Wenn vor dem sechsten Lebensmonat auch nur kleinste Kostproben von Beikost angeboten werden, verkürzt dies die Stilldauer.

Stillen wird negativ durch widersprüchliche und nicht evidenzbasierte Empfehlungen beeinflusst. In Schweden wurden in den 1990er Jahren mehr als 40 % aller Neugeborenen mindestens sechs Monate voll gestillt. Diese Rate sank auf 11 % im Jahr 2019. Unter diesem Gesichtspunkt wurde kürzlich hinterfragt, welche Faktoren zu dieser Entwicklung beigetragen haben und welche negativen Einflussfaktoren auf die Stilldauer beeinflusst werden könnten.

Schwedischer Sonderweg

In Schweden wird durch das Child Health Service kein ausschließliches Stillen für sechs Monate empfohlen. Seit dem Jahr 2011 informiert die National Feed Agency Schweden Eltern jedoch darüber, dass Neugeborenen ab einem Alter von vier Monaten Kostproben fester Nahrung angeboten werden kann.

Daher wurden verschiedene Produkte für diese Anwendung entwickelt und sind für Eltern leicht verfügbar. Bei der Information wird auf die Einführung kleiner Kostproben fester Nahrung der Größenordnung 1 ml fester Nahrung pro Mahlzeit verwiesen, bei der es sich nicht um Mutter-/Formulamilch handelt.

Zugrunde liegt der Gedanke, welchen die Autorinnen als nicht-evidenzbasierte Empfehlung einstufen, dass kleine Kostproben fester Nahrung keinen Einfluss auf das Stillen oder die Stilldauer haben, jedoch die folgende Einführung der Beikost gefördert wird. Diese Information wird auch an Frauen weitergegeben, die klar zum Ausdruck bringen, sechs Monate voll stillen zu wollen. Diese nationalen schwedischen Informationen zum Anbieten von Kostproben fester Nahrung weichen von den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation ab.

Einfluss auf die mütterliche Stilldauer

Im Rahmen einer Sekundärdatenanalyse wurde nun untersucht, welchen Einfluss die Einführung kleiner Kostproben fester Nahrung auf die mütterliche Stilldauer hat. Evaluiert wurden Daten der longitudinalen »Swedish Pregnancy Planning Study« (n=1.251 Frauen), welche zu drei Zeitpunkten im ersten Lebensjahr des Kindes gewonnen wurden.

Die Ergebnisse zeigten, dass fast der Hälfte aller Neugeborenen (48 %) ab dem vierten Lebensmonat Kostproben fester Nahrung angeboten wurde. Zudem zeigten die Ergebnisse einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einführung fester Nahrung und der Stilldauer auf: Je früher Neugeborene kleine Kostproben fester Nahrung zu sich nahmen, desto früher begannen sie auch größere Mengen fester Nahrung zu sich zu nehmen.

Fünf Faktoren wurden identifiziert, die sich negativ auf die Dauer des Stillens auswirkten:

• Frühes Alter des Neugeborenen bei der Einführung kleiner Kostproben fester Nahrung,
• Niedriges mütterliches Alter,
• Geringes Bildungsniveau der Mutter,
• Hoher mütterlicher BMI
• Zwillingsgeburten.

Resümee

Die Autorinnen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die frühe Einführung kleiner Kostproben an fester Nahrung die Stilldauer verkürzt. Sie geben zu bedenken, dass viele Faktoren mit Einfluss auf die Stilldauer schwer zu beeinflussen sind wie beispielsweise das Bildungsniveau der Mutter, der BMI, das Alter oder eine vorliegende Zwillingsschwangerschaft. Bei der Einführung kleiner Kostproben fester Nahrung handelt es sich jedoch um einen Faktor, der geändert werden könnte.

Daher empfehlen die Autorinnen, die nationalen Empfehlungen und Leitlinien in Schweden in Anlehnung an die Empfehlungen der WHO zu ändern, welche ein ausschließliche Stillen für sechs Monate und ein fortgesetztes Stillen bis zum Zeitraum von zwei Jahren oder darüber hinaus vorsehen.  

Quelle: Stern, J., Funkquist, E. L., & Grandahl, M. (2023). The association between early introduction of tiny tastings of solid foods and duration of breastfeeding. International breastfeeding journal, 18(1), 4. https://doi.org/10.1186/s13006-023-00544-6 ∙ Beate Ramsayer/DHZ