Heilige Katharina von Sienna

Ein Beispiel für Fertilität im Mittelalter

  • Geburtsbegleitung im 14. Jahrhundert.

  • Die heilige Katharina von Sienna wurde am 25. März 1347 zusammen mit ihrer Zwillingsschwester als 23. von insgesamt 25 Kindern ihrer 40-jährigen Mutter Lapa Piagenti geboren. Diese außergewöhnliche Fruchtbarkeit wird oft als Maßstab für die Geburtenfolgen dieser Zeit angesehen. Frühe Hochzeiten und fehlende Verhütung gelten als Erklärung für große Geburtenzahlen. Nach Untersuchung der Faktenlage stellte Lapa Piagenti jedoch eine Ausnahme dar – damals wie heute.

    Im Durchschnitt wurden die Frauen zu dieser Zeit im Alter von 25 bis 26 Jahren verheiratet und ihre Partner waren 27 bis 28 Jahre alt. Selbst die Menarche setzte aufgrund der damaligen Lebensbedingungen erst um das 17. bis 18. Lebensjahr ein. Auch wenn die Frauen viele Schwangerschaften empfingen, war doch die Chance ein Kind zu gebären nicht größer als 50 %. Frauen bemerkten ihre Schwangerschaften meist erst mit den ersten Kindsbewegungen. Damit wurde dem Kind überhaupt erst die Exstenz seiner Seele zugestanden.
    Dieses Verständnis änderte sich erst im 19. Jahrhundert, als Papst Pius IX. verkündete, dass die Seelen bei der Empfängnis in den Embryo eintraten. Ohne eine Seele war der Fetus nicht wirklich ein "Mensch". Es war eine menschliche Homunkulus- oder Miniaturform, die in Vorbereitung auf die Entstehung seiner Seele wuchs. Es gab sogar Zweifel, ob ein Fetus vor den ersten Bewegungen als "lebendig" angesehen werden konnte.
    Im Laufe ihres Lebens hatten die meisten Frauen durchschnittlich sechs oder sieben ausgetragene Schwangerschaften und Geburten. Das bedeutet, dass Frauen, die 10, 15, oder 20 Geburten hatten, weit außerhalb der reproduktiven Norm lagen. Und es gab auch immer schon Paare, die ungewünscht kinderlos blieben.
    Als die Mutter der Heiligen Katharina, Lapa Piagenti, ihr letztes Kind zur Welt brachte, war sie bereits Mitte 40. Mehr als die Hälfte ihrer Kinder überlebte die Säuglingszeit oder Kindheit nicht.


    Quelle: Kramer Kyra Medieval Fertility Rates. http://www.kyrackramer.com/?s=Kramer+Kyra+Medieval+Fertility+Rates. 28.3.2019. Cressy D: Birth, Marriage, and Death. Oxford University Press. 1997 DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 15.04.2019