Schweizer Kohortenstudie zum Kaiserschnitt

Antibiotikaprophylaxe vor oder nach dem Abnabeln?

  • Laut einer Schweizer Studie kann die Antibiotikaprophylaxe bei einem Kaiserschnitt auf den Zeitpunkt nach der Abnabelung des Kindes verlegt werden, ohne dass es zu einem deutlichen Anstieg der Infektionen kommt.

  • Eine Antibiotikaprophylaxe senkt das Risiko von Wundinfektionen und Endometritis und ist deshalb bei der Sectio caesarea nicht umstritten. Umstritten ist allerdings, wann die Antibiotika gegeben werden sollen. Viele GeburtshelferInnen warten bis zur Abnabelung, um das Neugeborene nicht unnötig mit Antibiotika zu belasten, die die Entwicklung der Darmflora stören könnten. Diese Haltung steht jedoch im Widerspruch zu den aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorgani­sation, die sich eindeutig dafür ausgesprochen hat, die Antibiotikaprophylaxe vor dem Hautschnitt durchzuführen.

    Ein Team um Andreas Widmer vom Inselspital Bern hält dem entgegen, dass viele der Studien, die den Meta-Analysen zugrunde liegen, in Ländern durchgeführt wurden, in denen die Infektionsrisiken für Mutter und Kind weitaus höher sind als in der Schweiz. Das Team hat deshalb die Erfahrungen aus 75 Schweizer Kliniken aus den Jahren 2008 bis 2019 zusam­men­­getragen. Zunächst fällt auf, dass es in den Schweizer Kliniken sehr viel seltener zu Infektionen kommt, als nach den Ergebnissen der Meta-Analysen zu erwarten war. Von den Patientinnen, die die Antibiotika vor dem Hautschnitt erhalten hatten, erlitten 379 (1,6 %) eine chirurgische Infektion. Von den Patientinnen, die die Antibiotika erst nach dem Abklemmen der Nabel­schnur erhalten hatten, erlitten 449 (1,7 %) eine Infektion.

    Die Schweizer GeburtshelferInnen halten aufgrund ihrer Ergebnisse ein Verschieben der Antibiotikaprophylaxe auf den Zeitpunkt nach dem Abklemmen der Nabelschnur für vertretbar. Ob sich die Leitlinien dieser Haltung anschließen werden, bleibt abzuwarten. Da es sich um eine Kohorten­studie handelt, lassen sich Verzerrungen nicht ausschließen. Es ist vorstellbar, dass die GeburtshelferInnen bei Frauen mit einem günstigen Ausgangsrisiko eine späte Antibiotikagabe wagten, während sie bei Frauen mit einem erhöhten Risiko eher auf Nummer sicher gingen. Dies lässt sich in einer Kohortenstudie nicht immer ausschließen. Aufschlussreich wäre auch eine Analyse der Gründe, warum es in der Schweiz offenbar seltener zu chirurgischen Infektionen kommt als in anderen Ländern.

    Quelle: aerzteblatt.de, 13.1.2021DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 15.01.2021