Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Kündigung nach Kirchenaustritt gültig?

  • Ein katholisches Krankenhaus kündigte einer Hebamme, nachdem sie aus der Kirche ausgetreten war. Der Fall soll nun vor dem EuGH entschieden werden.

  • Muss ein katholisches Krankenhaus eine Hebamme weiterbeschäftigten, die wegen der Missbrauchsskandale aus der katholischen Kirche ausgetreten ist? Darüber sollte Ende Juli das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entscheiden. Das BAG legte den Fall jedoch zunächst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

    Die Hebamme ist seit 1994 tätig. Die ersten 20 Jahre war sie beim katholischen St. Johannes-Hospital in Dortmund beschäftigt, bis sie sich 2014 selbstständig machte. 2019 kehrte sie jedoch ins Johannes-Hospital zurück. Allerdings war sie in der Zwischenzeit aus der katholischen Kirche ausgetreten. Grund war für sie die Flut an Missbrauchsfällen in der Kirche. Sie habe sich als Hebamme schließlich dem Kinderschutz verschrieben.

    Sie hatte im Personalfragebogen bei der Wiedereinstellung zwar ordnungsgemäß angegeben, dass sie nicht mehr Mitglied der Kirche ist, doch beim Arbeitgeber fiel das zunächst nicht auf. Erst nach einigen Tagen kamen Nachfragen, ob sie nicht wieder in die Kirche eintreten könne. Doch die Hebamme lehnte unter Verweis auf die aus ihrer Sicht unzureichende Aufklärung der kirchlichen Missbrauchsfälle ab. Deshalb kündigte das Krankenhaus ihr noch in der Probezeit.

    Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm erklärte im September 2020 die Kündigung der Hebamme für rechtmäßig. Es sei eine »berufliche Anforderung« an Hebammen in einem katholischen Krankenhaus, dass sie nicht aus der Kirche ausgetreten sind. Während Mitarbeiter:innen, die noch nie Mitglied der katholischen Kirche waren, dieser tendenziell »gleichgültig« gegenüberstehen, lehne eine Hebamme, die aus der katholischen Kirche austritt, diese ausdrücklich ab. Auch »berechtigte Kritik an Missständen« könne den Kirchenaustritt nicht rechtfertigen, so das LAG Hamm.

    Gegen dieses Urteil des LAG Hamm ging die Hebamme in Revision zum Bundesarbeitsgericht.  Dieses verzichtete zunächst auf ein Urteil und legte den Fall dem EuGH vor. Der EuGH soll entscheiden, ob das EU-Gleichbehandlungsrecht der Kirche erlaubt, eine Person allein deshalb als »ungeeignet« abzulehnen, weil sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses aus der Kirche ausgetreten ist.

    Quelle: taz.de, o.D., 2022 ∙ DHZ

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 02.08.2022