Studie aus Finnland

Mehr Ausbildung in Sexualmedizin erwünscht

  • Sowohl Hebammen als auch Mediziner:innen äußern einen Bedarf, verstärkt in Sexualmedizin ausgebildet zu werden.

  • Gesundheitsprobleme im sexuellen Bereich betreffen sowohl den Tätigkeitsbereich von Hebammen als auch von Ärzt:innen. Das Ziel einer finnischen Studie bestand darin, die sexualmedizinsche Ausbildung bei Studierenden der Hebammenwissenschaften und der Medizin im letzten Studienjahr zu evaluieren: Wie werden sexuelle Gesundheitsprobleme thematisiert? Welche Hemmschwellen und Barrieren liegen berufsgruppenspezifisch vor?

    Durchgeführt wurde eine webbasierte Studie unter finnischen Studierenden der Hebammenwissenschaften (n=131) und Medizin (n=233), die zwischen Dezember 2018 und Mai 2019 ihren Abschluss machten. Sie wurden zur Selbsteinschätzung ihrer Kompetenz sowie Problemen während der Diskussion um den Themenkomplex der sexuellen Gesundheit befragt.

    Die selbstberichtete Kompetenz umfasste, dass den Studierenden die Erörterung sexueller Gesundheitsprobleme leichter als die Behandlung fiel. Dabei unterschieden sich die Probleme während der Diskussion sexueller Gesundheitsthemen unter Studierenden der Hebammenwissenschaften im Vergleich zu Studierenden der Medizin.

    So benannten Studierende der Hebammenwissenschaften die größten Barrieren in einer mangelnden Erfahrung mit der Sexualmedizin (73,3 %), einer unterschwelligen Angst, nicht adäquat auf sexuelle Gesundheitsprobleme der Patientinnen reagieren zu können (64,9 %) sowie mangelndem Wissen (62,5 %).

    Für Studierende der Medizin stellte der Mangel an Zeit das Haupthindernis dar, sexuelle Gesundheitsthemen zu diskutieren: Dies wurde von 89,2 % aller Befragten zum Ausdruck gebracht, gefolgt von mangelnden Erfahrungen (88,1 %) sowie mangelndem Wissen (82,1%).

    Fast die Hälfte aller Studierenden der Hebammenwissenschaften (45 %) sowie die Mehrheit der Studierenden der Medizin (76,5 %) empfanden einen Mangel an Ausbildung im sexualmedizinischen Bereich. Im Vergleich der Interessensverteilung an einer besseren sexualmedizinischen Ausbildung war das Interesse daran bei den Studierenden der Hebammenwissenschaften mit 96,2% jedoch deutlich höher ausgeprägt als bei Medizinstudent:innen mit 55.4%.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass sich sowohl Studierende der Hebammenwissenschaften als auch der Medizin als kompetent einschätzen, sexuelle Gesundheitsprobleme mit ihren Patient:innen zu diskutieren. Dabei liegen jedoch verschiedene Hindernisse vor, die sich zum Teil bei Studierenden der Hebammenwissenschaften im Vergleich zu Studierenden der Medizin unterscheiden. Beide Berufsgruppen bringen einen Bedarf an einer inhaltlich umfassenderen Ausbildung im Bereich der Sexualmedizin zum Ausdruck. Die Autor:innen empfehlen eine Verankerung sexualmedizinischer Inhalte in den Lehrplänen beider Berufsgruppen, heben dabei jedoch besonders die Notwendigkeit bei den Medizinstudent:innen hervor.

    Quelle: Manninen, S. M., Kero, K., Riskumaki, M., Vahlberg, T. & Polo-Kantola, P. (2022). Medical and midwifery students need increased sexual medicine education to overcome barriers hindering bringing up sexual health issues - A national study of final-year medical and midwifery students in Finland. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol, 279, 112-117. https://doi.org/10.1016/j.ejogrb.2022.10.021 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

     

    Rubrik: Aus- und Weiterbildung

    Erscheinungsdatum: 03.01.2023