Vorsicht bei anonymer und vertraulicher Geburtsbegleitung
Im Mai 2014 wurde bekanntlich für die anonyme und vertrauliche Geburt ein neuer Rechtsrahmen geschaffen, der unter anderem dazu dienen soll, Kindstötungen zu vermeiden und – auf längere Sicht – auch die Babyklappen überflüssig zu machen.
Die neuen Regelungen beinhalten auch, dass Kinder, die derartig geboren und zur Adoption freigegeben werden, ab dem 16. Lebensjahr das Recht haben, ihre Herkunft (Vater, Mutter) zu erfahren. Diese Regelung dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit gegen ein am 28.1.2015 ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) verstoßen. Nach Auffassung der Karlsruher Richter haben Kinder grundsätzlich von Anfang an das Recht, ihre Herkunft zu erfahren. Dies impliziert, dass ihnen auch von Geburt an Rechte wie Unterhaltsanspruch und auch Erbrecht zustehen.
Dem BGH-Urteil liegt zwar die Herkunftsklage einer jungen Frau zugrunde, die per Samenspende gezeugt wurde, aber das Recht auf Kenntnis der elterlichen Herkunft von Anfang an dürfte allumfassend sein, also auch die anonyme/vertrauliche Geburt jenseits von Samenspendern einschließen.
Der BfHD hat das zuständige Fachreferat im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) angeschrieben und um rechtliche Beurteilung gebeten, ob das BGH-Urteil mit der Regelung zur anonymen/vertraulichen Geburt kollidiert.
Bis zum Erhalt der angekündigten Stellungnahme des BMFSFJ rät der BfHD allen Mitgliedsfrauen, die für eine anonyme/vertrauliche Geburt angefragt werden, diese mit Verweis auf die nicht eindeutige Verfassungskonformität der Regelung „16. Lebensjahr“ abzulehnen. In jedem Fall aber sollten die betreffenden Frauen im Rahmen der Fürsorgepflicht darauf hingewiesen werden, dass womöglich die gesetzlich gewährte Anonymität bis zum 16. Lebensjahr des Kindes gegen das Grundrecht verstößt.
(BfHD-Newsticker, 13.2.2015)