Qualitative Studie aus Papua-Neuguinea

Stillpraktiken: Die Großmutter einbeziehen

  • Die Großmutter erfährt große Achtung unter den Müttern in ländlichen Gebieten Papua-Neuguineas, weil sie als Expertin gilt, die über grundlegendes Wissen im Umgang mit Neugeborenen verfügt.

  • In Papua-Neuguinea werden fast alle Neugeborenen gestillt. Dennoch werden nicht immer angemessene Stillpraktiken berücksichtigt und in die Praxis umgesetzt. Woran kann das liegen? Was beeinflusst die Entscheidungen stillender Mütter?

    Durchgeführt wurde eine qualitative Studie unter 20 erstgebärenden Frauen (Maviso et al., 2022). Die Daten wurden im Rahmen einer Gruppendiskussion und semi-strukturierter Interviews gewonnen, die zwischen Dezember 2019 und Januar 2020 durchgeführt wurden.

    Die Interviewdaten wurden im Rahmen einer kritischen Diskursanalyse evaluiert. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmerinnen lag bei 25 Jahren.

    Die Evaluation zeigte, dass drei zentrale Themen ermittelt werden können: gesellschaftlich geprägtes Wissen, soziale Kontrolle und Dominanz sowie Rollenkonflikte in Bezug auf Stillpraktiken zwischen Müttern und Großmüttern.

     

    Gesellschaftlich geprägtes Wissen

     

    Die Großmutter erfährt große Achtung unter den Müttern in ländlichen Gebieten Papua-Neuguineas, weil sie als Expertin gilt, die über grundlegendes Wissen im Umgang mit Neugeborenen verfügt. So beschreibt eine Teilnehmerin der Studie: »Die Großmutter war die Person, welche mir gezeigt hat wie ich das Baby anlege, die Windel wechsle und so weiter. Ich lernte die meisten Handgriffe von ihr.«

     

    Soziale Kontrolle und Dominanz

     

    Der Einfluss der Großmutter kann dabei so weit reichen, dass eine soziale Kontrolle und Dominanz durch Großmütter erlebt wird. Eine Teilnehmerin beschreibt es so: »Die Großmutter sagte mir, dass junge Mütter unerfahren sind. (…) Ich wusste wenig über das Thema der Ernährung meines Kindes. Daraufhin hat sie mir gezeigt, wie ich stillen soll. (…) Sie ist viel erfahrener als ich und wenn sie etwas beiträgt, dann sage ich nichts mehr.«

     

    Rollenkonflikte in Bezug auf Stillpraktiken

     

    Die meisten befragten Frauen stimmten darin überein, dass sie Rollenkonflikte erleben, die auftreten können, wenn sich die Hinweise einer Betreuungsperson von denen einer Großmutter unterscheiden. In Papua-Neuguinea scheint der Einfluss der Großmütter beispielsweise dazu beizutragen, dass eine frühe Einführung der Beikost bei Kindern unter sechs Monaten erfolgt: Dies steht allgemeinen Empfehlungen entgegen.

    Die Autor:innen diskutieren, dass Großmütter in ländlichen Gebieten Papua-Neuguineas großen Einfluss auf die Stillentscheidungen ihrer Töchter nehmen. Sie empfehlen, Großmütter in die Beratung einzubeziehen, indem stillfördernde Interventionen mit Müttern und Großmüttern besprochen werden und ihre beidseitige positive Unterstützung gewonnen wird.

    Hinweis: Unser Schwerpunktthema in DHZ 2/2023 wird sich mit der Rolle der Großmutter im Familiengefüge und mit Blick auf die Hebammenarbeit befassen.

    Maviso, M.K., Kaforau, L.M., Hastie, C. (2022). Influence of grandmothers on breastfeeding practices in a rural community in Papua New Guinea: A critical discourse analysis of first-time mothers' perspectives. Women Birth. DOI: 10.1016/j.wombi.2022.08.001 ∙ DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 16.11.2022