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Arbeitsbedingungen in deutschen Kreißsälen gefährden Qualität bei Betreuung von Geburten

In Deutschlands Kreißsälen betreuen 95 Prozent der Hebammen bereits häufig zwei und oft sogar noch mehr Frauen gleichzeitig während der Geburt. Fast zwei Drittel der Hebammen müssen aufgrund von Personalengpässen regelmäßig Vertretungen übernehmen. Sie können Pausen nicht einhalten und leisten immer mehr Überstunden. Freie Stellen werden nicht mehr besetzt und monatlich schließen Kreißsäle ganz oder teilweise ihre Türen. Der Deutsche Hebammenverband (DHV) hat eine repräsentative Umfrage von rund 1.700 Hebammen in Kliniken beauftragt, die eine deutliche Verschlechterung von Arbeitsbedingungen in den vergangenen drei Jahren aufzeigt.

„Qualität und Sicherheit in der Geburtshilfe ist nur mit ausreichend Personal möglich. Unsere Umfrage zeigt jedoch: Hebammen arbeiten in den Kreißsälen aktuell unter immer schlechteren Arbeitsbedingungen, vor allem weil Personal fehlt“, stellt Martina Klenk, Präsidentin des DHV fest. „Eine gute Betreuung von Schwangeren ist nur noch durch den hohen persönlichen Einsatz jeder einzelnen Hebamme möglich. Das wird zukünftig nicht mehr tragen. Hebammen arbeiten zunehmend in Teilzeit und überlegen, ihren Arbeitsplatz zu wechseln“, ergänzt Susanne Steppat, Präsidiumsmitglied im DHV und selbst jahrelang als Hebamme in Kliniken tätig.

Der DHV fordert, dass künftig mehr Hebammen in den Kreißsälen eingesetzt werden. Finanziert werden könnte dies beispielsweise aus Mitteln des Krankenhausstrukturgesetzes. Hebammen müssen dort außerdem die Tätigkeit ausführen können, für die sie ausgebildet wurden – Geburten sicher begleiten – und nicht zunehmend Nebentätigkeiten. Für ihre verantwortungsvolle Arbeit sollten sie zudem angemessen verdienen.

Im November 2015 hat das unabhängige Picker-Institut im Auftrag des DHV insgesamt 1.692 angestellte Hebammen zu Ihrer Arbeitssituation in Kliniken in Deutschland befragt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die Rahmenbedingungen in den Kliniken verschlechtern. Besonders dramatisch ist, dass kaum noch eine Hebamme Zeit hat, eine Frau während der gesamten Geburt ungestört zu betreuen. Die Hälfte der Befragten betreut häufig drei Frauen, weitere 20 Prozent sogar vier und mehr Frauen parallel. Etwa 90 Prozent der Hebammen leisten Überstunden und können keine Pausen nehmen. Zwei Drittel der Hebammen gab an, dass sie häufig Aufgaben außerhalb ihrer eigentlichen Tätigkeit erledigen müssen wie Putzen oder Administration. Die Teilzeitquote bei Hebammen liegt bereits bei über 70 Prozent.

(DHV, 1.2.2016)

 

 

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 02.02.2016