Querschnittsstudie unter Ländern mit hohem Einkommen

Erhebliche Unterschiede in der Rate der geburtshilflichen Interventionen

  • Die großen Unterschiede in den geburtshilflichen Interventionsraten deuten darauf hin, dass Eingriffe vielfach über das notwendige Maß hinaus erfolgen.

  • Das Ziel einer multinationalen Querschnittsstudie war die Evaluation geburtshilflicher Interventionen in 13 Ländern mit hohem Einkommen. Eingeschlossen wurden 4.729.307 Einlingsgeburten aus dem Jahr 2013, die nach der 37. Schwangerschaftswoche stattgefunden haben. Berücksichtigt wurden Daten aus Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Island, Irland, England, Niederlande, Belgien, Deutschland, Malta, den USA und Chile. Quantitative Analysen wurden durchgeführt, die an die Populationsmerkmale angepasst wurden.  Assoziationen zwischen Interventionsraten, Populationsmerkmalen und Ergebnissen wurden unter Verwendung der Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman bewertet.

    Trotz einer Anpassung der Bevölkerungsmerkmale wurden für alle Interventionen erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern festgestellt. Die größten Unterschiede zeigten sich bei medikamentöser Wehenunterstützung, intrapartaler Schmerzlinderung, Episiotomie, instrumenteller Geburtsbeendigung und Kaiserschnittentbindung. Der Prozentsatz der Geburten, die nach der 42. Schwangerschaftswoche stattfanden variierte zwischen 0,1 und 6,7 %.

    Ebenso zeigten sich Unterschiede in Zusammenhang mit der Parität. Bei erstgebärenden Frauen fanden zwischen 42 und 70 % spontane vaginale Geburten statt. Bei mehrgebärenden Frauen lag der Anteil zwischen 50 und 84 %. Der spontane Wehenbeginn unterschied sich bei erst- und mehrgebärenden Frauen, so hatten zwischen 56 und 80 % aller erstgebärenden sowie zwischen 51 und 82 % aller mehrgebärenden Frauen einen spontanen Wehenbeginn.

    Von den erstgebärenden Frauen wurden zwischen 14 und 36 % und von den mehrgebärenden Frauen zwischen 8 und 28 % eingeleitet. Medikamentöse Wehenunterstützung bei erstgebärenden Frauen erfolgte zwischen 22 und 71 % gegenüber 7 bis 38 % der mehrgebärenden Frauen. Intrapartale Schmerzlinderung erfolgte zwischen 50 und 93 % bei erstgebärenden gegenüber 25 bis 86 % bei mehrgebärenden Frauen für jede intrapartale Schmerzlinderung.

    Bei den erstgebärenden Frauen hatten 19 bis 83 % gegenüber 10 bis 64 % bei mehrgebärenden Frauen eine Epiduralanästhesie. Die Episiotomierate lag bei Erstgebärenden zwischen 6 und 68 % gegenüber 2 bis 30 % bei Mehrgebärenden. Vaginal-operative Geburten schwankten zwischen 3 und 30 % bei Erstgebärenden und 1 und 7 % bei Mehrgebärenden.

    In Ländern mit höheren Spontangeburtenraten wurden nach einer vaginalen Geburt höhere Raten geburtshilflicher Sphinkterverletzungen festgestellt. In Ländern mit höheren Raten der Epiduralanästhesien bei Erstgebärenden und spontanen Geburten bei Mehrgebärenden wurden höhere Raten des Apgar-Scores unter 7 gefunden. Hinsichtlich der perinatalen Mortalität wurden keine statistisch signifikanten Variationen gefunden.

    Die AutorInnen schlussfolgern, dass auch nach Anpassung an die Bevölkerungsmerkmale bei allen Interventionen erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern bestehen, was auf einen übermäßigen Einsatz von Interventionen in einigen Ländern hinweist. Die Umsetzung evidenzbasierter Handlungsempfehlungen ist somit weltweit erforderlich, um den Einsatz von Interventionen zu optimieren.

    Quelle: Seijmonsbergen-Schermers AE, van den Akker T, Rydahl E, Beeckman K, Bogaerts A, Binfa L et al.: Variations in use of childbirth interventions in 13 high-income countries: A multinational cross-sectional study. PLoS Med 2020.17 (5): e1003103. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1003103 DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 27.05.2020