Kann das GDM-Screening Totgeburten verhindern?

In Österreich konnte die Einführung eines universellen GDM-Screenings unter Schwangeren, die kein erhöhtes GDM-Risiko mitbrachten, die Rate an Totgeburten nicht senken.
Ein unbehandelter Schwangerschaftsdiabetes (GDM) kann zu unerwünschten perinatalen Folgen und einem erhöhten antepartalen Totgeburtsrisiko beitragen. Daher wird empfohlen, während der Schwangerschaft ein GDM-Screening durchzuführen.
In Österreich wurde im Jahr 2011 ein universelles GDM-Screening mit Hilfe eines 75g oralen Glucosetoleranztests (oGTT) eingeführt. Um den Effekt dieser Maßnahme in Österreich zu evaluieren, wurde eine bevölkerungsbasierte Studie durchgeführt: Welche Auswirkungen zeigt das GDM-Screening auf die Rate antepartaler Totgeburten bei unauffälligen Schwangerschaftsverläufen?
Hierzu wurden Daten des österreichischen Geburtenregisters für den Zeitraum 2008–2019 untersucht. Eingeschlossen wurden Frauen mit einer Einlings-/Lebendgeburt oder einer antepartalen Totgeburt >/= 24 Schwangerschaftswochen. Ausgeschlossen wurden Totgeburten aufgrund angeborener fetaler Fehlbildungen, Entscheidungen zum Abbruch einer Schwangerschaft und Gebärende mit vorbestehendem Diabetes Typ 1 oder Typ 2.
Die Rate an Totgeburten wurde bei Frauen mit erhöhtem GDM-Risiko (BMI >30, Zustand nach IUFT, Makrosomie des Kindes) und Frauen ohne erhöhtes GDM-Risiko für zwei Zeiträume errechnet, die vor oder nach der Einführung des universellen GDM-Screenings lagen: Geburten zwischen 2008–2010 vor Einführung des universellen GDM-Screenings (Zeitraum I) sowie Geburten zwischen 2011–2019 nach Einführung des universellen GDM-Screenings (Zeitraum II). Berücksichtigt wurden insgesamt 940.373 Geburten. Diese umfassten 2.579 antepartale Totgeburten.
Es zeigte sich, dass nach Einführung des GDM-Screenings die Rate antenataler Totgeburten unter den Frauen mit erhöhtem GDM-Risiko signifikant gesenkt wurde (4,1 Promille in Zeitraum I im Vergleich zu 2,96 Promille im Zeitraum II). Keine signifikante Senkung der antenatalen Totgeburten konnte bei Frauen ohne erhöhtes GDM-Risiko festgestellt werden. Hier lag der Anteil an antenatalen Totgeburten bei 2,76 Promille in Phase I und 2,74 Promille in Phase II.
Die Autor:innen errechneten aus ihren Daten, dass bei Frauen mit erhöhtem GDM-Risiko ein oGTT-Screening von 880 Frauen erforderlich ist, um eine antepartale Totgeburt zu verhindern. Bei Frauen ohne erhöhtes GDM-Risiko müssen 40.000 Screenings durchgeführt werden, um einen antepartalen Todesfall aufgrund GDM zu verhindern.
Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Daten, dass die Einführung eines universellen GDM-Screenings in Österreich im Jahr 2011 unter Frauen ohne ein erhöhtes GDM-Risiko zu keiner signifikanten Reduktion pränataler Totgeburten geführt hat. Sie empfehlen weitere Forschung, um die Auswirkungen eines universellen GDM-Screenings während der Schwangerschaft weiter zu erforschen.
Quelle: Muin DA et al. : Universal gestational diabetes screening and antepartum stillbirth rates in Austria-A population-based study. Acta Obstet Gynecol Scand 2022. DOI: 10.1111/aogs.14334 ∙ DHZ