Wissen erhalten und vertiefen
In der letzten Folge der Reihe „QM in der Freiberuflichkeit“ wurde vorgestellt, wie die Hebamme mit Hilfe des Portfolios ihre Kompetenz für ihr Leistungsspektrum darstellen und nachweisen kann. Eng damit verknüpft ist der Bereich der beruflichen Fortbildung, mit deren Hilfe die berufliche Weiterentwicklung und die Einhaltung neuer gesetzlicher Vorgaben unterstützt werden. Um mit dem Wandel in Wissenschaft, Lehre und Politik mithalten zu können, ist eine fortlaufende Beschäftigung mit den Grundlagen der Berufsausübung notwendig. Dies geschieht über das Lesen von Fachzeitschriften, Veröffentlichungen und den Besuch von Veranstaltungen der Berufsverbände sowie den Austausch mit Kolleginnen. Zur Vertiefung einer Thematik sind Fortbildungen, Seminare, Kongresse und Tagungen gedacht. Damit erfolgt der Transfer von ExpertInnenwissen zu den Praktikerinnen. Der Transfer der Theorie in die Praxis der Berufsausübung liegt in der Verantwortung der Hebamme.
Rechtliche Grundlagen
Sowohl freiberufliche als auch angestellte Hebammen sind gemäß der Berufsordnung der Länder zur regelmäßigen Fortbildung verpflichtet. Inhalte und Umfang dieser Verpflichtung werden dabei unterschiedlich ausführlich beschrieben. Einige (überwiegend ältere) Berufsordnungen (BO) sind in den Formulierungen eher allgemein gehalten, wie beispielsweise die BO des Saarlandes:
„(1) Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, sich über die für ihre Berufsausübung geltenden Vorschriften und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterrichten und sich regelmäßig beruflich fortzubilden.
(2) Geeignet für die Fortbildung sind insbesondere die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen der Hebammenschule und der Hebammenverbände sowie das Studium der Fachliteratur.“
Andere BOs geben den Umfang der Verpflichtung vor – meist 40 bis 60 Stunden innerhalb von drei Jahren – und auch die möglichen und verpflichtenden Inhalte.
Die Hebamme ist zur Einhaltung berufsrechtlicher Vorschriften wie der BO verpflichtet, egal ob sie gesetzlich oder privat Versicherte betreut oder ob sie nur Leistungen für SelbstzahlerInnen anbietet. Die Verpflichtung zur beruflichen Weiterentwicklung, aus der eine Verpflichtung zur Fortbildung hergeleitet werden kann, ergibt sich auch aus dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V). Dort heißt es in § 135a:
„Verpflichtung der Leistungserbringer zur Qualitätssicherung
(1) Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden.
Seit November 2015 sind die Bestimmungen bekannt, die im neuen Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe für freiberufliche Hebammen für die Arbeit mit gesetzlich versicherten Frauen gelten, und die allgemein gehaltene gesetzliche Anforderung konkretisieren Bundesweit wurden einheitlich 40 Fortbildungsstunden innerhalb von drei Jahren festgelegt (siehe Kasten zur Anlage 3). Neu gegenüber den Regelungen in den BO ist die Beschreibung zum Umgang mit Unterbrechungen der Berufstätigkeit. Berücksichtigt wird nun auch die Tatsache, dass Hebammen zeitweise oder auf Dauer nur in bestimmten Bereichen des Berufsbildes tätig sind. Nach einer vollständigen Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit für mehr als 18 Monate, beispielsweise wegen eines Studiums oder Elternschaft, ist nun eine Auffrischung des Wissens und der Fertigkeiten für freiberufliche Hebammen vorgeschrieben. Dies gilt auch, wenn die Unterbrechung nur einen Bereich des Berufes betrifft, beispielsweise wenn eine Hebamme länger als 18 Monate keine Geburtshilfe anbietet, obwohl sie ansonsten freiberuflich tätig war, später jedoch wieder damit beginnen möchte.
Anlage 3 der Qualitätsvereinbarung
§ 3 Maßnahmen zur Erzielung der Strukturqualität
(1) Die Hebamme stellt sicher, dass sie vor Neu- oder Wiederaufnahme ihres spezifischen Leistungsspektrums der freiberuflichen Hebammentätigkeit (z.B. Schwangerenvorsorge, Kurse, Geburtshilfe, Wochenbettbetreuung) die nötigen Qualifikationen (erforderliche hebammenspezifische praktische Fertigkeiten zum Umgang mit möglichen Fallkonstellationen) nach dem jeweils aktuellen Stand der Hebammenwissenschaften gewährleistet. Eine Wiederaufnahme ihres spezifischen Leistungsspektrums der freiberuflichen Hebammentätigkeit liegt nicht vor, wenn diese Tätigkeit bis zu 18 Monate nicht ausgeübt wurde.
(2) Hat die Hebamme die Qualifikationen nach Abs. 1 nicht oder nur zum Teil während ihrer Ausbildungs-/Studienzeit als Hebamme (§ 6 Hebammengesetz) im Rahmen eines mindestens 12-wöchigen außerklinischen Externates (entspricht 480 Stunden) erworben oder entsprechen die erworbenen Qualifikationen nicht mehr dem aktuellen Stand der Hebammenwissenschaften, muss sie sicherstellen, dass sie sich die fehlenden oder zu aktualisierenden Lehrinhalte entsprechend den Anforderungen ihres Leistungsspektrums aneignet.
(3) Geeignete Maßnahmen zur Aneignung fehlender Lehrinhalte bzw. zur Aktualisierung ihres Fachwissens sind:
- Externat/Praktikum/Hospitation oder/und
- Simulationstraining für Geburten oder/und
- fachspezifische Fortbildungen oder/und
- Tätigkeit als zweite Hebamme bei außerklinischen Geburten
(4) Übergangsregelung: Soweit die Hebamme bei Inkrafttreten des Vertrages die Leistungserbringung in ihrem spezifischen Leistungsspektrum weiterführt, wird unterstellt, dass sie die nötigen Qualifikationen nach dem jeweils aktuellen Stand der Hebammenwissenschaft gemäß Abs. 1 gewährleistet. Die Regelungen über die Neu-/Wiederaufnahme nach Absatz 1 und die Fortbildungsmaßnahmen nach Absatz 5 bleiben hiervon unberührt.
(5) Die Hebamme ist gemäß der jeweiligen Berufsordnung der Hebammen der Länder verpflichtet, an Qualitätssicherungsmaßnahmen und an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Sofern in der für die Hebamme jeweils geltenden Berufsordnung kein Stundenumfang definiert ist, gelten als Fortbildungsmaßnahmen die nachweisliche Teilnahme an Fortbildungen von mindestens 40 Unterrichtsstunden innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren. Der dreijährige Fortbildungszeitraum verlängert sich bei Ruhen der freiberuflichen Hebammentätigkeit um die jeweilige Ruhezeit. Sofern keine Fortbildungsinhalte in der für die Hebamme geltenden Berufsordnung definiert sind, müssen die Fortbildungen dem jeweiligen Leistungsspektrum und dem aktuellen Stand der Hebammenwissenschaften entsprechen, mindestens jedoch Neugeborenen-Reanimation, Risikomanagement und Notfall-Maßnahmen (auch Erste-Hilfe-Kurse) abdecken.
Verpflichtung zum Nachweis
Bislang wird in sehr unterschiedlichem Maße überprüft, ob Hebammen ihrer Verpflichtung zur Fortbildung nachkommen. Zuständig ist das jeweilige Gesundheitsamt, bei angestellten Hebammen auch der Arbeitgeber. Von freiberuflichen Hebammen können die ersten Nachweise über die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung durch den GKV-SV frühestens zum 1. Januar 2018 verlangt werden. Die Unterschiede zwischen der Berufsordnung des jeweiligen Landes und dem Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V haben zur Folge, dass in der Praxis beide Vorgaben zu erfüllen sind und damit die jeweils weitergehende Anforderung gilt.
Werden beispielsweise durch die BO 60 Stunden verlangt und es findet sich eine Auflistung und Gewichtung der möglichen Inhalte, so ist mit der Erfüllung gegenüber dem Gesundheitsamt auch der Vertrag erfüllt. Wird hingegen in der BO keine Angabe zum Umfang der Fortbildungsverpflichtung gemacht oder liegt diese unter 40 Stunden, so sind die im Vertrag angegebenen 40 Stunden zu erfüllen. Inhaltlich haben die in der BO festgelegten Inhalte Priorität gegenüber dem Vertrag, außer wenn in der BO keine Details zu den Inhalten beschrieben sind.
Im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe bilden die Fortbildungen zu Notfällen und zur Gewährleistung des aktuellen Standes der Kenntnisse in den ausgeübten Tätigkeitsbereichen den Schwerpunkt. Unter „Notfällen“ werden nicht nur solche in der Geburtshilfe verstanden, sondern auch Notfälle in der Schwangerschaft und im Wochenbett, sowie Erste Hilfe bei Unfällen und Zwischenfällen (siehe DHZ 9/2014, Seite 70ff.). Wie umfangreich der Anteil für den Bereich „Notfall“ sein soll, bleibt unbestimmt. Der laufende Wissenserwerb durch Lesen von Fachzeitschriften, Newslettern, Büchern und anderen Veröffentlichungen wird zum Nachweis der Erfüllung der 40-stündigen Fortbildungsverpflichtung nicht anerkannt. Eine Ausnahme und sehr gute Möglichkeit bilden „E-Learning“- Angebote, bei denen nach der Lektüre eines Artikels durch Beantwortung von Fragen ein Nachweis erworben werden kann, dass der Inhalt des Artikels ausreichend bekannt ist.
Praktische Umsetzung für das QM
Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe gibt in Anhang 3a (Qualitätsmanagement) zur Anlage 3 (Qualitätsvereinbarung) des Vertrages Hinweise, in welcher Form das Thema Fortbildung im QM-Handbuch enthalten sein soll. In den Mindestanforderungen für das QM-Handbuch (siehe Abbildung 2) heißt es darin:
„6. Fort- und Weiterbildung
Unter Berücksichtigung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben vertieft, festigt und erweitert die Hebamme ihr Fachwissen mittels Fort- und Weiterbildung, ggf. zur Erweiterung des Leistungsangebotes.
Instrumente: Plan der Fort- und Weiterbildungen und deren Teilnahmebestätigungen u.a.“
Hebammen, die bereits mit dem „Hebammenkompetenzprofil“ arbeiten, können in der gewohnten Systematik die berufliche Weiterentwicklung erfassen und Fortbildungsnachweise darin sammeln. Auch die Systematik in einem bereits vorhandenen QM-System kann weiter genutzt werden, ist jedoch gegebenenfalls anzupassen oder zu ergänzen. Hebammen, die ein QM-Handbuch neu erstellen, können aus dem Portfolio (siehe Heft 3/2016, Seite 68ff.), den Vorgaben der Berufsordnung und des Vertrages sowie der eigenen Neigung den Fortbildungsbedarf für die nächsten Jahre planen und die erworbenen Nachweise direkt nach dem Portfolio abheften.
Hilfreich ist eine Übersicht der absolvierten Fortbildungen. Insbesondere für die Planung ist es nützlich, fortlaufend eine Datei im Computer zu führen, da zum Zeitpunkt der Ersterstellung des Planes noch ungewiss ist, wann und in welchem Umfang auch tatsächlich Fortbildungen zum geplanten Thema angeboten werden. Schreibarbeit wird gespart, indem die geplante Fortbildung nach Absolvierung einfach in den Block mit den durchgeführten Fortbildungen verschoben werden kann. Spalten für die anerkannten Stunden erlauben einen aktuellen Überblick über die Möglichkeit der Nachweiserbringung gegenüber dem GKV-SV und/oder dem Gesundheitsamt. Zudem sollten Hebammen auch den Kompetenzerwerb mit aufnehmen, der in nicht anerkannten Bereichen erfolgt, beispielsweise in Komplementärmedizin, oder durch eine nicht anerkannte Form des Erwerbs, zum Beispiel durch eine Veröffentlichung. Möglich ist auch, dass eine Fortbildung durch den GKV-SV anerkennungsfähig ist, durch das Gesundheitsamt oder den Arbeitgeber jedoch nicht und umgekehrt.
Hinweis
Eine Übersicht über die jeweiligen Regelungen in den Bundesländern findet sich auf der Homepage des Deutschen Hebammenverbandes unter https://www.hebammenverband.de/fortbildung/fortbildungspflichten/
Literatur
Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger: Hebammenberufsverordnung – HebBVO. Vom 7. November 2000 geändert durch das Gesetz vom 8. März 2005 (Amtsbl. S. 438). Amtsblatt 2000, S. 2136
Schwarz Ch, Krauspenhaar D: Hebammenkompetenzprofil. Ordner mit Register und Einlegeblättern. Elwin Staude Verlag 2014. Best.-Nr.: 2300
§ 134a Sozialgesetzbuch (SGB): Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V). Artikel 1 G. v. 20.12.1988 BGBl. I S. 2477, 2482; zuletzt geändert durch Artikel 4 G. v. 21.12.2015 BGBl. I S. 2424, Geltung ab 01.01.1989; FNA: 860-5 Sozialgesetzbuch. http://www.buzer.de/gesetz/2497/a149590.htm (letzter Zugriff: 20.01.2016)
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