Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR)

Leitlinie für mehr Freiheit bei der Embryonenforschung

  • In ihrer neuen Leitlinie plädiert die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) dafür, aus menschlichen Stammzellen hergestellte Embryonen länger als 14 Tage im Labor kultivieren zu dürfen.

  • Die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) plädiert dafür, aus menschlichen Stammzellen hergestellte Embryonen künftig länger als 14 Tage im Labor kultivieren zu dürfen. In einer neuen Leitlinie der Gesellschaft heißt es, Forscher:innen sollten künftig Embryonenmodelle so lange im Labor kultivieren dürfen, wie es einem Forschungszweck dient – allerdings nur nach individueller Prüfung. In der letzten Version der Leitlinie aus dem Jahr 2016 galt das Überschreiten der 14-Tage-Regel noch als »unzulässige Forschungsaktivität« (»prohibited activities«). Seitdem habe die Forschung aber große Fortschritte erzielt – sowohl bei der Kultivierung menschlicher Embryonen als auch etwa bei der Schaffung von Embryonen aus Stammzellen, begründet die elfköpfige Arbeitsgruppe die Neuauflage der Leitlinie
    »Das Komitee erkennt zwar an, dass die Kultivierung eines menschlichen Embryos über 14 Tage hinaus in vielen Rechtssystemen durch Gesetze oder Regeln untersagt ist, glaubt aber, dass ein pauschales Verbot in diesem Bereich wichtige Forschungsausrichtungen behindern könnte«, schreibt die Arbeitsgruppe.

    Jedes Forschungsprojekt solle individuell begutachtet und bewertet werden. Dabei geht es insbesondere um den Grad der Integration eines Embryonenmodells – also, ob es alle zur weiteren Reifung erforderlichen Merkmale ausbildet oder nicht. Demnach soll etwa der Transfer eines Embryos in die Gebärmutter eines Menschen oder Tieres weiterhin verboten bleiben.

    Als Reaktion auf die neue Leitlinie sagte Thomas Zwaka von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York: »Zellkulturmodelle jenseits der 14-Tage-Regelung sind essenziell für unser Verständnis der menschlichen Entwicklung, da einige der wichtigsten Entwicklungsschritte erst nach dieser Periode stattfinden. Außerdem wird immer klarer, dass die Grundlage vieler ernster Entwicklungsstörungen mit den erweiterten Modellen erfasst werden kann.« Embryonenmodelle seien nur Modelle der menschlichen Entwicklung, es handele sich nicht um »echtes menschliches Leben«, so Zwaka weiter. Neue Richtlinien seien ohnehin hinfällig, da viele Forscher:innen die Grenzen des Möglichen seit Jahren aggressiv erweitert hätten.

    Auch die Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften hatten dafür plädiert, das restriktive deutsche Embryonenschutzgesetz zu lockern, um Forschung an Embryonen für hochrangige medizinische Ziele in engen Grenzen zu ermöglichen.

    Quelle: aerzteblatt.de, 26.5.2021DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 28.05.2021