Randomisierte Studie

Tranexamsäure als Blutungsprophylaxe nach Sectio sinnvoll?

  • Ein klinischer Vorteil von prophylaktischer Tranexamsäure nach einer Sectio gegenüber dem alleinigen Einsatz von Uterotonika war in einer randomisierten Studie nicht eindeutig nachweisbar.

  • Postpartale Hämorrhagien gehören zu den am meisten gefürchteten Komplikationen der Geburtshilfe. Nach einem Kaiserschnitt erhalten deshalb viele Frauen prophylaktisch ein Uterotonikum. Als zusätzliche Prophylaxe ist eine intravenöse Gabe von Tranexamsäure in der Diskussion, die im Anschluss an die Gabe des Uterotonikums erfolgen kann. Tranexamsäure hemmt die Umwandlung von Plasminogen zu Plasmin und verhindert dadurch, dass Blutgerinnsel vorzeitig aufgelöst werden. Nach größeren chirurgischen Eingriffen, etwa in der Herzchirurgie, wird Tranexamsäure zur Senkung der Blut­verluste eingesetzt. In der Geburtshilfe ist es bereits zur Behandlung der postpartalen Hämorrhagie indiziert.

    Ein Team um Loïc Sentilhes von der Universität Bordeaux hat in einer randomisierten Studie untersucht, ob auch eine prophylaktische Gabe sinnvoll ist. An der TRAAP2-Studie beteiligten sich 26 französische Kliniken, die mehr als 4.000 Frauen nach einem Kaiserschnitt auf die zusätzliche intravenöse Gabe von Tranexamsäure oder Placebo randomisierten. Fast alle Frauen erhielten vorher ein Uterotonikum (Oxytocin oder Carbetocin).

    Der primäre Endpunkt war eine postpartale Hämorrhagie, definiert als ein Blutverlust von mehr als 1.000 ml oder eine Bluttransfusion innerhalb der ersten 2 Tage nach der Entbindung. Eines dieser Ereignisse trat in der Tranexamsäuregruppe bei 556 von 2.086 Frauen (26,7 %) auf gegenüber 653 von 2.067 Frauen (31,6%) in der Placebogruppe. Sentilhes ermittelt eine adjustierte Rate Ratio von 0,84, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,75 bis 0,94 signifikant war.

    Die prophylaktische Gabe von Tranexamsäure war demnach in der Lage, die Häufigkeit einer postpar­talen Hämorrhagie zu senken. Ob die Behandlung künftig von den Leitlinien empfohlen wird, erscheint jedoch zweifelhaft, da in den klinisch relevanten sekundären Endpunkten kein sicherer Vorteil erkennbar war. Weder im gravimetrisch geschätzten Blutverlust (ermittelt durch das Wiegen von Vorlagen und Binden) noch in der Bewertung der klinischen Bedeutung der postpartalen Blutung oder der Verwen­dung zusätz­licher uterotonischer Mittel oder der postpartalen Bluttransfusionen gab es signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

    Hinzu kommt, dass Tranexamsäure nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen ist. Dazu gehört eine höhere Rate von Übelkeit und Erbrechen. In den ersten drei Monaten nach der Behandlung kam es bei 8 Frauen (0,4 %) der Tranexamsäuregruppe zu thromboembolischen Ereig­nissen gegenüber 2 Fällen (0,1 %) in der Placebogruppe.

    Vor drei Jahren hatte das Team um Sentilhes die Ergebnisse der ersten TRAAP-Studie im New England Journal of Medicine vorgestellt. Damals war in etwa die gleiche Anzahl von Frauen nach einer vaginalen Geburt auf eine prophylak­tische Behandlung mit Tranexamsäure oder Placebo randomisiert worden. Tranexamsäure hatte damals die Rate der Blutverluste von mehr als 500 ml nicht signifikant senken können. Die prophylaktische Gabe hat sich nach vaginaler Entbin­dung nicht durchgesetzt.

    Quelle: Sentilhes L et al.: Tranexamic Acid for the Prevention of Blood Loss after Cesarean Delivery. New England Journal of Medicine 2021. Doi: 10.1056/NEJMoa2028788 ∙ aerzteblatt.de, 5.7.2021 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 06.07.2021