Arbeitszeitmodelle

Einfluss der Dienstlänge auf die Geburt

  • Dienstzeiten über neun Stunden im Kreißsaal führen zu signifikant mehr Pathologien im Geburtsverlauf.

  • Andauernde lange Arbeitsperioden führen zu einer Erschöpfung. Die Überlegung war nun, ob sich die Anzahl der Arbeitsstunden von GeburtshelferInnen auf den Geburtsverlauf auswirkt.

    Dazu wurde von den Forscherinnen um die Gynäkologin Dr. Catherine Aiken in England untersucht, ob pathologische Geburtsverläufe in einem Zusammenhang mit den Arbeitsstunden direkt vor der Geburt bei Tag und bei Nacht stehen. Als pathologische Verläufe wurde Blutungen übe 1500 Milliliter, arterielle pH-Werte < 7,1, verspätete neonatale Atmung, größere Geburtsverletzungen (DR III/IV) und andere kritische Situationen festgelegt. Als Zusatzfaktoren wurden maternales Alter, BMI, Parität, Geburtsgewicht, Schwangerschaft, geburtshilfliche Erfahrung und die Art der Geburt erhoben.

    In die retrospektive Kohortenstudie wurden 24.506 Geburten in einer geburtshilflichen Klinik zwischen 2008 und 2013 einbezogen.

    Das Ergebnis zeigte keinen Unterschied zwischen Tag- und Nachtdiensten. Aber das Risiko für eine Hämorrhagie über 1.500 Milliliter und einen arteriellen pH-Wert unter 7,1 variierte innerhalb von 12 Stunden-Schichten um 30 bis 40 Prozent (p > 0,05). Das größte Risiko für ein pathologisches Geburtsoutcome dieser Art bestand neun bis zehn Stunden nach Arbeitsbeginn sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Das Risiko für die anderen beschriebenen pathologischen Verläufe war nicht von der vorher geleisteten Arbeitszeit beeinflusst.

    Das bedeutet, dass die bereits geleisteten Arbeitsstunden einen Einfluss auf den Geburtsverlauf haben und Erschöpfung zum Schichtende eine Rolle spielen kann. Daher ist es sinnvoll, die Arbeitszeitmodelle  anzupassen, dass dieses Risiko für die Gebärenden und ihre Kinder minimiert werden kann.

    Anmerkung: In den meisten Kliniken wird diesem Phänomen durch Schichtdienste Rechnung getragen, die nicht über neun Stunden hinausgehen. Besonders aufmerksam sollten Hausgeburts- und Beleghebammen sein, die "ihre Gebärenden" über den gesamten Geburtsverlauf begleiten, der durchaus länger andauern kann.

    (Aiken CE et al. The influence of hours worked prior to delivery on maternal and neonatal outcomes: a retrospective cohort study. Presented at the 36th Annual Pregnancy Meeting, Society for Maternal and Fetal Medicine, Atlanta, Georgia February 2016. http://dx.doi.org/10.1016/j.ajog.2016.06.026/DHZ)

    Rubrik: Beruf und Praxis

    Erscheinungsdatum: 11.08.2016