Prospektive Beobachtungsstudie aus den USA

Erhöht die Sectio das Adipositas-Risiko fürs Kind?

  • Die Vielfalt der Darmflora ist nach Kaiserschnitt geringer. Dies könnte die Resorption von Nährstoffen aus dem Darm erhöhen und im späteren Leben zu Adipositas führen.

  • Kinder, die per Kaiserschnitt geboren werden, sind im Kindes- und Teen­ageralter häufiger fettleibig. Dies geht aus einer prospektiven Beobachtungsstudie in JAMA Pediatrics hervor. Die Erklärung könnte der fehlende Einfluss der vaginalen Geburt auf die Darmflora des Kindes sein. Die Vielfalt der Darmflora ist nach Kaiserschnitt geringer. Dies könnte, so die Theorie, die Resorption von Nährstoffen aus dem Darm erhöhen. Eine mögliche Folge ist ein späteres Übergewicht oder Fettleibigkeit.

    Eine mögliche Bestätigung liefert jetzt eine Auswertung der „Growing Up Today Study“ (GUTS). Es handelt sich um eine große prospektive Studie an 22.068 Kindern von 15.271 Frauen, die im Verlauf der Jahre in Fragebögen Auskunft über zahlreiche Eigenschaften gemacht haben, die als konkurrierende Risikofaktoren infrage kommen. Dazu gehört beispielsweise das Gewicht der Mutter vor der Schwangerschaft oder die Dauer des Stillens nach der Geburt, die in anderen Untersuchungen ebenfalls das Adipositas-Risiko des Kindes beeinflusst haben.

    Laut Jorge Chavarro von Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston ist GUTS durch Größe und Umfang am ehesten in der Lage, die Frage nach dem Einfluss des Geburtsmodus auf das Adipositas-Risiko zu beantworten. Die jetzt vorstellten Ergebnisse bestätigen frühere Studien und zwei Meta-Analysen, die einen Anstieg des Adipositas-Risikos um 22 Prozent ermittelt hatten.

    Chavarro kommt auf eine Risikorate von 1,30, die nach der Berücksichtigung von anderen möglichen Auslösern auf 1,15 sinkt. Das Risiko wäre demnach etwas geringer als bisher angenommen, aber - wenn das 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,06 bis 1,26 nicht täuscht – real. Es scheint mit der Zeit abzunehmen: Für Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren war das Risiko um 23 Prozent erhöht. In der Altersgruppe zwischen 13 und 18 Jahren ist es noch um 16 Prozent und im Alter von 19 bis 28 Jahren noch um 10 Prozent erhöht. Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich die Mikrobiome im Laufe des Lebens angleichen.

    Die Studie liefert weitere Argumente für die Forderung, den Kaiserschnitt nicht allein aufgrund des Wunsches der Schwangeren durchzuführen: Kinder, die ohne medizi­nische Indikation per Kaiserschnitt geboren wurden, hatten ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko auf eine spätere Adipositas. Auch bei Frauen, die bereits einen Kaiserschnitt hatten, sollte die Indikation im Interesse der weiteren Kinder streng gestellt werden. Die Kinder, die nach einem früheren Kaiserschnitt der Mutter vaginal entbunden wurden, hatten ein um 31 Prozent niedrigeres Adipositasrisiko als Kinder von Frauen mit einem wiederholten Kaiserschnitt.

    (Yuan Ch et al.: Association Between Cesarean Birth and Risk of Obesity in Offspring in Childhood, Adolescence, and Early Adulthood. JAMA Pediatr. Published online September 06, 2016. http://archpedi.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=2548440/aerzteblatt.de, 7.9.2016/DHZ)

     

     

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 09.09.2016