Geburtshilfliche S2k-Leitlinie zu Frauen mit Querschnittlähmung aktualisiert
Fachvertretende der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) und der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie e.V. (DMGP) haben die S2k-Leitlinie »Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett bei Frauen mit Querschnittlähmung (QSL)« (Registernummer 179 – 002) aus dem Jahr 2018 jetzt aktualisiert. Damit sollen allgemeine interdisziplinäre Standards und praxisorientierte Hilfen zur Betreuung und Beratung von Frauen mit Kinderwunsch und Schwangerschaft bei QSL etabliert werden. Den Autor:innen zufolge leben in Deutschland etwa 140.000 Menschen mit QSL, davon etwa 25 % Frauen.
»Oftmals bestehen noch größere Unsicherheiten bei der Erfassung des Umfangs der paraplegiologisch zu berücksichtigenden Aspekte und damit bei der Leistungserbringung. Mit Hilfe dieser Leitlinie soll die interdisziplinäre Betreuung von querschnittgelähmten Frauen mit Kinderwunsch und Schwangerschaft auf ein höheres Versorgungslevel gebracht werden«, so die Leitlinienkoordinatorin Dr. med. Ines Kurze, Chefärztin des Querschnittgelähmten-Zentrums der Klinik für Paraplegiologie und Neuro-Urologie Bad Berka.
Spezifisches Fachwissen gefragt
Vorgeburtliche Krankenhausaufenthalte aufgrund von Komplikationen wie verstärkten Spastiken oder Harnwegsinfekten kommen bei schwangeren Frauen mit QSL etwa fünfmal häufiger vor als bei Frauen ohne QSL (73 % vs. 14 %). Die Autor:innen der Leitlinie heben hervor, dass ein effektives Behandlungsmanagement spezifisches Fachwissen in den Bereichen Geburtshilfe und Gynäkologie, Paraplegiologie sowie Neuro-Urologie erfordere. Optimal sei daher die enge Anbindung an ein Querschnittgelähmten-Zentrum, in dem ein interdisziplinäres und interprofessionelles Team die Frauen oft auch schon vor Eintritt der Schwangerschaft betreut.
Mit Eintritt der Schwangerschaft könne frühzeitig die Kommunikation mit Fachvertretenden aus der Gynäkologie und Geburtshilfe aufgenommen werden. QSL-Patientinnen aktiv in die Behandlungsentscheidungen einzubeziehen, sei entscheidend. Denn ihr Maß an Gesundheitskompetenz sei oft sehr hoch. Mit Blick auf den Geburtsmodus stellt eine QSL per se keine Indikation für einen Kaiserschnitt dar, betont die Autor:innengruppe. Die Wünsche, Chancen und Risiken der Gebärenden sollten in einem individuellen Geburtsplanungsgespräch in der entsprechenden Klinik besprochen werden.
Praktische Tipps und Kontaktstellen
Grundlage für das Leitlinienupdate bilden die vorhandene Studienlage, zwei Dissertationen sowie die Einschätzung von betroffenen Müttern mit QSL. Letztere konnten wertvolle Ergänzungen in die Arbeit einbringen. Praktische Tipps zu Hilfsmitteln und Kontaktstellen sind im Anhang der Leitlinie aufgeführt.
Zahlreiche Kapitel wurden aktualisiert bzw. ergänzt, darunter:
- Epidemiologie
- Medizinische Versorgung und häufige Komplikationen bei schwangeren Frauen
- Harnwegsinfekte/oberer und unterer Harntrakt
- Darm
- Thrombose
- Atmung
- Spina bifida und Neuralrohrdefekte
- Antibiotika
- Anticholinergika / Antimuskarinika
- Harndiversion.
Die Leitlinie richtet sich an Mitarbeitende in der stationären Geburtshilfe sowie aus dem ambulanten und aus dem teilstationären Versorgungssektor. Zudem ist sie informativ für Schwangere und Gebärende mit QSL. An der Erstellung der insgesamt 70 Seiten umfassenden Handlungsempfehlung waren acht Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Fachgesellschaften beteiligt.
Die vollständige Leitlinienfassung finden Sie unter > https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/179-002
Quelle: DGGG, 28.8.2024 ∙ DHZ