campos et al., 2015).

    Für die Praxis bedeuten diese Hintergründe, dass ein Erkennen der hyperfrequenten Wehentätigkeit bei einer Oxytocingabe unter der Geburt wichtig ist: Ein vorausschauendes Erkennen ermöglicht ein Beenden oder Verringern der Oxytocininfusion, wodurch negative Folgen für Mutter und Kind vermieden werden können.

     

    Das wichtigste Gebärhormon

     

    Oxytocin zählt als Neuropeptid zu den wichtigsten Hormonen, die während des Geburtsverlaufs auf den Körper der Gebärenden wirken, weil Oxytocin sowohl Kontraktionen der Gebärmutter als auch emotionale Empfindungen beim Gebären beeinflusst.

    Physiologisch wird Oxytocin während der Geburt als körpereigenes Hormon im Hypophysenhinterlappen gebildet. Während der Geburt wirken verschiedene Mechanismen auf die Oxytocinbildung und -ausschüttung, beispielsweise der Ferguson-Reflex. Beim Ferguson-Reflex bewirkt der Druck des kindlichen Köpfchens auf Rezeptoren im Zervixbereich die Ausschüttung körpereigenen Oxytocins. Dies wird durch aufrechte Gebärhaltungen unterstützt, da der Druck auf die Zervix durch die Schwerkraft des Kindes wirkt (Ramsayer, 2020).

     

    Die häufigste geburtshilfliche Intervention

     

    Die intrapartale Gabe von synthetischem Oxytocin zählt zu den weltweit am häufigsten durchgeführten Medikationen bei gebärenden Frauen (Daly et al., 2020). Auch in Deutschland erhielten im Jahr 2017 mehr als ein Viertel aller Gebärenden (26,31 %, n=200.238 Gebärende) eine Wehentherapie mit Oxytocin (IQTIG, 2018, S. 59). Die Halbwertszeit beträgt 3 bis 12 Minuten, wobei dies in Abhängigkeit zur Verdünnung steht. Oxytocin sollte bei 2 bis 8 °C gelagert werden. Bei optimaler Dosierung und Beachtung der Indikationsstellung bewirkt eine Oxytocingabe sub partu, dass sich eine rhythmische Wehentätigkeit entwickelt oder eine vorhandene schwache Wehentätigkeit unterstützt und verstärkt wird.

    Der Uterus reagiert sensitiver auf eine Gabe künstlich hergestellten Oxytocins, je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist. Bei jüngeren und mehrgebärenden Frauen, sowie bei Gebärenden mit einem geringen Body Mass Index, einem spontanen Geburtsbeginn oder im Anschluss an eine Prostaglandingabe reagiert der Uterus ebenfalls besonders sensitiv auf künstlich hergestelltes Oxytocin (Satin et al. 1992; Zhang et al. 2007).

    Verschiedene geburtshilfliche Interventionen umfassen den Einsatz des künstlich hergestellten Hormons Oxytocin, beispielsweise die Einleitung oder Unterstützung der Wehentätigkeit während der Geburt. Verschiedene Nebenwirkungen können mit einer Überdosis einhergehen: Bei einer Überdosierung hat Oxytocin einen vasodilatorischen Effekt, es wirkt entspannend auf die glatte Gefäßmuskulatur.

    Dies bedeutet, dass ein geringer Blutdruck oder eine reflexartige Tachykardie als Nebenwirkung auftreten können. Einer Überdosierung von Oxytocin sub partu kann dazu führen, dass sich zunächst physiologische zu pathologischen Geburtsverläufen entwickeln. Ein physiologischer Verlauf kann durch den übermäßigen Einsatz von Oxytocin gestört werden (Daly et al., 2020).

     

    Stark variierende Dosierungsschemata

     

    Gerade weil die intrapartale Gabe von synthetischem Oxytocin weltweit zu den am häufigsten durchgeführten Interventionen während des Gebärens zählt, die mit sehr verschiedenen Dosierungsschemata einhergehen (Daly et al., 2020), war es notwendig, sich dem Thema aus europäischer Perspektive anzunähern. So zeigte die multinationale Studie von Daly und Forschungsteam aus dem Jahr 2020, dass weltweit große Variationen für die Unterstützung und Einleitung einer Geburt mit synthetischem Oxytocin existieren. Berücksichtigt wurden dabei 21 Dosierungsschemata aus 12 Ländern (11 europäische Länder und Südafrika).

    Es wurde deutlich, dass sich die Dosierungsschemata und die Informationen der Ländern unterschieden, beispielsweise zum Beginn, Endpunkt und zu den Kontraindikationen. Es zeigte sich, dass in manchen Ländern keine nationalen Dosierungsschemata verfügbar waren. Die Evaluation der Ergebnisse wies sehr große Variationen bei geburtshilflichen Vorgehensweisen zur Gabe von synthetischem Oxytocin während der Geburt auf. So wurden Anfangskonzentrationen verwendet, die zwischen 0,06 IU pro Stunde und 0,90 IU pro Stunde lagen. Die maximale Konzentration, die verwendet wurde, lag zwischen 0,90 IU pro Stunde und 3,6 IU pro Stunde. Die Gesamtmenge an verwendetem Oxytocin lag zwischen 2,38 und 27,00 IU über einen Zeitraum von acht Stunden.

    Daly und Kolleg:innen errechneten aus ihren Ergebnissen, dass zwischen einzelnen Ländern diese ein über 11-facher Unterschied lag. Sie schlussfolgerten, dass diese großen Variationen in der Unterstützung und Einleitung einer Geburt mit synthetischem Oxytocin unerklärlich seien und im Hinblick auf mögliche schädliche Überdosierungen und einhergehende Nebenwirkungen für Mutter und Kind kritisch hinterfragt werden sollten (Daly et al., 2020).

     

    Geburtshilfliche Achtsamkeit

     

    Dies ist mit der Erstellung der europäischen Leitlinie gelungen: Neben der kritischen Reflexion ist über die europäische Leitlinie nun nicht nur ein Dosierungsschema publiziert, das sich in allgemeingültige Empfehlungen einreiht, sondern das zudem noch differenziert hinsichtlich des Kriteriums einer Narbe am Uterus der Mutter. Liegt eine solche vor, wird geburtshilfliche Achtsamkeit und ein noch zurückhaltenderen Einsatzes künstlich hergestellten Oxytocins empfohlen, um Mutter und Kind vor einer Ruptur des Uterus zu schützen.

    Dieser achtsame Blick und Ansatz in der europäischen Leitlinie bewirkt somit im übertragenen Sinn auch einen respektvollen geburtshilflichen Umgang in der Praxis. Eine respektvolle geburtshilfliche Betreuung, die während des gesamten Geburtsverlaufs erfolgen sollte (WHO, 2018, Empfehlung 1).

     

    Mehr Publikationen warnen

     

    Der kritische Blick auf eine unreflektierte Gabe künstlich hergestellten Oxytocins folgt dabei verschiedenen anderen Publikationen. So wurde im Jahr 2018 von der Weltgesundheitsorganisation in der Publikation »Intrapartum Care for a positive Childbirth Experience« empfohlen, auf eine routinemäßige Amniotomie in Verbindung mit Oxytocinunterstützung zur Vermeidung einer protrahierten Geburt zu verzichten (WHO, 2018, Empfehlung 29). Ebenso wurde ein Einsatz von Oxytocin bei Gebärenden mit Epi-/Periduralanästhesie bei physiologischen Geburtsverläufen nicht empfohlen (WHO, 2018, Empfehlung 30; siehe auch Ramsayer in: DHZ 6 und 7/2018.)

    In der aktuellen S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin wird explizit auf Oxytocin sub partu eingegangen: »Die Kombination von frühzeitiger Amniotomie und Applikation von Oxytocin soll nicht routinemäßig angewendet werden« (AWMF, 2020, Empfehlung 7.37, S. 117). Zudem wird empfohlen: »Die Gebärende sollte darüber informiert werden, dass Oxytocin die Frequenz und Stärke der Wehen steigert, und dass dies zu einer kontinuierlichen Überwachung führt. Eine Periduralanästhesie sollte vor der Oxytocin-Gabe angeboten werden.« (AWMF, 2020, Empfehlung 7.45, S. 120). Auch auf die Dosierung wird Bezug genommen: »Wenn Oxytocin gegeben wird, sollen die Zeitabstände zwischen den einzelnen Dosissteigerungen nicht kürzer als alle 30 Minuten sein. Die Oxytocin-Dosis sollte so lange erhöht werden, bis 4–5 Kontraktionen pro 10 Minuten auftreten.« (Empfehlung 7.46, S. 120)

     

    Komplexe Literaturrecherche

     

    Die aktuelle europäische Leitlinie zum Einsatz von künstlich hergestelltem Oxytocin zur Unterstützung der Wehentätigkeit während der Geburt und der Geburtseinleitung beruht auf einer sorgfältigen Literaturrecherche zu einem komplexen Problem in der geburtshilflichen Praxis: Wann und wie sollte künstlich hergestelltes Oxytocin sub partu angewendet werden? Die klaren Vorgaben für den Einsatz in der Praxis lassen sich darin zusammenfassen, dass ein unreflektierter und übermäßiger Einsatz vermieden werden sollte.

    Die Leitlinie bringt klar zum Ausdruck, dass es sich beim Einsatz des geburtshilflich wirksamen Hormons Oxytocin um ein Medikament handelt, das nur wohl überlegt eingesetzt werden sollte. Beim Einsatz künstlich hergestellten Oxytocins in der geburtshilflichen Praxis handelt es sich nicht um eine Intervention, die routinemäßig durchgeführt werden sollte, weil diese weitreichende Konsequenzen für die Gesundheit von Mutter und Kind haben kann – gerade bei Frauen mit einer Uterusnarbe.

     

    Fazit

     

    Es wird deutlich: Ein umfassender, vorausschauender und achtsamer Blick auf die intrapartale Gabe künstlich hergestellten Oxytocins ist in einer evidenzbasierten geburtshilflichen Betreuung nicht nur notwendig, sondern unerlässlich. Die aktuelle europäische Leitlinie zum Einsatz von künstlich hergestelltem Oxytocin zur Unterstützung der Wehentätigkeit und der Geburtseinleitung stellt eine große Bereicherung dar. Sie kann als klare und richtungsweisende geburtshilflich relevante Publikation begrüßt werden.

    Rubrik: Ausgabe 06/2022

    Erscheinungsdatum: 23.05.2022

    Literatur

    ACOG. Bulletin No 107. Induction of labor. Obstet Gynecol 2009. 114, 386–397.

    AWMF/Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (2020). S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin. AWMF-Register Nr. 015/083. Stand: 22.12.2020. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-083l_S3_Vaginale-Geburt-am-Termin_2021-03.pdf

    Ayres-de-Campos, D., Spong, C.Y., Chandraharan, E., Panel FIFMEC (2015). FIGO consensus guidelines on intrapartum fetal monitoring: Cardiotocography. Int J Gynaecol Obstet, 131, 13–24.

    Cahill, A.G., Stamilio, D.M., Odibo, A.O., Peipert, J.F., Stevens, E.J., Macones, G.A.: Does a maximum dose of oxytocin affect risk for uterine rupture in candidates for vaginal birth after cesarean delivery? Am J Obstet Gynecol 2007, 197, 495 e1–5.

    Daly, D., Minnie, K.C.S., Blignaut, A., Blix, E., Vika Nilsen, A.B., Dencker, A., Beeckman, K., Gross, M.M., Pehlke-Milde, J., Grylka-Baeschlin, S., Koenig-Bachmann, M., ... &...

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