Updated Cochrane-Review

Was bringt die Geburtseinleitung für das perinatale Outcome?

  • Wird nach Überschreiten des errechneten Geburtstermins eingeleitet, führt dies zu einer geringeren perinatalen Mortalität.

  • Das Thema Geburtseinleitung wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Das Ziel einer Aktualisierung eines existierenden Cochrane-Reviews bestand darin, die aktuellen Evidenzen zu Vor- und Nachteilen einer Geburtseinleitung bei einer Überschreitung des Geburtstermins zu evaluieren. Das aktualisierte Cochrane-Review folgt auf Reviews zur gleichen Fragestellung aus den Jahren 2006, 2012 und 2018.

    Eingeschlossen wurden in dieses Update lediglich randomisiert-kontrollierte Studien, in denen die Auswirkungen von Geburtseinleitungen sowie eines abwartenden Vorgehens während oder nach der 37. Schwangerschaftswoche bei Low-Risk-Gebärenden in Bezug auf kindliche und mütterliche Outcome-Parameter überprüft wurden. Nicht eingeschlossen wurden cluster-randomisierte und quasi-randomisierte Studien sowie Studien, in denen die Indikation eines vorzeitigen Blasensprungs vorlag. Die Auswahl und zugrundeliegende Bewertung der Studien erfolgten durch zwei AutorInnen.

    Ausgewählt wurden 34 randomisiert-kontrollierte Studien aus 16 Ländern, in denen die Daten von rund 21.000 Frauen und Kindern ausgewertet wurden. Die eingeschlossenen Studien stammen zum Großteil aus Ländern mit hohem durchschnittlichem Einkommen. Die Fragestellung wurde in den meisten Studien für den Zeitraum nach 41 Schwangerschaftswochen (> 287 Tage) untersucht, wobei die Studien selbst ein geringes bis mittleres Risiko für statistische Verzerrungen aufwiesen.

    Das geburtshilfliche Vorgehen einer Geburtseinleitung stand in Zusammenhang mit einer geringeren Rate perinataler Mortalität. Das relative Risiko, welches das Risiko-Verhältnis zwischen der Gruppe der eingeleiteten im Vergleich zur Gruppe der abwartend betreuten Frauen errechnete, betrug 0,31. Zugrunde lagen hierfür 22 Studien (n=18.750 Kinder). In klaren Zahlen beruht diese Angabe auf vier perinatalen Todesfällen in der Gruppe der Frauen, die eingeleitet wurden, im Vergleich zu 25 perinatalen Todesfällen in der Gruppe des abwartenden Vorgehens.

    In der Gruppe der Geburtseinleitungen war zudem die Rate der totgeborenen Kinder niedriger. Das relative Risiko betrug 0,3. Unter Berücksichtigung der gleichen Studien wurden in der Gruppe der Geburtseinleitung zwei Kinder, in der Gruppe des abwartenden Vorgehens 16 Kinder tot geboren. In diesem Zusammenhang wurde die Number Needed to Treat (NNT) mit 544 als statistische Maßzahl ausgerechnet, die aufzeigt, dass 544 Geburten aus der abwartend betreuten Gruppe hätten eingeleitet werden müssen, um einen perinatalen Todesfall verhindern zu können.

    Die weiteren Vergleiche und Berechnungen zeigten auf, dass in der Gruppe der eingeleiteten Frauen weniger Sectiones durchgeführt wurden (RR 0,90, 31 Studien, 21.030 Frauen) und vermutlich ähnliche Raten an vaginal-operativen Entbindungen stattfanden (RR 1,03, 22 Studien, 18.584 Frauen). Es wurden weniger Neugeborene dieser Gruppe auf die Neugeborenen-Intensivstation aufgenommen (RR 0,88, 17 Studien, 17.826 Kinder). Zudem wurden wenige oder keine Unterschiede in Bezug auf mütterliche Geburtsverletzungen, postpartale mütterliche Blutungen oder Unterschiede hinsichtlich der Stillrate bei Entlassung der Mutter festgestellt.

    Die AutorInnen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass in Bezug auf ein einleitendes Vorgehen bei der Überschreitung des Geburtstermins eine klare Reduktion perinataler Todesfälle aufgezeigt werden konnte, wobei die Anzahl betroffener Kinder insgesamt als gering eingestuft wird. Zudem schlussfolgern sie, dass trotz geringerer Sectioraten ohne erhöhte Raten vaginal-operativer Entbindungen und eine geringere Notwendigkeit zur Aufnahme Neugeborener auf die Neugeborenen-Intensivstation in der Gruppe der eingeleiteten Frauen weitere Forschung erforderlich sei. Sie raten hierbei zur Berücksichtigung der weiteren neurologisches Entwicklung der Kinder sowie den Wünschen der betreuten Frauen. Sie leiten außerdem die Notwendigkeit ab, Frauen hinsichtlich einer informierten Entscheidungsfindung zu beraten, deren Schwangerschaftsdauer 41 Schwangerschaftswochen überschreitet.

    Quelle: Middleton P, Shepherd E, Morris J, Crowther CA, Gomersall JC: Induction of labour at or beyond 37 weeks' gestation. Cochrane Database Syst Rev 2020. 7, CD004945. doi: 10.1002/14651858.CD004945.pub4 DHZ

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 27.07.2020