Entscheidung der EU-Kommission

„Pille danach“ bald auch in Deutschland rezeptfrei erhältlich?

  • Die frühzeitige Einnahme der "Pille danach" wird erleichtert, wenn die Frauen das Mittel auch ohne Rezept in der Apotheke kaufen können - allerdings benötigen sie auch dort eine gute Beratung.

  • Das Bundesgesundheitsministerium will der Entscheidung der EU-Kommission folgen und die „Pille danach“ für den Verkauf in Apotheken freigeben. „Wir werden der Entschei­dung der Kommission folgen und das deutsche Recht für beide Präparate, die derzeit auf dem Markt sind, schnellstmöglich anpassen“, erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am 8. Januar in Berlin.

    Bei den Präparaten handelt es sich um das Präparat EllaOne mit dem Wirkstoff Ulipristal und das Präparat PiDaNa, das auf dem Wirkstoff Levonorgestrel basiert. Ulipristal kann eine Schwangerschaft verhindern, wenn es innerhalb von 120 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Der Wirkstoff ist dann in der Lage, die Ovulation zu verhindern oder zu verzögern. Am zuverlässigsten ist die kontrazeptive Wirkung laut der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), wenn ellaOne innerhalb von 24 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Die frühzeitige Einnahme wird aus Sicht der EMA erleichtert, wenn die Frauen das Mittel auch ohne Rezept in der Apotheke kaufen können. Die Bundesregierung und die Ärzteschaft in Deutschland hatten sich zuvor mehrfach dagegen gewandt, Notfallkontrazeptiva aus der Rezeptpflicht zu entlassen.

    Ziel sei es, auch weiterhin eine gute Beratung für beide Präparate aus einer Hand sicherzustellen, sagte Gröhe. Da diese Beratung nun aufgrund der Brüssler Entschei­dung nicht mehr durch einen Arzt vorgenommen werden müsse, sei eine qualitativ gute Beratung auch in den Apotheken der richtige Weg. Gröhe kündigte an, Frauenärzte, Apotheken sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einzuladen, um gemeinsam Kriterien für eine qualitativ hochwertige Beratung zu entwickeln.

    Die Bundesärztekammer hatte schon im Frühjahr im Vorfeld einer Bundestagsdebatte zum Thema für die Beibehaltung der Rezeptpflicht für das andere verfügbare Notfallkontrazeptivum Levonorgestrel plädiert. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, wies in diesem Zusammenhang besonders auf den Wert einer ärztliche Beratung hin.

    Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kritisierte die Entscheidung der Kommission als falsches Signal. Es handle sich bei der „Pille danach“ nicht um „eine harmlose Halsschmerztablette, sondern um ein starkes Medikament, das in den Hormonhaushalt der Frauen eingreift. Deshalb ist eine ärztliche Untersuchung und Beratung der Frauen zu ihrem eigenen Schutz sehr sinnvoll.“ Sie begrüßte den Hinweis Brüssels, dass einzelne EU-Länder eine Verschreibungspflicht beibehalten könnten. Für Minderjährige sollte die „Pille danach“ verschreibungspflichtig bleiben, so Huml.

    (aerzteblatt.de, 8.1.2015)

     

     

     

     

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 16.01.2015