Amerikanische Screeningstudie

Zahl der Zytome­galievirusinfektionen bei Neugeborenen in der Pandemie gesunken

  • Schwangere infizieren sich bei Kleinkindern mit CMV. Der Kontakt zu anderen Kindern erfolgt in der Regel dort, wo junge Mütter oder ihre Erstgeborenen mit anderen Kindern in Kontakt kommen. Diese Gelegenheiten gab es im Lockdown weniger.

  • Die meisten Menschen infizieren sich im Verlauf ihres Lebens mit dem Zytomegalievirus, das zu den Herpes­viren gehört. In aller Regel verläuft die Infektion asymptomatisch. Gefährlich ist das Zytomegalievirus jedoch für Menschen mit einer Abwehrschwäche sowie für Feten. Zu den langfristigen Folgen einer intrauterinen Infektion gehören Hörverlust, geistige Behinderungen, Zerebralparesen, Krampfanfälle und Lernverzögerungen. Betroffen sind bis zu 20 % aller Infizierten.

    Bei einer geschätzten Prävalenz von 4,5 auf 1.000 Geburten gehört die kongenitale Zytomegalievirusinfektion zu den häufigsten und unterschätzten Ursachen für angeborene Behinderungen. Im US-Staat Minnesota wurde – angestoßen durch den Fall eines jungen Mädchens, bei dem die Infektion eher zufällig entdeckt wurde – ein Neugeborenenscreening eingeführt.

    Unter Expert:innen ist es umstritten, da die Gefahr in der Regel von der Infektion der Mutter ausgeht und der Schaden bei der Geburt bereits eingetreten ist. Die Machbarkeit des Screenings war in fünf Neugeborenenstatio­nen und drei Intensivstationen getestet worden. In den Einrichtungen wurde das Screening auch während der Pandemie fortgesetzt. Dabei fiel dem Team um Mark Schleiss von der University of Minnesota Medical School in Minneapolis auf, dass es während der Pandemie zu einem deutlichen Rückgang der Infektionen gekommen war. War in den fünf Jahren vor der Pandemie etwa 1 von 200 Neugeborenen infiziert, sank die Prävalenz zwischen August 2020 und Dezember 2021 auf 1:1.000.

    Die Ursache kann die Studie nicht klären. Sie liegt aber auf der Hand. Die Schwangeren infizieren sich in der Regel bei Kleinkindern, die die Viren nach einer intrauterinen oder postnatalen Infektion in größeren Mengen ausscheiden. Der Kontakt zu anderen Kindern erfolgt in der Regel in Kinderkrippen oder auf Spielplätzen, wo junge Mütter oder ihre Erstgeborenen mit anderen Kindern in Kontakt kommen. Diese Gelegenheiten gab es im Lockdown weniger.

    Schleiss ist sich sicher, dass auch andere hygienische Maßnahmen, die während der Pandemie ergriffen wurden – etwa Masken, Händewaschen und Verhaltensweisen zur Infektionsprävention – an der Verringerung der Übertragungen beteiligt waren. Wenn die Annahme zutrifft, dann muss für die nächsten Jahre wieder mit einem Anstieg der Infektionen und damit auch der fetalen Zytomegaliesyndrome gerechnet werden.

    Quelle: Schleiss, M. et al. (2022). Assessment of Congenital Cytomegalovirus Prevalence Among Newborns in Minnesota During the COVID-19 Pandemic. JAMA. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2022.30020 ∙ aerzteblatt.de, 21.9.2022 ∙ DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 22.09.2022