Berliner Landgericht

ÄrztInnen des Totschlags beschuldigt

Bei einer Zwillingsgeburt sollen zwei FrauenärztInnen nach der Geburt eines gesunden Kindes das an einer schweren Hirnschädigung erkrankte zweite Kind mit Kaliumchlorid getötet haben.

Die MedizinerInnen haben den Vorwurf des Totschlags am Berliner Landgericht zurückgewiesen. „Wir hatten keine Zweifel, dass es richtig ist, was wir tun“, erklärte ein 73 Jahre alter Angeklagter zu Prozessbeginn am 22. Oktober. Im Vordergrund habe „nicht das Juristische, sondern das gesunde Kind gestanden“.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der damalige Chefarzt und eine 58 Jahre alte Ärztin die tödliche Injektion während der Geburt und damit zu einem Zeitpunkt vorgenommen hätten, zu dem dies rechtlich nicht mehr zulässig gewesen sei – es habe sich bereits um einen Menschen und nicht mehr um einen Fetus gehandelt.

Mit Beginn der Eröffnungswehen beziehungsweise im Fall eines Kaiserschnitts mit Eröffnung des Uterus handele es sich dem Gesetz zufolge um einen Menschen, so die Klägerin.

Die ÄrztInnen hätten bewusst nicht den in diesem Fall einer eineiigen Zwillingsschwangerschaft ärztlich angezeigten Weg einer selektiven Tötung des kranken Zwillings bereits im Mutterleib – also vor Beginn der Geburt – gewählt, so die Anklage. Sie hätten als erfahrene GynäkologInnen gewusst, dass sie keine Abtreibung mehr vornahmen.

Zu dem Vorfall sei es 2010 in einem Klinikum gekommen, als die Angeklagten an einer Frau, die sich mindestens in der 32. Schwangerschaftswoche befunden habe, einen Kaiserschnitt durchgeführt hätten. Die 58-jährige Ärztin sagte, sie hätten einen sicheren Weg für den zweiten Fetus finden und die Mutter nicht gefährden wollen. Der Prozess wird am 29. Oktober fortgesetzt.

Quelle: dpa, 22.10.2019 DHZ

Rubrik: Recht

Erscheinungsdatum: 22.10.2019