Wie kann das Sars-CoV-2-Virus zum Ungeborenen gelangen?

Laut einer neuen Publikation in Nature Communications über einen Einzelfall aus Frankreich ist es wahrscheinlich, dass das SARS-CoV-2 Virus intrauterin über die Plazenta von der infizierten Schwangeren auf das Ungeborene übertragen werden könnte.

Im vorliegenden Fall ist die Schwangere im letzten Trimester mit Sars-CoV-2 infiziert und mit Fieber und schwerem Husten stationär aufgenommen worden. Nasopharyngeale und rektale Abstriche vom Kind eine Stunde nach dem Kaiserschnitt sowie nach weiteren 3 und 18 Tagen wiesen die Gene von Sars-CoV-2 nach, auf die zuvor bereits die Mutter positiv getestet worden war. Entsprechende Blutteste waren ebenfalls positiv. Die AutorInnen konnten zudem nachweisen, dass die Viruslast in der Plazenta deutlich höher war als in der Amnionflüssigkeit und auch höher als im mütterlichen Blut: Daraus schließen sie, dass es zu einer aktiven Replikation in der Plazenta gekommen sein könnte. All dies deute darauf hin, dass die Infektion primär transplanzentar erfolge, hieß es in der Publikation.

„Wir müssen davon ausgehen, dass in diesem Fall das Neugeborene voraussichtlich auch ansteckend ist“, urteilt Ulrich Pecks, Fachexperte der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). „Offenbar scheint sich dies unter anderem in einer Infektion des Gehirns zu manifestieren“, führt Pecks weiter aus. Mit bildgebenden Verfahren hatten die Autoren der aktuellen Publikation Läsionen der weißen Hirnsubstanz nachweisen können, die sie einer vaskulären Inflammation zuschreiben.

Überdies wissen ÄrztInnen noch wenig darüber, wie sich Infektionen in der Frühschwangerschaft auswirken und welche langfristigen Folgen Mutter und Kind zu erwarten haben. Das Forschungs-Netzwerk der DGPM hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, klinisch relevante Fragestellungen in der Schnittstelle von Geburtshilfe und Neonatologie durch prospektive Registerstudien zu bearbeiten.

Aktuell wurden bereits in der CRONOS-Register-Studie deutschlandweit Schwangere mit Sars-CoV-2-Infektion sowie deren neugeborene Kinder erfasst. Die ersten Daten, die demnächst nach einem Peer-Review publiziert werden sollen, dienen als Basis für die Beratung von GeburtshelferInnen, infizierten Schwangeren und denjenigen, die die Neugeborenen betreuen. Zugleich möchte man mit regelmäßigen Updates auf die Dynamik der Pandemie eingehen können.

Als weitere Studie zur Klärung des Einflusses der Covid-19-Pandemie auf Schwangerschaft und Geburt ist die SCENARIO-Studie der Universitätsklinik in Erlangen zu nennen. Sie möchte die Prävalenz von Sars-CoV-2 in der Schwangerschaft und bei Geburt in Franken mittels RT-PCR und IgG-Antikörpern erheben. Es geht sowohl um aktuelle als auch um überstandene Infektionen. Bei Frauen, die eine Sars-CoV-2-Infektion bereits durchgemacht haben, wird überprüft, ob eine Übertragung auf das Kind während der Schwangerschaft oder in der Phase um die Geburt herum erfolgt ist. Weiterhin wird die maternale, fetale und perinatale Komplikationsrate in der Studie adressiert

Quelle: De Luca D et al.: Transplacental transmission of SARS-CoV-2 infection. Nature communications 2020. doi: https://doi.org/10.1038/s41467-020-17436-6  aerzteblatt.de, 16.7.2020DHZ

Rubrik: Covid-19

Erscheinungsdatum: 22.07.2020