Retrospektive Kohortenstudie aus den USA

Zwei Jahre vergehen bis zur Transgender-Therapie

  • Die Studie wertet Daten von mehr als 3.000 Teilnehmenden aus, die im US-Militärgesundheitssystem behandelt wurden.

  • Innerhalb der ersten beiden Jahre nach der Diagnose Geschlechtsdysphorie beginnen in den USA die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie. Allerdings variierte die Zeitspanne abhängig von Alter und »Race«. Das zeigen Auswertungen einer retrospektiven Kohortenstudie mit mehr als 3.000 Teilnehmenden, die im US-Militärgesundheitssystem behandelt wurden.

    Unabhängig von soziodemografischen Faktoren erhielten 37 % (95-%-Konfidenzintervall 35–39 %) innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose Geschlechtsdysphorie erstmals ein geschlechtsangleichendes Hormonpräparat, zum Beispiel Testosteron oder Östrogen. Medikamente zur Unterdrückung der Pubertät, die aktuell immer wieder kontrovers diskutiert werden, wurden in diese Analyse nicht einbezogen.

    Mehr Zeit verstrich bis zur Behandlung bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren und auch bei Schwarzen Menschen. Der Anteil derjenigen, die innerhalb von zwei Jahren mit der Therapie begannen, lag bei 14- bis 16-Jährigen nur bei 25 %. Fast 40 % der 17- bis 18-Jährigen und 55 % der 19- bis 22-Jährigen begannen in diesem Zeitfenster mit einer Therapie.

    Vergleicht man die Inzidenzraten (IRR) und die adjustierten Zwei-Jahres-Wahrscheinlichkeiten, zeigte sich zudem, dass bei Schwarzen Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie im Vergleich zu weißen Jugendlichen eine längere Zeit bis zum Beginn der Hormonbehandlung verging (10 versus 14 %; IRR 0,73 [95 % KI 0,54–0,99]).

    Ein höherer Offiziersrang im Vergleich zum niedrigeren Dienstgrad und ein ziviler im Vergleich zum militärischen Gesundheitsdienst waren zudem mit einer kürzeren Zeit bis zum Beginn der Hormonbehandlung verbunden. Schon frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei transgender und geschlechtsdiversen Menschen, die sozioökonomisch marginalisiert sind, in den USA bis zu einer medizinische Versorgung mehr Zeit verstreicht.

    Die Ergebnisse der neuen Studie würden unter anderem auf systemische Ungleichheiten zwischen der Versorgung in militärischen Behandlungs- und der in zivilen Gesundheitseinrichtungen hinweisen. Hindernisse, die soziodemografisch und sozioökonomisch assoziierte Verzögerungen bei der Behandlung verursachen, müssten abgebaut werden, so die Autor:innen.

    Quelle: Locke, E. R., Highland, K. B., Thornton, J. A., Sunderland, K. W., Funk, W., Pav, V., Brydum, R., Larson, N. S., Schvey, N. A., Roberts, C. M., & Klein, D. A. (2024). Time to Gender-Affirming Hormone Therapy Among US Military-Affiliated Adolescents and Young Adults. JAMA pediatrics, e242835. Advance online publication. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2024.2835 ∙ aerzteblatt.de, 23.8.2024 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 27.08.2024