Verdacht auf organische Ursachen?

Wenn Säuglinge besonders viel, auffallend schrill oder dumpf schreien, können auch organische Ursachen zugrunde liegen. Sie sind selten, sollten aber nicht übersehen werden. Ein Überblick. Prof. Dr. med. Dominique Singer | Dr. med. Maike Thayssen
  • Jeder Säugling schreit. Das ist ein Appell an seine Eltern, er möchte sich geborgen fühlen, gewiegt, geschaukelt, versorgt und gefüttert werden. Auf jede noch so geringe Irritation kann ein Neugeborenes mit Schreien reagieren. Es protestiert beim Entkleiden oder bei einem Temperaturwechsel, schimpft beim Lagewechsel oder bekundet seinen Unmut beim Ablegen. In den ersten Lebenstagen ist das Schreien sogar ein Zeichen von Vitalität. Das hungrige Neugeborene protestiert, es möchte immer wieder an die Brust angelegt werden, bis endlich der Milcheinschuss beginnt.

    Bis zu 29 % der Säuglinge schreien jedoch häufig, unvorhersehbar, anhaltend und ohne erkennbaren Grund (Papoušek et al. 2015). Das Schreien tritt mit einer deutlichen Bevorzugung in den frühen Abendstunden auf. Dieser Zustand wird als oft als Säuglingskolik oder »Dreimonatskolik« bezeichnet und wurde in zahlreichen Studien untersucht. Es gibt viele Erklärungsversuche. Ursachen wie eine Laktoseintoleranz (Miller et al. 1990), Darmmotilitätsstörungen (Miller & Barr 1991) und Veränderungen der Darmflora (Rhoads et al. 2009) wurden vermutet.

    Im Mittel schreit ein Säugling im Alter von 6 bis 8 Wochen 2,4 Stunden am Tag mit einer sehr großen individuellen Varianz und einem Maximum der Schreidauer um die sechste Lebenswoche herum (Largo 2016). Jeder fünfte Säugling schreit oder quengelt unspezifisch über das normale Maß hinaus (Herpertz-Dahlmann et al. 2008). Von einem exzessiven Schreien wird gesprochen, wenn ein Kind für mehr als drei Stunden am Tag an mindestens drei Tagen in der Woche über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen schreit (»Dreierregel« nach Wessel 1954).

     

    Protest oder Schmerz?

     

    Neben der Dauer ist auch die Qualität des Schreiens zu beurteilen. Ein abnormes Säuglingsschreien kann verschiedene Charakteristika aufweisen. Es kann mit einer erhöhten oder sehr niedrigen Basalfrequenz einhergehen und auffällig schrill oder dumpf klingen, eine ungewöhnliche Vibration der Stimme bei wechselnder Basalfrequenz aufweisen, oder es findet sich eine Anomalie in der Schreimelodie (Bindt & Schulte-Markwort 2017). So kann die erfahrene Hebamme oft bereits hören, ob es sich um ein Aufforderungs-, ein Protest-, ein schmerzbedingtes oder ein atypisches Schreien handelt.

    Ein schreiender Säugling lässt sich durch ein liebevolles Handling fast immer beruhigen (siehe Seiten 20ff. und 28ff.). Beugt man die Beine des auf dem Rücken liegenden Säuglings und redet sanft mit ihm oder trägt ihn mit rhythmisch wiegenden Schritten, so lässt sich nach kürzerer oder längerer Zeit fast jedes Baby beruhigen. Ist ein Neugeborenes hingegen nur ganz kurz oder fast gar nicht zu beruhigen, ist Aufmerksamkeit geboten.

    Ideal ist es, wenn die Familie kontinuierlich von einer Hebamme vor, während und nach der Geburt betreut wird. Die Hebamme kennt die Familiensituation und das häusliche Milieu und kann hier Risiken erkennen, die anderem Fachpersonal nicht erkenntlich sind. Sie erlebt die während der Geburt aufgetretenen Schwierigkeiten und kann sie im Kontext richtig einschätzen. Sie beobachtet das Neugeborene während der ersten Lebenswochen und sieht so den Verlauf und Wandel seines Verhaltens. Sie baut ein Vertrauensverhältnis zu der Familie auf und unterrichtet die Eltern im Umgang mit ihrem Kind.

     

    Organische Ursachen erkennen

     

    Organische Ursachen für ein anhaltendes Schreien oder eine übermäßige Unruhe finden sich nur in maximal 5 % der exzessiv schreienden Säuglinge (Freedman et al. 2009).

    Es ist wirklich eine schwierige Aufgabe für die Hebamme, diese sehr seltenen organischen Ursachen zu erkennen, das Risiko richtig einzuschätzen und eine sinnvolle weiterführende Diagnostik zu empfehlen. Eine Aufstellung eventuell wegweisender Informationen findet sich in der Tabelle. Einige ausgewählte Ursachen werden nachfolgend genauer beleuchtet.

    Substanzmissbrauch oder Medikamente
    Bei sehr unruhigen, oft etwas dystrophen hektischen Neugeborenen sollte die Hebamme an einen Substanzmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft denken und auf einen Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsums achten.

    Der Anteil rauchender Schwangerer hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen, liegt aber mit 12,1 % noch immer auf einem hohen Niveau (RKI KIGGS Studie 2015). Die auch in die Muttermilch übergehenden toxischen Substanzen können zu einer verringerten Gewichtszunahme prä- und postnatal führen. Die Neugeborenen sind hektisch, zittrig, unruhig und schreien vermehrt.

    Alkohol ist plazentagängig und kann zu einer irreversiblen Schädigung des Embryos oder Feten führen (Fetal Alcohol Spectrum Disorders/FASD). Besonders die beeinträchtigte Entwicklung des zentralen Nervensystems beeinflusst das Verhalten des Neugeborenen. Die Diagnose ist oft schwierig, eine psychosoziale Unterstützung der Familie wichtig.

    Ein Kokain-Abusus in der Schwangerschaft kann bei Neugeborenen etwa 48 bis 72 Stunden nach der Geburt zu einer Entzugssymptomatik mit Verhaltensauffälligkeiten führen: Symptome sind eine erhöhte Irritabilität, vermehrtes Schreien, übermäßiges Saugen sowie Tachypnoe, Tachykardie und Tremor. Eine stationäre Überwachung ist erforderlich. Beim Opiat-Abusus der Mutter ist eine postnatale Überwachung des Neugeborenen dringend erforderlich. Bei Auftreten einer Entzugssymptomatik mit ausgeprägtem, oft schrillem Schreien und weiteren Symptomen wie Schwitzen, Niesen, Schluckauf, Durchfall muss eine medikamentöse Substitution des Kindes erfolgen. Eine Abklärung, ob das Kind nach Hause entlassen werden kann, ist wichtig.

    Ähnliches gilt auch für den in jüngerer Zeit vor allem in den östlichen Bundesländern stark verbreiteten Gebrauch von »Designerdrogen«, zum Beispiel Chrystal Meth (Dinger et al. 2017).

    Besonders bei psychisch vorerkrankten Müttern, die beispielsweise eine Depression haben, ist die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft nicht immer vermeidbar. Das sind zum Beispiel die weit verbreiteten Serotonin-Reuptake-Inhibitoren, die beim Neugeborenen in Einzelfällen vermehrte Unruhe und Zittrigkeit hervorrufen können. Bei Verdacht ist eine stationäre Überwachung ratsam. In akuten Zweifelsfällen können auch die Giftnotrufzentralen oder die Beratungsstelle Embryotox bei der Ersteinschätzung behilflich sein (siehe Kasten »Notruf«).

     

    Notruf

     

    Giftnotrufzentrale: regionale Vorwahl.1 92 40

    Beratungsstelle Embryotox: 030.450 525 700

    Geburtstraumatische Verletzungen
    Die gründliche körperliche Untersuchung jedes Neugeborenen nach der Geburt ist Teil der U1. Verletzungen des Neugeborenen werden hier meist erkannt, aber nicht immer! Sie können während einer Spontangeburt auftreten, besonders bei einer prolongierten. Sie werden nach Einsatz von Hilfsmitteln wie der Vakuumextraktion oder der Zange gesehen, treten gelegentlich aber auch im Zusammenhang mit einer Sectio auf.

    Verletzungen am Schädel des Neugeborenen sind in der Regel gut sichtbar. Sie können in den ersten Lebenstagen schmerzhaft sein und zu einer erheblichen Unruhe beitragen. Die Schmerzen treten besonders beim Berühren des Kopfes oder bei einer Lageänderung auf. Den Eltern sollte ein umsichtiges Handling vermittelt werden, um eine Schmerzmedikation zu vermeiden. Man unterscheidet je nach Lokalisation verschiedene Läsionen. Das Caput succedaneum ist eine Ansammlung blutig seröser Flüssigkeit in den Schichten der Kopfhaut. Es zeigt sich als rundliche, weiche Schwellung. Die Ausdehnung überschreitet die Schädelnähte. Es führt nicht zu Komplikationen und bildet sich nach wenigen Tagen vollständig zurück.

    Ein Kephalhämatom kommt bei 2 % aller Geburten vor. Es erscheint als prallelastische, unter Umständen diskrete oder aber deutlich erhabene Schwellung. Es bildet sich subperiostal (unter der Knochenhaut) und überschreitet so nicht die Knochengrenze, kann aber beidseitig auftreten. Das Hämatom bildet sich über Wochen bis Monate spontan zurück, ist aber nur für wenige Tage schmerzhaft. Therapeutische Maßnahmen sind nicht erforderlich.

    Bei der assistierten Entwicklung aus Beckenendlage können zudem erhebliche Hämatome im Gesäß- und Genitalbereich des Kindes auftreten. Sie sind gut sichtbar und können unangenehme Schmerzen verursachen, die manchmal einer Schmerzmedikation bedürfen. Bei allen Formen größerer Hämatome sollte darauf geachtet werden, dass sich daraus eine stärkere Neugeborenengelbsucht entwickeln kann.

    Die häufigste geburtstraumatische Fraktur ist ein Schlüsselbeinbruch. Dieser ist nicht immer leicht zu erkennen. Er kann besonders bei Lagewechsel des Kindes Schmerzen verursachen und führt zu einer Schonhaltung des Armes, die wegen der möglichen Langzeitkonsequenzen durch Kinderärzt:innen von einer Plexusparese abgegrenzt werden muss. Hinweisend ist ein federnder Widerstand bei vorsichtigem Druck auf das Schlüsselbein (»Klaviertastenphänomen«). Durch eine gute Lagerung und Fixierung des Armes können Schmerzen vermieden werden.

    Frakturen der Röhrenknochen (Humerus- oder Femurfraktur) fallen durch eine Schwellung und Schonhaltung auf, gegebenenfalls mit Fehlstellung und/oder abnormer Beweglichkeit der betroffenen Extremität, können in den ersten Lebensstunden aber auch übersehen werden. Sie können erhebliche Schmerzen verursachen und bedürfen einer chirurgischen Intervention.

    Stoffwechselprobleme
    Zarte, unreif oder dystroph geborene oder sehr große, makrosome Neugeborenen können in den ersten Lebenstagen mit einer deutlichen Unruhe und Hyperexzitabilität auffallen. Bei feinzittrigen Arm- und Beinbewegungen sollte der Blutzucker gemessen werden, um eine Hypoglykämie auszuschließen. Wenn die Mutter unter Diabetes oder Gestationsdiabetes leidet, sind routinemäßige Blutzuckerkontrollen erforderlich. Eine zügige Fütterung mit Muttermilch oder Glukose-Gel normalisiert den Blutzuckerspiegel. Wenn sich die Symptomatik wiederholt oder Kontrollmessungen niedrige Blutzuckerwerte ergeben, muss sehr zeitnah eine stationäre Behandlung erfolgen.

    Darmobstruktionen
    Nach Beginn der Nahrungszufuhr können angeborene Veränderungen im Magen-Darm-Trakt ein stetig steigendes Unwohlsein oder Schmerzen verursachen. Bei diesen Kindern treten oft weitere Warnsymptome wie Spucken oder (galliges) Erbrechen auf. Das Abdomen ist zunehmend aufgetrieben und berührungsempfindlich. Es kann zu einem übermäßigen Gewichtsverlust kommen. Es sollte an die verschiedenen Formen von Passagestörungen des Magen-Darmtraktes (Duodenalstenose, Jejunalatresie), in akuten Fällen auch an die gefürchtete Verdrehung der Darmschlingen mit »Selbststrangulation« (Volvulus) gedacht werden. Je höher sich die Veränderung anatomisch gesehen befindet, desto früher beginnt die Symptomatik.

    Bei einer fehlenden oder nicht ausreichenden Ausscheidung von Mekonium und zunehmenden abdominellen Problemen ist auch ein Mekoniumileus in Betracht zu ziehen. Alle diese Ursachen benötigen eine schnelle Intervention, so dass eine sofortige Krankenhausaufnahme erforderlich ist. Auch Blut in der Windel sollte in Verbindung mit Unruhezuständen als Warnsymptom gedeutet werden, sofern es sich nicht um die harmlose, hormonell bedingte Vaginalblutung bei weiblichen Neugeborenen handelt.

    Besonders bei ehemaligen Frühgeborenen sollte bei heftiger Unruhe oder Schreien eine Leistenhernie ausgeschlossen werden. Der »Blick unter die Windel« gehört zur Untersuchung eines unruhigen oder unerklärlich schreienden Säuglings dazu! Ein Leistenbruch ist als prallelastische Schwellung in der Leiste zu tasten. Es kann schwierig sein, eine Hernie von einer Hydrozele testis zu unterscheiden, bei der sich lediglich etwas Flüssigkeit im Hodensack angesammelt hat. Große Leistenhernien sind gut reponibel, lassen sich also in die Bauchhöhle zurückschieben. Eingeklemmte Leistenhernien müssen notfallmäßig operiert werden, um ein Absterben der betroffenen Darmschlingen zu verhindern. Die Eltern müssen sofort eine Klinik aufsuchen.

    Zeigt sich bei der Untersuchung eines schmerzgeplagten Säuglings eine dunklere Verfärbung des Hodens im Skrotum, besteht der dringende Verdacht auf eine Hodentorsion, also eine Verdrehung des Hodens an seinem »Gefäßstiel«. Auch hier ist eine sofortige Krankenhausvorstellung erforderlich, um durch eine operative Versorgung die Durchblutung wiederherzustellen und den Verlust des Hodens möglichst zu vermeiden.

    Die Hebamme erfasst postnatal neben der Ausscheidung des Mekoniums auch die Urinausscheidung. Hat das Neugeborene nach spätestens 24 bis 36 Stunden keinen Urin ausgeschieden, muss an einen Harnverhalt gedacht werden, der in diesem Alter allerdings sehr selten auftritt (Shimada & Matzui 1989). Die prall gefüllte Harnblase zeigt sich als Vorwölbung oberhalb der Symphyse. Sie kann erhebliche Schmerzen verursachen und sollte in der Klinik nach Bestätigung der Diagnose zügig entlastet werden durch Blasenpunktion oder suprapubischen Blasenkatheter.

    Infektionen
    Bakterielle Infektionen treten bei Neugeborenen in Form einer Sepsis mit einer Häufigkeit von 0,1–0,4 % auf (Speer & Gahr 2012). Der Grund ist der »Erstkontakt« mit Keimen der Umwelt bei einem im Mutterleib noch nicht vollständig aktivierten Immunsystem. Bei allgemeinem Unwohlsein des Neugeborenen kann es zu einer erheblichen Unruhe kommen, die in eine zunehmende Lethargie übergehen kann. Oft verschlechtert sich der Allgemeinzustand des Kindes sehr schnell. Warnsymptome sind Temperaturinstabilität sowie Apnoen. Die Neugeborenen entwickeln ein gräuliches Hautkolorit. Ein Ikterus kann schneller und verstärkt sichtbar werden. Ein längerer Blasensprung vor der Geburt (> 18 Stunden), ein mütterlicher CRP-Anstieg, Fieber unter der Geburt und ein positiver Streptokokken-Befund bei der Mutter sollten als Risikofaktoren gedeutet werden.

    Bei Verdacht auf eine Neugeboreneninfektion ist große Eile geboten. Eine zeitnahe Bestimmung der Infektionsparameter und ein schneller Beginn einer Antibiotikatherapie sind erforderlich, um ein drohendes Kreislaufversagen abzuwenden. Schreitet die Infektion fort, kann es zu einer Beteiligung des Zentralnervensystems in Form einer Meningitis kommen. Hinweise sind schrilles Schreien, starke Berührungsempfindlichkeit und eine Überstreckung des Kopfes (Opisthotonus).

    Zentralnervöse Veränderungen
    Ein auffälliges Schreien des Neugeborenen kann auch andere zentralnervöse Ursachen haben, zum Beispiel isolierte Fehlbildungen des Gehirns oder Hirnfehlbildungen im Rahmen einer syndromalen Erkrankungen. Das Neugeborene ist meist in seinem äußeren Erscheinungsbild auffällig, es finden sich leichte oder auch ausgeprägtere dysmorphe Zeichen wie auffällige Gesichtszüge, plumpe Ohrmuscheln, überzählige oder fehlgebildete Finger und Zehen, die durch eine sorgfältige Inspektion erkannt werden.

    In der Schwangerschaft erworbene oder reaktivierte angeborene Infektionen wie eine Toxoplasmose oder eine Zytomegalie können zu einer Schädigung des Zentralnervensystems führen. Sie werden in den allermeisten Fällen pränatal erkannt und intrauterin therapiert. Eine Rötelninfektion in der Schwangerschaft ist durch die Impfung zu einem extrem seltenen Ereignis geworden.

    Wenn die Hebamme an eine zentralnervöse Erkrankung denkt, ist eine zeitnahe Abklärung sinnvoll. Eine Schädelsonografie, gegebenenfalls eine weiterführende Bildgebung (MRT) sowie Laborparameter mit serologischen Untersuchungen sind zielführend.

    In der Gruppe der zentralnervösen Veränderungen sind auch die zerebralen Krampfanfälle zu erwähnen. Sie können mit Phasen von Apathie, aber auch von erheblicher Unruhe vergesellschaftet sein. Sie verlaufen bei Neugeborenen gelegentlich sehr diskret und können schwer erkennbar sein. Sollten rhythmische Zuckungen einer oder mehrerer Extremitäten mit einer niedrigen Frequenz beobachtet werden, die beim Festhalten der Extremität nicht aufhören, sollte an einen Krampfanfall gedacht werden. Eine ausführliche Diagnostik und gegebenenfalls Therapie sind zeitnah einzuleiten. Dagegen sind die Zuckungen, die beim Einschlafen auftreten (Einschlafmyoklonien), weit verbreitet und kein Grund zur Sorge. Organische Ursachen für vermehrtes Schreien sind selten. Sie sollten zwar bedacht und nicht übersehen werden (siehe Kasten). Die Mehrzahl der Unruhezustände im Säuglingsalter sind jedoch nicht-organischer Natur. Durch einfühlsame Elternanleitung lassen sie sich zumindest abmildern.

     

    Warnsymptome für seltene organische Ursachen

     

    Warnsymptome, die auf seltene organische Ursachen bei unruhigen Säuglingen hindeuten können, sind:

    • schrilles, wenig moduliertes, anhaltendes, kaum beeinflussbares Schreien
    • Temperaturinstabilität
    • gräuliches Hautkolorit
    • rasch zunehmender Ikterus
    • starker Gewichtsverlust
    • Erbrechen, insbesondere galliges Erbrechen
    • aufgetriebenes, schmerzempfindliches Abdomen
    • Blut in der Windel
    • Apnoen
    • auffällige motorische Phänomene.
    Rubrik: Ausgabe 12/2021

    Erscheinungsdatum: 24.11.2021

    Literatur

    Bindt C, Schulte-Markwort M: Schreien und persistierende Unruhe im Säuglings- und Kleinkindalter. Monatschr Kinderheilkd 2017. 165: 73–85

    Dinger J, Näther N, Wimberger P, Zimmermann US, Schmitt J, Reichert J, Rüdiger M: Steigender Konsum von Crystal Meth in Sachsen und dessen Risiken für Mutter und Kind – Erfahrungen an einem Perinatalzentrum Level I aus pädiatrischer Sicht. Z Geburtsh Neonatol 2017. 221: 73–80

    Freedman SB, Al-Harthy N, Thull-Freedmann J: The crying infant: diagnostic testing and frequency of serious underlying disease. Pediatrics 2009. 123: 841–848

    Herpertz-Dahlmann B, Resch F, Schulte-Markwort M, Warnke A: Entwicklungspsychiatrie. Schattauer. Stuttgart 2008

    Largo RH: Baby-Jahre. 18. Auflage. Piper. München, Berlin, Zürich 2016

    Miller AR, Barr RG: Infantile colic. Is it a gut issue? Pediatr Clin North Am 1991. 38: 1407–1423

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