Populationsbasierte Langzeitstudie

Belastet eine PTBS die pränatale Bindung in der Folgeschwangerschaft?

  • Eine Posttraumatische Belastungsstörung belastet in der Folgeschwangerschaft nicht die Bindung zum Ungeborenen - das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

  • Rund vier Prozent der Mütter entwickeln nach der Geburt Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Sie leiden unter sehr negativen Stimmungen oder durchleben die traumatische Situation immer wieder. Eine neue Schwangerschaft scheint aber von diesen negativen Erfahrungen nicht belastet zu sein. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (DGPM) hin.

    „Die vorgeburtliche Bindung an das Kind gilt als wichtiger Faktor dafür, wie Schwangerschaft und Geburt verlaufen“, so Susan Garthus-Niegel, Leiterin der Forschungsgruppe Epidemiologie und Frauengesundheit an der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik der TU Dresden. Eine starke Bindung an das Ungeborene sei jedoch nicht selbstverständlich. Aus Studien sei vielmehr bekannt, dass psychische Risikofaktoren bei der Mutter wie Depressionen oder Ängste die pränatale Bindung stören können. „Es war daher anzunehmen, dass sich auch eine traumatische Geburtserfahrung auf die pränatale Bindung in einer weiteren Schwangerschaft auswirkt“, erläuterte Garthus-Niegel.

    Sie befragte daher 1.473 werdende Mütter, die der Norwegian Akershus Birth Cohort (ABC) entstammten, in der 17. Schwangerschaftswoche zu früheren Geburtserfahrungen und möglichen posttraumatischen Symptomen. Gegen Ende der Schwangerschaft – in der 34. Woche – wurden die Frauen erneut befragt. Diesmal stand die Bindung zum heranwachsenden Kind im Fokus.

    Wie die Auswertung ergab, hatten Frauen mit Anzeichen für eine frühere PTBS sogar eine stärkere Bindung an ihr Kind als Frauen mit niedrigen Belastungswerten. „Dieses Ergebnis hat uns überrascht“, so Garthus-Niegel. Es gebe jedoch einige mögliche Erklärungen.

    So sei es denkbar, dass Frauen, die bei einer vorangegangenen Geburt Angst um das Leben ihres Kindes gehabt hätten, sich nun besonders protektiv verhielten. Auch könne die ausgesprochen positive Einstellung zur neuen Schwangerschaft die Möglichkeit bieten, die belastenden Vorkommnisse zu heilen.

    Die DGPM nimmt die Untersuchung zum Anlass, jungen Müttern auch nach einer als schwierig erlebten Geburt Mut zu machen, sich für ein weiteres Kind zu entscheiden.

    Quelle: Garthus-Niegel S et al.: Posttraumatic stress symptoms following childbirth: associations with prenatal attachment in subsequent pregnancies. Archives of Women's Mental Health 2019. https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00737-019-01011-0 aerzteblatt.de, 19.2.2020 dpa, 17.2.2020 DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 20.02.2020