Nicht-invasive Pränataltests

Was bedeutet die Kostenübernahme der Tests?

  • Nach jahrelangen Beratungen und vielen Diskussionen ist es seit dem 1. Juli 2022 soweit: Krankenkassen zahlen zum Teil vorgeburtliche Bluttests auf Trisomien.

  • Nicht-invasive Pränataltests (NIPT) stehen Frauen seit 2012 zur Verfügung, allerdings müssen sie bislang in der Regel selbst bezahlt werden, was teuer werden kann. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ein Gremium, das Ärzt:innen, Krankenkassen und Kliniken zusammenbringt, hatte schon 2019 grundlegend entschieden, dass der NIPT auf die Trisomien 21, 13 sowie 18 in begründeten Einzelfällen und nach ärztlicher Beratung unter Verwendung einer Versicherteninformation Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden soll. Ein Argument: Der Bluttest sei im Gegensatz zu älteren Methoden ohne Risiko für Mutter und Kind. Vor einem »großen Selektieren« warnt der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland (ABiD). Sozialberater Dennis Riehle sagte, er denke, »es sei mit den geltenden Sozialgesetzen nicht vereinbar, wenn die Krankenversicherung künftig den Bluttest auf Trisomie 21 finanzieren soll«. Durch den Vorstoß steige der Anreiz zur standardmäßigen Durchführung der Gendiagnostik – ein Trend, der verhindert werden müsse. Thomas von Ostrowski, Vorstandsmitglied des Berufsverbands niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP), sieht vor allem ein Problem in der unklaren Festlegung, für wen die Tests bezahlt werden sollen. Er mahnt: »Unter keinen Umständen darf der NIPT als Reihenuntersuchung auf Trisomie 21 verstanden werden.« Dies könnte aus seiner Sicht angesichts der unklaren Vorgaben aber passieren. Der G-BA-Beschluss sieht vor, dass die neue GKV-Leistung greift, wenn sich aus anderen Untersuchungen ein Hinweis auf eine Trisomie ergeben hat oder wenn eine Frau mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu der Überzeugung kommt, dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist. Leicht gemacht habe der G-BA es sich mit der Entscheidung zu keinem Zeitpunkt, betont eine Ausschuss-Sprecherin. Neben dem Hauptargument, dass der Test eine sichere Alternative zu den invasiven Untersuchungen sei, spiele auch eine Rolle, dass mit Einschluss des Bluttests in die GKV-Versorgung ein Ungleichgewicht beendet werde. Bislang sei es Frage der finanziellen Mittel gewesen, ob Frauen den Test nutzen konnten oder auf invasive Verfahren angewiesen waren.  

    Expert:innen sehen vor allem in der Kommunikation und Information den Schlüssel – und auch die größte Schwierigkeit. Die G-BA-Sprecherin verweist auf die Versichertenbroschüre, die beim Beratungsgespräch verpflichtend mit einzubeziehen sei. Diese beschreibe, welche Aussagen mit dem Bluttest möglich seien und welche nicht und wie zuverlässig die Testergebnisse seien. Zudem müsse ein auffälliges Ergebnis zunächst weiter abgeklärt werden.

    BVNP-Vorstand von Ostrowksi ist sicher: »Die Erweiterung der NIPTs als Kassenleistung wird gesellschaftlich noch weiter zur Polarisierung beitragen.«
    Quelle: dpa, 30.6.2022 ∙ DHZ

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 01.07.2022