Fast die Hälfte aller Schwangerschaften ist ungewollt
Knapp die Hälfte aller Schwangerschaften weltweit sind nach einem neuen UN-Bericht ungewollt. Und von den 121 Millionen ungewollten Schwangerschaften pro Jahr werden demnach mehr als 60 % abgebrochen – die Hälfte davon unter unsicheren Bedingungen, wie der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) berichtet.
Hauptursachen für die ungewollten Schwangerschaften seien die Benachteiligung der Frauen, Armut, sexuelle Gewalt und mangelnder Zugang zu Verhütungsmitteln. Der UNFPA-Bericht stützt sich auf neue Daten des Guttmacher-Instituts aus 150 Ländern zwischen 2015 und 2019. Die Autor:innen des Berichts warnten, dass Konflikte wie der Ukraine-Krieg die Zahl ungewollter Schwangerschaften in »schwindelerregende« Höhen treibe, da die sexuelle Gewalt zunehme und der Zugang zu Verhütungsmitteln eingeschränkt sei.
UNFPA-Direktorin Natalia Kanem berichtete bei der Vorstellung des Berichts von Fällen schwangerer Frauen in der Ukraine, »die wussten, dass sie ernährungstechnisch nicht in der Lage sein würden, ihre Schwangerschaft durchzuhalten«. Es gebe auch Beispiele von Kriminellen, »die die Tragödie des Krieges als eine Gelegenheit sehen, Frauen und Mädchen ins Visier zu nehmen«.
Studien zufolge erleben mehr als 20 % der vertriebenen Frauen weltweit sexuelle Gewalt. Kanem warnte, dass die Zahlen wegen des mit der Gewalt verbundenen sozialen Stigmas vermutlich zu niedrig seien.
Sie schätzte, dass allein der Konflikt in Afghanistan bis 2025 voraussichtlich zu 4,8 Millionen ungewollten Schwangerschaften führen wird. Auch die Coronakrise hatte UNFPA zufolge allein im ersten Jahr der Pandemie zu bis zu 1,4 Millionen ungewollten Schwangerschaften geführt.
Jedes Jahr müssten demnach sieben Millionen Frauen nach unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Diese seien eine der Hauptursachen für den Tod von Müttern.
Die türkische Ärztin Ayse Akin berichtete bei der Vorstellung des Berichts, dass sie »verzweifelte Frauen« behandelt habe, die versucht hätten, mit »Stricknadeln« und »Streichhölzern« abzutreiben.
Quelle: aerzteblatt.de, 30.3.2022 ∙ DHZ