DHV

Von wegen – „Gemütlicher kreißen“

  • Auch in der Klinik bringen ein Fünftel der Frauen ihr Kind mit einer freiberuflichen Hebamme zur Welt.

  • Martina Klenk, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes (DHV), widerspricht in einem Leserinnenbrief dem Spiegel-Autor Manfred Dworschak. Dieser hatte am 24. Februar das mögliche Aus für die freiberufliche Hebammenhilfe kommentiert. Er kam zum Schluss, dass alles doch weit weniger dramatisch sei als dargestellt. Für die Frauen sei es im Krankenhaus genauso kuschelig wie zu Hause. Und außerdem reiche es doch aus, wenn die freiberuflichen Hebammen einfach nur noch Wochenbettbetreuungen und Vorsorgeuntersuchungen anböten.

    Martina Klenk stellt klar, wobei sie sich direkt an den Autor wendet: Ab Juli 2015 haben freiberufliche Hebammen in Deutschland keinen Versicherer mehr. Das bedeutet das faktische Aus für freiberufliche Hebammenleistungen und für freiberufliche Geburtshilfe. In Ihrem Kommentar „Gemütlicher kreißen“ im aktuellen Spiegel schreiben Sie dazu „Es geht aber nur um die Minderheit der freischaffenden Geburtshelferinnen.“ Das ist sachlich nicht richtig. Ab Juli 2015 sind alle freiberuflichen Hebammen betroffen. Diese betreuen mehr als 20 Prozent der Geburten in Deutschland – in Geburtshäusern, zu Hause, aber vor allem als Beleghebammen in Krankenhäusern. Außerdem bieten sie die gesamte Wochenbettbetreuung an sowie Vorsorge für Schwangere. Das fünfte Sozialgesetzbuch garantiert Müttern das Recht auf die freie Wahl des Geburtsortes. Sie meinen, es wäre nicht so schlimm, wenn dieses nicht mehr gegeben ist, denn „in den Krankenhäusern hat man sich längst den Bedürfnissen werdender Mütter (und Väter) angepasst.“ Eine Geburt ist ein wichtiges Ereignis im Leben einer Frau und einer Familie. Dies sollen Frauen und ihre Partner selbstbestimmt erleben. Die freie Wahl des Geburtsortes ist dafür unerlässlich. Sie meinen, Eltern könnten ja alternativ in eine Klinik zur Geburt gehen, wenn es keine freien Hebammen mehr gäbe. In 97 Prozent der Fälle tun sie dies bereits. Aber in den Kliniken wird über ein Fünftel der Geburten dann von freiberuflichen Hebammen betreut. Gerade in ländlichen Regionen arbeiten ganze Kreißsäle nicht mehr mit angestellten Hebammen.

    Gibt es keine freiberuflichen Hebammen mehr, stehen diese Kliniken ohne Hebammen da. Für die gebärenden Mütter gibt es dann kein „gemütlicher kreißen“ mehr, sondern weite Fahrten zu Kliniken, die überhaupt noch Geburtshilfe anbieten. Schon in den vergangenen Jahren haben bereits mehr als 30 Prozent der Kreißsäle in Kliniken ihre Türen geschlossen. Wenn es schnell geht bei der Geburt, heißt das: Gebären ohne Hebamme und ohne Arzt im eigenen Badezimmer oder Auto. Nicht gemütlich und auch nicht sicher. Mit Ihrem Kommentar verharmlosen Sie also eine für viele werdende Mütter gefährliche Situation!

    (DHV, 3.3.2014; DHZ 4/2014)

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 01.04.2014