Schwedische Registerstudie

Schütteltrauma bei Neugeborenen

Ein Schütteltrauma zählt zu den gefährlichen Notfällen im ersten Lebensjahr, da es lebensbedrohliche Folgen für den misshandelten Säugling haben kann. Viele ÄrztInnen werten das kombinierte Vorliegen einer Enzephalopathie, einer subduralen Blutung (SDH), einer Netzhautblutung (RH), Rippenfrakturen und klassischen metaphysären Läsionen (CML) hochspezifisch für das Vorliegen eines missbräuchliches Schütteltraumas (AHT). Trotzdem ist bei der Diagnostik das Risiko vorhanden, dass diese Befunde auch isoliert, ohne ein vorliegendes Schütteltrauma, auftreten können. Das Ziel einer schwedischen Registerstudie lag darin, individuelle Fälle eines bestätigten Schütteltraumas während des ersten Lebensjahres auf Vorliegen der Endpunkte SDH, RH und CML zu prüfen.

Untersucht wurden 36 Fälle eines Schütteltraumas von Säuglingen im ersten Lebensjahr. In 33 Fällen lagen Zeugenaussagen vor, wobei sowohl Mütter als auch Väter die TäterInnen waren. Es wurden jedoch mehr Fälle vom Vater verursacht und von der Mutter beobachtet als umgekehrt.

Misshandelt wurden 15 Jungen und 21 Mädchen. Alle 36 Säuglinge wurden geschüttelt, wobei bei sechs Säuglingen zusätzlich die Information auf einen stumpfen Aufprall unmittelbar nach dem Schütteln vorlag. In 30 Fällen gab es keine Befunde zu einer SDH, RH, CML oder Rippenfrakturen. Sechs Säuglinge zeigten Befunde auf, die auf einen körperlichen Missbrauch hindeuteten, zwei mit möglicher akuter intrakranieller Pathologie. Ein Säugling mit vorliegendem kombinierten Schüttel- und Aufpralltrauma zeigte SDH und Blutergüsse bei vorliegender Anamnese der Frühgeburtlichkeit und unspezifischen subkortikalen Veränderungen, ein weiteres Kind eine akute Subarachnoidalblutung bei anamnestischem Vorliegen einer chronischen SDH.

Die AutorInnen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass isoliertes Schütteln eines gesunden Säuglings nicht zwangsläufig zum Auftreten einer akuten SDH oder RH führt. Sie empfehlen, nach der Diagnose eines SDH oder RH sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich ein missbräuchliches Schütteln stattgefunden hat. Sie weisen darauf hin, dass missbräuchliches Schütteln eines Säuglings bei vorliegenden Risikofaktoren das Auftreten einer SDH oder RH begünstigt.

Thiblin I, Andersson J, Wester K, Wikstrom J, Hogberg G, Hogberg U: Medical findings and symptoms in infants exposed to witnessed or admitted abusive shaking: A nationwide registry study. PLoS One 202. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0240182 DHZ

Rubrik: 1. Lebensjahr

Erscheinungsdatum: 05.01.2021