Eine Prise Zeit
Zeit ist eine Grundlage für Entspanntheit, Ausgeglichenheit und Gesundheit. Nur wenn wir genügend Zeit für das haben, was wir tun, können wir uns darauf einlassen, uns konzentrieren und es erfolgreich und gesund schaffen. Fehlt Zeit, entsteht in den meisten Fällen: Stress!
Der Personalmangel in der Geburtshilfe provoziert genau das – Stresserleben durch Zeitmangel. Diverse Studien zeigen: Die Arbeitszufriedenheit der Hebammen (wie auch der geburtshelfenden Ärzt:innen) in Deutschland ist nicht sonderlich hoch. Zusätzlich zum Ausbügeln der fehlenden Zeit im Arbeitsalltag müssen Hebammen sich ständig abgrenzen, Prioritäten neu setzen oder emotional belastende Situationen verarbeiten. Summiert sich dies über einen längeren Zeitraum, kann ein Burn-out entstehen. Carola Kleinschmidt befasst sich in ihrem Artikel damit, wie wir dem Burn-out präventiv und auch akut begegnen können.
Auch junge Familien leiden unter Zeitmangel und Stress. Das Wochenbett ist in vielen Fällen keine schöne Ankomm-Oase für die Familienwerdung, sondern ein Wust aus Wäsche, zu viel Besuch und Elterngeldanträgen. Eltern leiden unter bürokratischen und gesellschaftlichen Anforderungen, denen sie nicht – oder nur unter erheblichem Stress – gerecht werden können. In diesem Heft berichten vier Hebammen von ihren Erfahrungen mit Zeit und Stress im Wochenbett.
Das Vergehen der Zeit bringt das Nachwachsen einer neuen Generation mit sich – und so auch einen neuen Zeitgeist. Selbstbestimmung, Flexibilität, bedürfnisorientiertes Arbeiten und »Me-Time« sind heute selbstverständliche Begriffe, wie Ulrike Bleyl in ihrem Beitrag beschreibt. Die neuen Generationen bringen jedoch nicht nur einen besseren Blick für eine Work-Life-Balance mit sich, sondern leben durch Social-Media auch in einer Welt, in der Individualismus ein Muss ist und Menschen perfekter sein sollen – was neuen Druck erzeugt.
Und nicht nur Hebammen, Geburtshelfer:innen, Frauen und Familien erleben Stress – auch ein Baby im Bauch kann durch das Stresserleben seiner Mutter geprägt werden, wie es die Psychoneuroimmunologie zeigt. Prof. Dr. Schubert beschreibt, was im Körper der Schwangeren und im Körper des Kindes geschieht, wenn Stress die Oberhand bekommt.
Es wirkt, als müssten wir denn Stress besiegen, der so allgegenwärtig scheint. Doch was es braucht, ist kein Sonderurlaub, kein weiterer Yogakurs und kein teures Retreat. Hebammenbetreuung, Familienwerdung und ein gesundes Geborenwerden gelingen mit einer Zutat besonders gut und diese ist nicht unbedingt Effizienz oder Achtsamkeit, sondern vor allem Zeit – denn aus ihr kann in Ruhe alles wachsen, was wir brauchen.
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