Niederlande

Mehr Hausgeburten während der Corona-Pandemie

  • Während der Coronapandemie war die Rate an Hausgeburten in den Niederlanden höher als vor der Pandemie.

  • Weltweit beeinflusst das Corona-Virus Gesundheitssysteme seit dem Jahr 2019. Auch im Bereich der Geburtshilfe wurden persönliche Kontakte gemieden und Konsequenzen getroffen: So war in vielen geburtshilflichen Einrichtungen die Anwesenheit einer Begleitperson nicht erlaubt. In den Niederlanden wurde die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen von 13 auf 7 reduziert und schwangere Frauen wurden gebeten, die Vorsorgeuntersuchungen allein wahrzunehmen.  Welche Auswirkungen hatten die durchgeführten coronabedingte Maßnahmen im Bereich der Geburtshilfe?

    Das Ziel einer niederländischen Studie bestand darin, Schwangerschaftsverläufe und geburtshilfliche Outcome-Parameter bei Frauen vor und während der Corona-Pandemie zu vergleichen. Die Daten wurden dem geburtshilflichen niederländischen Datenpool (Verloskundige Casusregistratie Systeem: VeCas) entnommen. Im Rahme der Studie wurden Daten des Zeitraums 01.03.2020-03.08.2020 (während der ersten Monate der Corona-Pandemie) mit den Daten des gleichen Zeitraums des Vorjahres (01.03.2019-03.08.2019) verglichen.

    Eingeschlossen wurden 5.924 Low-risk Gebärende. 50,1 % (n= 2.963) waren davon während und 49,9 % (n= 2.950) vor der Corona-Pandemie schwanger. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmerinnen betrug 31,4 Jahre.

    Während der Corona-Pandemie hatten signifikant mehr Frauen als im Vergleichsjahr den Wunsch nach einer Hausgeburt. So betrug der Wunsch nach einer Hausgeburt bei erstgebärenden Frauen 24,8 % im Jahr 2020 und 20,2 % im Jahr 2019. Bei mehrgebärenden Frauen lag er bei 27,1 % im Jahr 2020 und bei 24,9 % im Jahr 2019. Insgesamt beendeten 23,8 % der Frauen im Jahr 2020 im Vergleich zu 20,1 % der Frauen im Jahr 2019 die Hausgeburt wie geplant. Dabei lag eine statistische Signifikanz bei mehrgebärenden Frauen vor: 31,0 % im Jahr 2020 im Vergleich zu 26,5 % im Jahr 2019. Bei erstgebärenden Frauen lag keine statistische Signifikanz vor: Im Jahr 2019 beendeten 11,9 % im Vergleich zu 14,8 % im Jahr 2020 die Hausgeburt wie geplant.

    Im Jahr 2020 wurden mehr Schmerzmittel während der Geburt verwendet als im Jahr 2019. Ohne Schmerzmittel brachten während der Corona-Pandemie 73,6 % im Vergleich zu 76,2 % im Jahr 2019 ihr Kind zur Welt. Hierbei lag eine statistische Signifikanz bei erstgebärenden Frauen vor (61,1 % versus 65,4 %).  Weniger Frauen hatten im Jahr 2020 eine Episiotomie als im Jahr 2019. Eine statistische Signifikanz lag bei mehrgebärenden Frauen vor (5 % im Jahr 2020 im Vergleich zu 6,9 % im Jahr 2019). Mehrgebärende Frauen hatten eine höhere Rate and „vermuteten“ kindlichen Wachstumsretardierungen während der Corona-Pandemie, jedoch war die Rate der tatsächlichen kindlichen Wachstumsretardierungen nicht erhöht. Es zeigten sich keine Unterschiede hinsichtlich der Rate an eingeleiteten Geburten und in Bezug auf den Geburtsmodus.

    Die Autor: innen schlussfolgern, dass im Zeitraum während im Vergleich zum Zeitraum vor der Corona-Pandemie (2020 versus 2019) unter low-risk Gebärenden in den Niederlanden die Rate an geplanten und durchgeführten Hausgeburten höher, die Rate an vermuteten kindlichen Wachstumsretardierungen höher sowie die Episiotomierate niedriger war. Sie empfehlen weitere Forschung um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Empfinden von Frauen während Schwangerschaft und Geburt umfassender beurteilen zu können.

    Verhoeven, C. J. M., Boer, J., Kok, M., Nieuwenhuijze, M., DE Jonge, A., Peters, L. L. 2022. More home births during the COVID-19 pandemic in the Netherlands. Birth. doi: 10.1111/birt.12646 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 11.07.2022