Zwei Proteine im Verhältnis

Präeklampsie? Frag das Labor!

  • Über den Verhältniswert der beiden Eiweiße sFlt-1 zu PlGF könnte sich auf die Wahrscheinlichkeit einer Präeklampsie schließen lassen. Es bedarf weiterer Forschung.

  • Ein typisches Merkmal für Präeklampsie ist es, wenn sich im Serum von Schwangeren das Verhältnis zweier spezifischer Proteine verschiebt, die auf die Angiogenese - die Ausbildung von Blutgefäßen - wirken. In einer Studie ist nun ein einheitlicher Grenzwert bestimmt und validiert worden.

    Charakteristischerweise ist bei einer Präeklampsie das Verhältnis der antiangiogenetisch wirksamen Tyrosinkinase sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase 1) zum proangiogenetischen Wachstumsfaktor PlGF (placental growth factor) zu ersterer hin verschoben. Das passt zu der Hypothese, wonach die Präeklampsie auf eine Minderperfusion der Plazenta zurückgeht, die wiederum aus einem pathologischen Umbau der mütterlichen Spiralarterien resultiert.

    Im Zuge der Studie PROGNOSIS (Prediction of Short-Term Outcome in Pregnant Women with Suspected Preeclampsia Study) hat ein internationales Forscherteam um Harald Zeisler von der Frauenklinik der Universität Wien nach einem Schwellenwert im Verhältnis der Serumkonzentrationen (in pg/ml) von sFlt-1 und PlGF gesucht. Dieser Wert soll eine Vorhersage erlauben, ob sich eine Präeklampsie anbahnt oder nicht. 500 Frauen waren an der Entwicklung des Grenzwertes beteiligt, der anschließend mit weiteren 550 Frauen auf seine Gültigkeit geprüft wurde.

    Die Forscher bedienten sich dabei der Methode der Receiver-Operating-Characteristic(ROC)-Kurven. Hierbei wird für verschiedene Werte eines Parameters jeweils die Sensitivität und die Spezifität bestimmt. Ein guter Parameter erzeugt dabei eine Kurve, deren Fläche einen Wert größer als 0,5 und möglichst nahe 1 ergibt. Als optimaler Wert des Parameters gilt jener Punkt auf der Kurve, der das günstigste Verhältnis von Spezifität und Sensitivität aufweist, der also im Kurvenverlauf den kürzesten Abstand zum Punkt von 100-prozentiger Sensitivität und Spezifität aufweist.

    Für den Quotienten sFlt-1/PlGF stießen Zeisler und sein Team auf einen Wert von 38. Die Validierung ergab für diese Zahl einen negativen prädiktiven Wert von 99,3 Prozent bei einer Sensitivität von 80 Prozent und einer Spezifität von 78,3 Prozent. Der positive prädiktive Wert beträgt 36,7 Prozent. Mit einem Quotienten von 38 oder darunter ist es also praktisch ausgeschlossen, dass eine sich anbahnende Präeklampsie übersehen wird. Der Prognosezeitraum umfasst dabei eine Woche.

    Der relevante Wert des sFlt-1/PlGF-Quotienten hängt aber vom Testverfahren ab. Für die Studie verwendeten die Forscher den Elecsys-Immunoassay von Roche Diagnostics. Die Firma hat auch die Studie unterstützt. Zudem handelt es sich bei PROGNOSIS um eine Beobachtungsstudie. Um beurteilen zu können, ob sich der Quotient auch in der klinischen Praxis hinsichtlich der Ergebnisse für Mutter und Kind bewährt, sind erst noch randomisierte Studien nötig.

    (Zeisler H et al: Predictive Value of the sFlt-1:PlGF Ratio in Women with Suspected Preeclampsia, N Engl J Med 2016;374:13–22; doi: 10.1056/NEJMoa1414838/aerzteblatt.de, 21.1.2016; DHZ)

     

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 22.01.2016