Praxisgerecht dokumentieren
Die Inhalte der Dokumentation haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung müssen Hebammen inzwischen nicht nur das Besondere, sondern auch das Normale in der Schwangerschaft, bei der Geburt und in Wochenbett und Stillzeit dokumentieren.
Rechtliche Grundlagen
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten wurden im Jahr 2013 Regelungen zur Dokumentation eines Behandlungsverlaufes in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) neu aufgenommen. Sie legen Bestandteile der PatientInnenakte fest, die zwingend erforderlich sind. Außerdem geben sie PatientInnen und Angehörigen das Recht auf Einsichtnahme. Und sie verpflichten die Behandelnden, das Dokumentierte zu archivieren. „Behandelnde" im Sinne des Gesetzes sind nicht nur ÄrztInnen, sondern alle Berufsgruppen, die eine medizinische Behandlung zusagen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 630a Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag
(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
§ 630f Dokumentation der Behandlung
(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.
(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentliche Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.
(3) Der Behandelnde hat die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.
§ 630g Einsichtnahme in die Patientenakte
(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.
(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.
Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten Gesetz vom 20. Februar 2013 BGBl. I S. 277 mit Wirkung vom. 26. Februar 2013.
Das Gesetz sieht für den Behandlungsvertrag nicht zwingend die Schriftform vor. Die Formulierungen sind leider auf die Behandlung Kranker ausgerichtet. So besteht für die Übertragung der dortigen Regelungen auf den physiologischen Verlauf in der Berufspraxis der Hebamme weiterhin ein Interpretationsspielraum. Das Gesetz sieht auch vor, dass eine andere Behandlungsform als die nach den „allgemein anerkannten fachlichen Standards" vereinbart werden kann. Die Verpflichtung zur Dokumentation ist eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag. Mit ihrem QM-System stellt die Hebamme sicher, dass sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Dabei muss sie auch die landesspezifischen Regelungen in den Berufsordnungen berücksichtigen.
Vertragliche Grundlage
Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe soll die gesetzlichen Regelungen aufgreifen und sie für den Beruf der Hebamme konkretisieren. Daraus ergeben sich Mindestanforderungen, die das QM-System der Hebamme in Bezug auf die Dokumentation erfüllen muss.
Auszug aus Anhang 3a der Anlage 3 des Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V
II. Vorhaltung und Pflege von Informationen/Unterlagen im QM-Handbuch der freiberuflichen Hebammen (Definition der Mindestanforderungen)
...
4. Dokumentation und Archivierung
Die Dokumentation der freiberuflich tätigen Hebamme muss folgende Angaben und Unterlagen enthalten:
- Versicherteninformationen
- Personalien und Kontaktdaten, ggf. Krankenversicherungsträger
- errechneter ggf. korrigierter Geburtstermin
- Geburtenrang
- Anamnese
- geplanter und tatsächlicher Geburtsort
- ggf. betreuende Gynäkologin/betreuender Gynäkologe und Kinderärztin/Kinderarzt
- Dokumentation des Versorgungsverlaufes
Die Archivierung erfolgt gemäß gesetzlichen Vorgaben (insbesondere Versichertenakten)
Instrumente: Versichertenakte incl. Behandlungsvertrag, Aufklärungs- und Einwilligungserklärung, Übergabeprotokoll bei Verlegung (Schwangere, Gebärende, Wöchnerin, Kind/er), ggf. Befundkopien u.a. sofern außerklinische Geburtshilfe erbracht wird: Geburtsdokumentation nach Maßgabe der Inhalte eines Partogramms, Bogen zur externen Qualitätssicherung u.a.
Soweit die Theorie. Rein praktisch macht es den Eindruck, als hätten bei der Formulierung der Anforderungen an die Dokumentation nur Hebammen im Fokus gestanden, die Hausgeburten durchführen. Außerdem scheint es, als ob in dem Punkt Dokumentation im Vertrag die andernorts zu findenden Einschränkungen „gegebenenfalls" und „beispielsweise" vergessen wurden.
So wird im QM-System der Hebamme, die als Beleghebamme arbeitet oder die nur Kurse anbietet, kein „Übergabeprotokoll bei Verlegung" benötigt, zumal alle klinikinternen Vorgaben und Formulare über das Dokumentations- und QM-System der Klink geregelt werden. Im eigenen QM-System der Hebamme muss nur der Teil der Freiberuflichkeit behandelt werden, der alleine im Verantwortungsbereich der Hebamme liegt (beispielsweise zusätzliche häusliche Wochenbettbesuche). Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe hat weder Gültigkeit für Klinikträger noch für Arztpraxen, die ihre eigenen Regelungen haben. Für den Geburtsvorbereitungskurs bedarf es keiner „Aufklärungs- und Einwilligungserklärung" und es gibt auch keinen „Versorgungsverlauf", der dokumentiert werden müsste.
Bei einer Betreuung in der Frühschwangerschaft oder bei einem Vorgespräch ohne weitere Betreuung sind „geplanter und tatsächlicher Geburtsort" weder bekannt noch relevant, folglich „müssen" sie auch nicht zwingend angegeben werden. Unklar ist weiterhin, ob die Versichertenakte in jedem Fall einen schriftlichen Behandlungsvertrag enthalten muss oder nur die Dokumentation, dass eine Leistung in Anspruch genommen wurde – womit bei gesetzlich Versicherten automatisch ein Behandlungsvertrag zustande kommt.
Zusammengefasst berücksichtigt der Vertrag in den Mindestanforderungen an ein QM-System, was die Dokumentation betrifft, nicht in ausreichendem Maße, dass Hebammen in unterschiedlichen Bereichen tätig sind und sich eine ordentliche Dokumentation dadurch in „Angaben und Unterlagen" unterscheiden muss.
Die im Vertrag benannten Inhalte sind selbstverständlich (Versicherteninformationen, Kontaktdaten), unvollständig (neben dem Geburtenrang ist auch der Schwangerschaftsrang erforderlich), zu unkonkret (Anamnese) oder nur bei bestimmten Leistungen beziehungsweise Zeitpunkten im Versorgungsverlauf erforderlich (geplanter und tatsächlicher Geburtsort).
Der Bereich der Dokumentation ist ein wichtiger Bestandteil der Hebammentätigkeit, der sich in jedem QM-System widerspiegeln muss. Eine Orientierung an den Vorgaben des Vertrages ist dabei leider nicht sinnvoll. Maßgeblich für die eigene Dokumentation und deren Darstellung im QM-System ist daher das in der Ausbildung Gelernte, angepasst an den aktuellen Stand des Wissens, der sich aus Fortbildungen und Veröffentlichungen ergibt. Werden bei der Überprüfung des QM-Systems Abweichungen zum Vertrag festgestellt, so handelt es sich um „unkritische Abweichungen", wenn sie letztlich darauf beruhen, dass der Vertrag ungenau oder unpassend formuliert ist.
Wie bereits in Folge 23 (siehe DHZ 7/2016) dargestellt, gehören Mutterpass und Kinder-Untersuchungsheft eher zu den Dokumentationsvorgaben als zu den Arbeitsmaterialien, vorausgesetzt das Leistungsspektrum der Hebamme erfordert deren Bereithaltung.
Das Partogramm
Für die außerklinische Geburtshilfe sieht der Vertrag eine „Geburtsdokumentation nach Maßgabe der Inhalte eines Partogramms" vor. Hier scheint es, als hätte sich eine bereits überholte Anforderung der klinischen Geburtshilfe – Nutzung eines Partogramms als Standard – im Verhandlungsprozess über den Schiedsstellenbeschluss durchgesetzt und den Hebammenverbänden wäre es gerade noch gelungen, eine abmildernde Formulierung unterzubringen: „nach Maßgabe der Inhalte".
Fakt ist, dass es keine festgelegten Inhalte eines Partogramms gibt. Den verschiedenen Versionen von Partogrammen gemein ist lediglich die grafische Darstellung von Zeit (auf der x-Achse) sowie Muttermundsöffnung und Höhenstand des vorangehenden Teils des Kindes im Becken der Mutter (auf der y-Achse). Wunschtraum bei der Entwicklung von Partogrammen war, auf einen Blick erkennen zu können, wann ein Geburtsstillstand vorliegt, um Maßnahmen zu einem verbesserten Outcome ergreifen zu können. Hierzu wurden im Partogramm nach zwei bis vier Stunden ohne Zunahme der Muttermundsöffnung „Alarmierungs- oder Aktionslinien" gezogen. Ein systematisches Review randomisierter oder quasi-randomisierter Studien von der britischen Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin Tina Lavender und KollegInnen führte 2012 zur Ernüchterung. Denn sie konnten keinen Unterschied zwischen Studiengruppen mit und ohne Partogramm-Nutzung feststellen. Auch der Vergleich zwischen verschiedenen Partogrammdesigns konnte an diesem Ergebnis nichts ändern. Doch führte die Nutzung von Partogrammen, die eine Latenzphase beinhalteten, etwas häufiger zu einem Kaiserschnitt als die Nutzung von Partogrammen, in denen die Latenzphase nicht Bestandteil des Partogramms war. Leider wurde nicht untersucht, welchen Einfluss Umfang und Häufigkeit der Dokumentation – unabhängig von den genutzten Vorlagen – auf das Geburtsgeschehen haben.
Die Gültigkeit der seit 1997 bestehenden „Empfehlungen zur Dokumentation der Geburt – Das Partogramm" wurde zwar zuletzt 2010 bestätigt. Die Empfehlung wird bei der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) jedoch weder unter aktuellen noch unter angemeldeten Leitlinien geführt. Sie findet sich nur noch im Archiv der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). In dieser noch öffentlich zugänglichen Version findet sich kein Muster-Partogramm, das die Anforderungen des Vertrages konkretisieren würde. Die Inhalte der Geburtsdokumentation werden in der Empfehlung aus heutiger Sicht lückenhaft beschrieben. So findet sich unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten der Anamnese und jetzigen Schwangerschaft" lediglich die „Synopsis früherer Schwangerschaften". Familienanamnese und eigene Erkrankungen der Frau werden nicht aufgeführt. Selbst gynäkologische Operationen und Besonderheiten mit Relevanz für die Geburt werden nicht erwähnt.
Weitere mögliche Inhalte von im Gebrauch befindlichen Partogrammen können in der Dokumentation der kindlichen Herztöne, Wehentätigkeit, Arzneimittelgabe und den Ausscheidungen bestehen, ergänzt durch einen mehr oder weniger umfangreichen Formularteil. Hier unterscheiden sich die Partogramme jedoch erheblich, so dass „nach Maßgabe der Inhalte eines Partogramms" alles und nichts bedeuten kann. Das ist wenig hilfreich.
Das jüngste für Hebammen öffentlich erreichbare Beispiel für ein „empfohlenes“ Partogramm findet sich in der Empfehlungsversion von 1997, deren Gültigkeit 2013 für abgelaufen erklärt wurde, wie die DGGG auf einem Ausdruck von 1999 dokumentiert.
Weitaus komplexer sieht hingegen das ausgefüllte Beispiel eines Verlages aus, das unter folgendem Link erreichbar ist: https://www.thieme-compliance.de/fileadmin/user_upload/Download/Informationsmaterialien/Partogramm.pdf
Dabei handelt es sich jedoch um „eines von vielen“, so dass auch daraus keine Schlüsse gezogen werden können, was der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe mit „Inhalten nach Maßgabe des Partogramms“ genau meint.
Inhalt wichtiger als die Form
Wichtiger als die Form ist der konkrete Inhalt der geburtshilflichen Dokumentation, über den der Vertrag nichts aussagt. Es entsteht eher der Eindruck, als sollte der außerklinischen Geburtshilfe eine klinische Vorgehensweise aufgezwungen werden mit regelmäßigen vaginalen Untersuchungen und Interventionen bei Geburtsstillstand.
Zu empfehlen ist eine ausführliche Geburtsdokumentation unter Berücksichtigung der Besonderheiten der außerklinischen Geburtshilfe. So erfordert die Dokumentation der kindlichen Herztöne mittels Dopton oder Hörrohr mehr als eine Markierung „CTG-Anfang/CTG-Ende" im Partogramm. Um die kindlichen Herztöne zu dokumentieren, gibt es für Hebammen bessere Methoden. Beispielsweise können sie ein Formular mit tabellarischer Aufzeichnung oder einen Stempel benutzen, der wesentliche Merkmale zur Dokumentationserleichterung und Gedächtnisstütze enthält. Eine vollständige Anamnese aufzunehmen, wird ebenfalls durch ein Formular erleichtert.
Möglich und in mancher Hinsicht überlegen ist der Geburtsbericht im Fließtext, wenn die Hebamme ihn wahrheitsgemäß, vollständig und nachvollziehbar formuliert. Sie kann die Geburt auch in einem Partogramm dokumentieren, sollte es jedoch durch darin nicht vorgesehene Informationen ergänzen: im Fließtext oder durch ein Ergänzungsformular.
Bestandteile der Akte
Wie sich die Akte einer Frau zusammensetzt, ist abhängig von Leistungsumfang, Betreuungsdauer und der Art, wie die Hebamme oder das Hebammenteam organisiert ist. Für Angebote wie beispielsweise einen offenen Stilltreff oder einen Infoabend zur Beikosteinführung, die ohne Anmeldung und mit Barzahlung stattfinden, müssen Hebammen keine Daten aufnehmen. Wenn sie eine Anmeldung oder eine Terminvereinbarung wünschen, müssen sie Kontaktdaten aufnehmen. Bei Leistungen, die sie über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, kommen die Versichertendaten (Sozialdaten) und der Quittierungsbogen zur Bestätigung der Leistung durch die Versicherte hinzu, zum Beispiel bei Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskursen.
Sie werden ergänzt durch Unterlagen, die die Hebamme in ihrem QM-System für erforderlich hält: beispielsweise die verbindliche Anmeldung, Vertrag zur Kursteilnahme mit Zahlungsmodalitäten für Stunden, an denen die Frau nicht teilgenommen hat, Anmeldebestätigung mit Infos zum Kurs oder Infoblätter, die sie während des Kurses austeilt. Die Anamnese beschränkt sich auf relevante Besonderheiten für den Kurs, beispielsweise körperliche Einschränkungen. Zunehmend erheben und speichern Hebammen Abrechnungsunterlagen in elektronischer Form – mit einem Kartenlesegerät, einem Abrechnungsprogramm oder auch der Datenerfassung mit einer App.
Wenn die Hebammen eine Frau individuell in der Schwangerschaft, im Wochenbett oder bei der Geburt betreuen, muss sie eine Akte anlegen.
Dokumentation im Qualitätsmanagement
Die Hebamme ermittelt in ihrem QM-System, welches System der Aktenführung für sie am besten passt. Regelmäßig überprüft sie, ob ihre Vorlagen noch aktuell sind. Auch Beschaffung, Regelung der Verfügbarkeit, Einhalten des Datenschutzes, Archivierung und die Vernichtung alter Akten gehören dazu. Je nach Leistungsspektrum ergibt sich eine „Standardakte". Dazu kommen Dokumente, die nur bei Bedarf zum Bestandteil der Akte werden, beispielsweise eine Schweigepflichtsentbindung. Um Akten zusammenzustellen, eignen sich Karteikarten und Formulare, die Hebammen selbst erstellen oder anschaffen können (käuflich oder kostenlos). Meist ergibt sich ein modulares System durch Kombinationen, das die Hebamme mit Fließtext ergänzen muss.
Alle Dokumentationsvorlagen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, die Hebammen bei der Planung der eigenen „Standardakte" berücksichtigen sollten. Eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Systeme findet sich in DHZ 1/2015 für die Wochenbettbetreuung (Knobloch 2015).
Kriterien zur Auswahl sind:
- Preis
- Format
- Berücksichtigung des eigenen Leistungsspektrums
- einfache Handhabung
- schnelles Ausfüllen durch Ankreuzmöglichkeiten
- Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Informationen
- ausreichender Platz für zusätzlichen Fließtext und ggf. Laboraufkleber
- Aktualität
- störende Werbung auf Gratisvorlagen
- Möglichkeit der Ergänzung durch zusätzliche Dokumente.
Das eigene System müssen Hebammen regelmäßig auf Vollständigkeit der Informationen überprüfen und gegebenenfalls ergänzen. Auf Änderungsbedarf werden sie aufmerksam durch Fortbildungen, Lektüre von Fachveröffentlichungen und Grundlagendokumente wie beispielsweise Gesetzestexte, Vertragstexte und Mutterschaftsrichtlinie.
Die notwendigen Dokumentationsvorlagen können sie durch nützliche QM-Dokumente ergänzen, wie eine Checkliste mit Beratungsthemen oder Merkblätter zur Unterstützung der Beratung. Die Verfügbarkeit der Vorlagen sichern sie durch regelmäßige Kontrolle des Bestandes, rechtzeitige Nachbestellung und Arbeitshilfen, die beispielsweise eine Dokumentation unterwegs durch eine Mappe mit Leervorlagen ermöglichen. Manchmal können Hebammen ihre Dokumentation auch schlicht dadurch verbessern, dass sie doppelte Angaben weglassen.
Fazit
Die gesetzlichen Grundlagen stecken den Rahmen für die Anforderungen an ein Dokumentationssystem. Die Regelungen im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe sind wenig hilfreich für die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen im eigenen QM-System, da sie missverständlich formuliert sind. Hinzu kommt, dass sie das Kunststück schaffen, bei zu knapper Darstellung trotzdem noch Überflüssiges unterzubringen. Es bleibt zu hoffen, dass die nächste Version des Vertrages eine Verbesserung bringt.
Unabhängig davon leistet das Qualitätsmanagement gute Dienste, um die Dokumentation der Hebamme und durch eine Optimierung der Dokumentationsprozesse auch die Arbeitszufriedenheit zu verbessern.
Hinweis
Im November 2015 ist der durch Schiedsspruch festgesetzte neue Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) veröffentlicht worden. Danach ist jede freiberufliche Hebamme verpflichtet, bis Mai 2016 mit der Einführung eines QM-Systems begonnen zu haben und es innerhalb von zwei Jahren fertigzustellen. Die Mindestanforderungen an ein QM-Handbuch der Hebamme sind in Anhang 3a (Qualitätsmanagement) zur Anlage 3 (Qualitätsvereinbarung) des Vertrages definiert. Im zweiten Absatz mit der Überschrift „Vorhaltung und Pflege von Informationen/Unterlagen im QM-Handbuch der freiberuflichen Hebammen (Definition der Mindestanforderungen)" finden sich sechs Bestandteile, die von jeder Hebamme erwartet werden, unabhängig von ihrem Tätigkeitsspektrum.
Die DHZ stellt diese Bestandteile in der Reihe „QM in der Freiberuflichkeit" vor. Zusätzlich findet sich im Archiv der DHZ unter https://www.dhz-online.de/index.php?id=626 jeweils ein editierbares Muster des QM-Dokuments zum Thema (frei erreichbar). Hebammen können es systemunabhängig in das eigene QM-Handbuch übernehmen.
Literatur
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): neugefasst durch B. v. 02.01.2002 BGBl. I S. 42, 2909; 2003, 738; zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 24.05.2016 BGBl. I S. 1190, Geltung ab 01.01.1964; FNA: 400-2. Buch 2, Abschnitt 8, Titel 8, Untertitel 2 Behandlungsvertrag, §§630a-h. http://www.buzer.de/gesetz/6597/b27469.htm (letzter Zugriff: 20.9.2016)
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht (AG MedR). Empfehlungen zur Dokumentation der Geburt – Das Partogramm –, 2010 und 1997. http://www.dggg.de/leitlinienstellungnahmen/archivierte-leitlinien/federfuehrende-leitlinien-der-dggg/?tx_damfrontend_pi1[catEquals]=56&tx_damfrontend_pi1[treeID]=3076&tx_damfrontend_pi1[id]=573&tx_damfrontend_pi1[sort_title]=DESC (letzter Zugriff: 26.9.2016)
Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (PatRechteG): G. v. 20. Februar 2013 BGBl. I S. 277 m.W.v. 26. Februar 2013. http://www.buzer.de/gesetz/10509/a179658.htm (letzter Zugriff: 26.9.2016)
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