Mother Hood e.V.

168.000 Unterschriften an den GKV-Spitzenverband übergeben

Am 13. Juli 2015 haben die Petentinnen Christina Baris, Julia Fertig und der Petent Hanno Köhncke vom Verein „Mother Hood e.V.“ dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) über 168.000 Namen übergeben, die die Petition  www.change.org/elternprotest gezeichnet haben und das Anliegen des Vereins unterstützen. Im Namen des GKV-SV nahm in dessen Räumen Johann-Magnus Freiherr von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des GKV-SV, die 5.100 A4-Blätter entgegen (Stand der Unterschriften um 16:15 Uhr: 170.357).

Die Petition wurde gestartet, als bekannt wurde, dass die gesetzlichen Krankenkassen erstmals aus der umfassenden Versorgung der Frauen mit Hebammenhilfe aussteigen wollen. Mit der Petition fordert Mother Hood e.V. den GKV-SV auf, dass auch zukünftig die Kosten für die Hebammenhilfe unabhängig vom Geburtsort und Geburtstermin von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Denn nach dem Willen des GKV-SV dürfen sich Frauen künftig nur noch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen für eine außerklinische Geburt als Kassenleistung entscheiden. Dazu zählt unter anderem, dass sich Frauen nach dem so genannten errechneten Termin für die Geburt (ET) einer Zwangsuntersuchung bei einem Gynäkologen beziehungsweise einer Gynäkologin unterziehen müssen. Ansonsten übernehmen die Krankenkassen die Kosten nicht. Doch die Berechnung des ET ist umstritten, die Übertragung um bis zu 14 Tage gilt keinesfalls als Risiko. Die wissenschaftlichen Beweise für die Sinnhaftigkeit seiner Pläne bleibt der GKV-SV nach wie vor schuldig. Zudem schränken diese Pläne die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung von Müttern beziehungsweise  Eltern in rechtlich unzulässiger Weise drastisch ein.

Schon heute können viele werdende Eltern nicht mehr frei entscheiden, wo ihr Kind geboren werden soll. Nur noch wenige Hebammen bieten überhaupt außerklinische und/oder Beleggeburtshilfe an. Denn die meisten können die enorm angestiegenen Berufshaftpflichtprämien nicht mehr bezahlen. Dabei wurden 2011 noch 150.000 Geburten durch freiberufliche Hebammen begleitet. In Bayern kommen etwa 50 Prozent der Kinder mit Hilfe der Freiberuflerinnen zur Welt.

Im Zuge einer erneuten Steigerung der Haftpflichtprämien um bis zu 23 Prozent ab 1. Juli sind abermals viele Hebammen aus der Geburtshilfe ausgestiegen. Waren es bis zum 30. Juni noch 3.500 freiberufliche Hebammen, bieten nun nur noch 2.348 Geburtshilfe an. Ein Teil davon gibt ihren Beruf ganz auf und steht damit auch für die Schwangerenvorsorge und die Wochenbettbetreuung nicht mehr zur Verfügung. Die Versorgungslage für Frauen und Kinder nach der Geburt erfährt damit einen neuen Tiefpunkt.

Auch zahlreiche Kliniken leiden unter der Situation, denn Geburtshilfe ist auch für sie kaum mehr zu versichern. Dies und der Mangel an Hebammen führen vielerorts zu Kreißsaalschließungen oder schlechten Betreuungssituationen. Oft ist eine Hebamme für mehrere Frauen gleichzeitig zuständig. Qualität und Sicherheit für Mutter und Kind sind in Gefahr.

Die gesamte berufliche Zukunft insbesondere der freiberuflichen Hebammen ist sehr ungewiss. Nimmt man Ann Marini, stellvertretende Pressesprecherin des GKV-SV beim Wort, dann werden freiberufliche Hebammen nicht gebraucht. So ihre sehr deutliche Aussage in der Radiosendung „Redezeit“ (NDR Info) am 8. Juli 2015.

Dabei sind es ausschließlich diese freiberuflichen Hebammen, die nach der Geburt eine qualifizierte Wochenbettbetreuung bei den Familien zu Hause leisten. Ein Wegfall dieser Leistung ist im jetzigen System durch KinderärztInnen, GynäkologInnen und HausärztInnen nicht aufzufangen. Eine Rückkehr zu DDR-Verhältnissen mit zentralisierter Mütterberatung steht zu befürchten.
 
Die Folgen der Verschlechterungen in der Geburtshilfe werden nicht nur Kinder und Eltern zu spüren bekommen. Erhöhte Kaiserschnittraten und niedrige Stillquoten sowie eine schlechte Betreuung führen nachweislich zum Anstieg bestimmter Krankheitsbilder, wie Diabetes, Asthma, Allergien, postpartaler Depression  und damit auch zu volkswirtschaftlichen Schäden.
(MOTHER HOOD e.V., 13.7.2015)
 

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 13.07.2015