Jugendamt verwehrt schwerbehindertem Säugling das Recht auf familiäre Unterbringung
Für einen schwerstbehinderten, fünf Monate alten Säugling hat das Jugendamt Halle an der Saale entschieden, dass er in einem Heim statt in einer Pflegefamilie aufwachsen soll. Die bereits angebahnte Vermittlung durch den sehr engagierten Pflegekinderdienst des betreffenden Jugendamtes in eine Familie wurde kurzfristig wenige Tage vor der Übergabe durch den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) abgesagt. Über die Vermittlungshilfe des Bundesverbands behinderter Pflegekinder e.V. (BbP) und den freien Träger Pfiff Hamburg war bereits eine Pflegestelle gefunden und zugesagt worden.
Die Pflegefamilie habe alle Voraussetzungen zur Aufnahme eines behinderten Kindes erfüllt. Aus Sicht der Befürworter wäre diese sowohl aus fachlichen als auch aus emotionalen Gesichtspunkten die bessere Wahl für diesen Säugling gewesen. Die leibliche Mutter halte keinen persönlichen Kontakt zum Kind. Deshalb kritisieren der BbP und Pfiff die Entscheidung des Jugendamtes Halle (hier ASD) als sozialpädagogisch wie rechtlich falsch.
Das Jugendamt Halle hat die Entscheidung inhaltlich nicht begründet. Weder der BbP noch Pfiff können sie nachvollziehen. Waltraud Timmermann, stellvertretende Vorsitzende des BbP betont: „Die Stadt Halle an der Saale hat sich im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention disqualifiziert. Gemäß Artikel 23 sind unsere Regierung und gerade die Jugendämter verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um für Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, Möglichkeiten zu schaffen, damit diese in einem familiären Umfeld leben können. Im SGB XII § 54 Abs. 3 sind das Recht und die Pflicht zur vorrangigen ambulanten familiären Unterbringung eindeutig geregelt.“
(Gemeinsame Pressemitteilung BbP und Pfiff, 17.11.2014; Deutschen Liga für das Kind, 18.11.2014)