Querschnittsstudie aus Spanien

Gewichtszunahme in der Schwangerenberatung thematisieren

  • Hebammen sollten gerade bei Frauen mit gesundem Body Mass Index vor der Schwangerschaft wachsam sein, da diese Schwangeren häufig zu wenig Gewicht zunehmen.

  • Die Beurteilung der Gewichtszunahme während einer Schwangerschaft stellt eine wichtige Aufgabe im Bereich der evidenzbasierten Betreuung schwangerer Frauen dar: Sowohl eine unzureichende als auch eine übermäßige Gewichtszunahme sollten in dieser Zeit vermieden werden.

    Zwischen März und September 2019 wurde eine retrospektive Querschnittsstudie anhand einer Befragung mit Hilfe eines Fragebogens in einem tertiären Krankenhaus in Spanien (Sevilla) durchgeführt. Das Ziel bestand darin, die Prävalenz einer ungesunden Gewichtszunahme während der Schwangerschaft, das Wissen der Frauen über Empfehlungen, Erwartungen, Überzeugungen sowie die Beratung und Informationen von Hebammen zu evaluieren. Hierbei lag der Fokus darauf, potenzielle Faktoren zu identifizieren, die dazu beitragen, dass eine gesunde Gewichtszunahme erfolgt.

    Evaluiert wurden im Rahmen einer deskriptiven, bivariaten und multivariaten Analyse die Daten von 409 Frauen nach der 37. Schwangerschaftswoche mit einer Einlingsschwangerschaft.

    Die Ergebnisse zeigten auf, dass sowohl eine unzureichende als auch eine übermäßige Gewichtszunahme häufig auftrat. Eine unzureichende Gewichtszunahme während der Schwangerschaft trat bei 33,4 % der Frauen auf. Die Kenntnis über die Empfehlungen zur gesunden Gewichtszunahme während der Schwangerschaft wirkte dabei protektiv hinsichtlich einer unzureichenden Gewichtszunahme. Gleichzeitig hatten Frauen, die dachten sie befänden sich im Bereich einer gesunden Gewichtszunahme, ein höheres Risiko, sich letztlich doch im Bereich einer unzureichenden und damit ungesunden Gewichtsentwicklung zu befinden.

    Eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft trat bei 33,9 % der Frauen auf. Das multivariate Modell für eine übermäßige Gewichtszunahme in der Schwangerschaft zeigte, dass der Body Mass Index (BMI) vor der Schwangerschaft einen Risikofaktor darstellte: 75 % dieser Frauen hatten bereits Übergewicht oder Adipositas vor Eintritt der Schwangerschaft. Bewegung und die Einstellung, dass die eigene Gewichtszunahme gesund sei, wirkten protektiv einer übermäßigen Gewichtszunahme entgegen.  

    Die Ergebnisse zeigten auf, dass Frauen mit Informationen hinsichtlich einer gesunden Gewichtszunahme während der Schwangerschaft signifikant häufiger eine gesunde Gewichtszunahme während der Schwangerschaft hatten als Frauen ohne diesen Hintergrund. Auffallend war, dass die eigene Einschätzung der Frau, sich im Bereich einer gesunden Gewichtszunahme zu befinden, ein Risiko darstellte, eine unzureichende Gewichtszunahme zu haben, und gleichzeitig protektiv wirkte, eine übermäßige Gewichtszunahme zu entwickeln: Frauen mit unzureichender Gewichtszuname scheinen häufig ihre eigene Gewichtszuname als gesund einzuschätzen und sich trotzdem im Bereich einer ungesunden Gewichtszunahme zu befinden.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass eine ungesunde Gewichtszunahme während der Schwangerschaft weit verbreitet ist. Dies umfasst sowohl die unzureichende wie auch die übermäßige Gewichtszunahme. Beide Formen der ungesunden Gewichtszunahme sollten beachtet und angemessen betreut werden, beispielsweise in Form von Beratungsgesprächen im Rahmen einer Einzelbetreuung oder von Geburtsvorbereitungskursen. Hebammen sollten gerade bei Frauen mit gesundem Body-Mass Index vor der Schwangerschaft wachsam sein, da diese Frauen häufig mit dem Problem einer unzureichenden Gewichtszuname konfrontiert sind, obwohl sie ihre eigene Gewichtsentwicklung selbst als physiologisch einschätzen.

    Quelle: Arnedillo-Sánchez, S., De la Osa R. M.-R., Arnedillo-Sánchez, I. (2022). Unhealthy gestational weight gain: Are we neglecting inadequate gestational weight gain? Midwifery, 107. https://doi.org/10.1016/j.midw.2022.103277 ∙ DHZ

     

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 02.06.2022