Aufbau der Darmflora bei Kindern nach Sectio

Gabe von maternalem Stuhl mit der Muttermilch?

  • Die Gabe von maternalem Stuhl mit der ersten Muttermilch könnte helfen, das Darmmikrobiom des Kindes nach einer Sectio aufzubauen.

  • Kinder werden keimfrei geboren. Doch kommt es bereits in den ersten Wochen zu einer Besiedlung der Körperoberflächen und des Darms mit Bakterien und anderen Mikro­organismen. Die „Starterkulturen“ kommen nach einer natürlichen Geburt aus der Vagina. Wegen der Nähe zum Anus sind häufig auch Darmbakterien darunter.

    Bei einer Geburt per Kaiserschnitt setzt die natürliche Besiedlung des Darms verzögert ein. Die Vielfalt ist vermindert. Die Verabreichung von Bakterien von der Haut oder aus der Vaginalflüssigkeit konnte die Störung nur teilweise verhindern.

    Ein Team um Willem de Vos von der Universität Helsinki griff deshalb zu einer drastische­ren Maßnahme. Die PädiaterInnen luden 17 Schwangere, bei denen ein Kaiserschnitt geplant war, drei Wochen vor der Geburt zur Abgabe einer Stuhlprobe ein. Diese sollte einge­froren und am Morgen der Geburt aufgetaut werden, um sie den Neugeborenen innerhalb von zwei Stunden mit der ersten Milchmahlzeit zu verabreichen.

    Die frühzeitige Abgabe der Stuhlprobe war notwendig, weil die ForscherInnen zunächst untersuchen wollten, ob sie die für eine Stuhltransplantation empfohlenen Bakterien enthielt. Die Stuhlproben wurden außerdem auf Krankheitskeime untersucht.

    Die geplante Behandlung konnte bei 7 der 17 Schwangeren durchgeführt werden, da die anderen Risikofaktoren, wie etwa ein positiver Test auf B-Streptokokken, mit sich brachten.

    Dass die mikrobiologische Kontrolle der Stuhlprobe wichtig ist, zeigte sich nach der Gabe von 3,5 mg oder 7,0 mg einer verdünnten Stuhlprobe mit der ersten Muttermilch. Bei einem der sieben Neugeborenen kam es zu einem deutlichen Anstieg des C-reaktiven Proteins. Das Neugeborene blieb allerdings symptomfrei und das C-reaktive Protein war bei der ersten Kontrolle am nächsten Tag wieder gefallen. Dennoch bleibt der fäkale Mikrobiomtransfer bei Säuglingen, die noch nicht mit Keimen besiedelt werden, riskant und de Vos rät keineswegs dazu, die Behandlung schon jetzt in der Klinik durchzuführen.

    Die Stuhltransplantation erreichte allerdings ihr Ziel. Die mit der ersten Milchmahlzeit übertragenen Darmbakterien etablierten in den drei Wochen eine Darmflora, die weitge­hend mit der bei der Mutter übereinstimmte. Pathogene Bakterien konnten sich bei den behandelten Säuglingen nicht festsetzen. Die Entwicklung des Mikrobioms war laut de Vos günstiger als nach der Übertragung von vaginalen Bakterien, deren Ergebnisse aus früheren Studien die Forscher auswerteten

    Ob sich die Behandlung günstig auf die spätere Gesundheit auswirkt, lässt sich ange­sichts der kleinen Fallzahl, einer fehlenden randomisierten Vergleichsgruppe und der kurzen Nachbeobachtungszeit nicht beurteilen.

    Quelle: de Vos M et al.: Maternal Fecal Microbiota Transplantation in Cesarean-Born Infants Rapidly Restores Normal Gut Microbial Development: A Proof-of-Concept Study. Cell 2020. Doi: https://doi.org/10.1016/j.cell.2020.08.047 · aerzteblatt.de, 5.10.2020 · DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 06.10.2020