Schwedische Analyse der Geburtsregister

Nach kritischer Schwangerschaft kein zweites Kind?

  • Nach schweren Komplikationen bei der ersten Schwangerschaft oder Geburt verlässt viele Frauen der Mut für ein zweites Kind.

  • Frauen, die beim ersten Kind schwere Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt erlitten, bekommen später seltener ein zweites Kind. Das zeigt eine Analyse der schwedischen Geburtsregister im amerikanischen Ärzteblatt Jama.

    Auch in hochentwickelten Ländern mit einer guten Schwangerschaftsvorsorge und modernen Geburtskliniken kann es zu ernsthaften Komplikationen kommen, die die Gesundheit oder sogar das Leben der Schwangeren bedrohen. Von dieser »Severe Maternal Morbidity« (SMM) waren in Schweden von 1999 bis 2021 unter etwa einer Million Erstgebärenden insgesamt 36.790 betroffen.

    Am häufigsten kam es mit 16.904 Fällen zu einer schweren Präeklampsie inklusive HELLP-Syndrom und Eklampsie, gefolgt von 16.114 Fällen mit schweren Blutungen, Sepsis in 1.500 Fällen, schweren psychischen Krisen in 1.243 Fällen, Embolien, disseminierten intravaskuären Koagulationen (DIC), Schock (898 Fälle), chirurgischen Komplikationen (623 Fälle), kardialen Komplikationen (508 Fälle) und zerebrovaskulären Komplikationen (252 Fälle). Bei 138 Frauen gab es anästhesiologische Komplikationen, 166 Schwangere mussten dialysiert und 130 maschinell beatmet werden, bei 32 Schwangerschaften kam es zu einer Ruptur des Uterus.

    All das kann dazu führen, dass Frauen sich gegen ein zweites Kind entscheiden oder dass ihnen davon abgeraten wird, etwa nach einer Ruptur des Uterus.

    Eleni Tsamantioti von der Karolinska Universitätsklinik in Stockholm hat die Daten des nationalen Patientenregisters mit dem schwedischen Geburtsregister abgeglichen. Tatsächlich bekamen Frauen nach einer SMM zu 12 % seltener ein zweites Kind. Die adjustierte Hazard Ratio (aHR) von 0,88 war mit einem 95 %-Konfidenzintervall 0,87 bis 0,89 signifikant.

    Es gab große Unterschiede unter den einzelnen SMM: Nach kardialen Komplikationen (aHR 0,49), einer Uterusruptur (aHR 0,48) oder schweren psychischen Erkrankungen (aHR 0,48) war die Wahrscheinlichkeit auf ein zweites Kind in etwa halbiert. Auch die Erfahrung einer mechanischen Beatmung (aHR 0,57) oder ein zerebrovaskulärer Zwischenfall (aHR 0,60) dürften abschreckend gewirkt haben, ebenso eine zeitweilige Dialyse (aHR 0,65).

    Auch nach einer schweren Eklampsie (aHR 0,86), Embolie/DIC/Schock (aHR 0,87) oder chirurgischen Komplikationen (aHR 0,89) kam es seltener zu einer weiteren Schwangerschaft mit Geburt. Nach schweren Blutungen (aHR 0,94), Sepsis (aHR 0,96) oder Narkosekomplikationen (aHR 0,93) war die Bereitschaft für ein weiters Kind nur leicht vermindert.

    Die Gründe für den Verzicht oder das Ausbleiben einer zweiten Geburt konnte die Studie im Einzelnen nicht klären. Außer bei schweren Uterusrupturen dürfte es kaum medizinische Kontraindikationen geben.

    Bei psychischen Erkrankungen könnten die Nebenwirkungen der Medikamente eine Rolle spielen. Einige setzen die Fertilität herab. Viele Frauen könnte jedoch der Mut verlassen haben. Eine gute Unterstützung und Überwachung in der Schwangerschaftsvorsorge ist daher für Frauen, die während der Schwangerschaft oder Geburt schwere Gesundheitsprobleme erlitten haben, von entscheidender Bedeutung.

    Quelle: Tsamantioti, E., Sandström, A., Lindblad Wollmann, C., Snowden, J. M., & Razaz, N. (2024). Association of Severe Maternal Morbidity With Subsequent Birth. JAMA, e2420957. Advance online publication. https://doi.org/10.1001/jama.2024.20957 ∙ aerzteblatt.de, 27.11.2024/DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 03.12.2024