Köln

Anklage nach Todesfällen wegen verunreinigter Glucose

Ein Jahr nach dem Tod einer jungen Frau und ihres per Notkaiserschnitts zur Welt gebrachten Babys durch verunreinigte Glucose ist Anklage gegen eine Apothekerin aus Köln erhoben worden.

Die Staatsanwaltschaft wirft der 50-Jährigen versuchten Mord durch Unterlassen vor, wie das Landgericht Köln am 8. September mitteilte. Sie soll pflichtwidrig eine Mitteilung an das behandelnde Krankenhaus unterlassen haben, dass eine Lidocain-Vergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand in Betracht komme.

Außerdem habe die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen die 50-Jährige erhoben. Dabei gehe es um die Verunreinigung der Glucose. Ob diese Anklageschrift zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird, entscheidet das Gericht. Die Prüfung dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen.

Die junge Frau und ihr Baby waren Mitte September 2019 gestorben, nachdem die 28-Jährige eine Glucose-Mischung aus einer Kölner Apotheke zu sich genommen hatte. Das Präparat war Teil eines Routinetests auf Diabetes in der Schwangerschaft. Das giftige Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid, das man in der Glucose nachgewiesen hatte, wurde nach früheren Angaben der Ermittler in einem sehr ähnlichen Gefäß gelagert wie die Glucose. Deshalb gehen sie nach früheren Angaben von einem Versehen aus.

Die Mutter starb nach Angaben des Gerichts zu der Anklage an einer Lidocain-Vergiftung. Ihr Kind sei an seiner Frühgeburtlichkeit oder an einer Lidocain-Vergiftung gestorben. Eine andere Schwangere, die nur einen Schluck der Lösung getrunken habe, habe sich im Krankenhaus rasch von der Lidocain-Vergiftung erholt.

Der Apothekerin wirft die Staatsanwaltschaft allerdings Mord durch Unterlassen vor bezogen auf den Tod der jungen Frau und des Kindes.

„Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeschuldigte durch Hinweise von Mitarbeitern der gynäkologischen Praxis und einer Ärztin aus dem behandelnden Krankenhaus auf die Vorfälle vom 17. und 19. September 2020, nach Kontrolle der eigenen Bestände und nach einer Besprechung mit ihren Mitarbeitern spätestens um die Mittagszeit wissen musste, dass bei den später Verstorbenen eine Lidocain-Vergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand in Betracht kommt», erklärte das Gericht.

Gleichwohl soll die Apothekerin nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht das behandelnde Krankenhaus informiert haben. Die Angeschuldigte soll deswegen billigend in Kauf genommen haben, dass die junge Frau und ihr Kind «auch aufgrund ihrer unterlassenen Mitteilung (früher) versterben könnten».

Quelle: dpa, 8.9.2020 DHZ

Rubrik: Recht

Erscheinungsdatum: 09.09.2020